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Verrückt nach Emma

Verrückt nach Emma

Titel: Verrückt nach Emma
Autoren: Maja von Vogel
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Keller.
    Da war es auch keine große Hilfe, dass Mona schon seit einer Dreiviertelstunde dasselbe Lied auf der Blockflöte übte. Mona wohnt in der anderen Hälfte meines Dachzimmers.
Unseres
Dachzimmers, besser gesagt. Heute spielte sie ausnahmsweise einmal nicht »Im Märzen der Bauer« wie sonst immer, sondern irgendetwas anderes. Klang ein bisschen wie eine Mischung aus »O Tannenbaum« und »Hoch auf dem gelben Wagen«, nur viel schiefer. Von dem Gequietsche bekam ich Kopfschmerzen. Und es war völlig unmöglich, dabei einen ordentlichen Liebes- und Entschuldigungsbrief an den süßesten Jungen von Dederstadt zu schreiben. (Auch wenn er leider ein riesengroßer Sturkopf ist. Da beißt die Maus keinen Faden ab, wie Oma immer sagt.) Für diese schwierige Aufgabe brauchte ich volle Konzentration.
    » MONA !«, brüllte ich so laut ich konnte.
    Mona setzte die Flöte ab und lächelte mir freundlich zu. »Was gibt’s denn, Emma?« Mona ist fast immer die Liebenswürdigkeit in Person – ganz im Gegensatz zu mir.
    »Wie lange willst du eigentlich noch üben?«, fragte ich. »Die halbe Stunde ist doch längst vorbei.«
    Mona spielt im Flötenchor unserer Schule mit. Normalerweise übt sie jeden Tag genau dreißig Minuten lang. Sogar in den Ferien. Das muss man sich mal vorstellen!
    Mona seufzte. »Ich weiß. Aber bald ist doch das große Herbst-Vorspiel. Und bis dahin muss ich noch viel, viel besser werden. Schließlich will ich mich nicht vor allen Leuten blamieren.«
    Ich sagte ihr lieber nicht, dass sie sich mit diesem furchtbaren Gequietsche auf jeden Fall blamieren würde – ob sie nun übte oder nicht. Blockflöte ist einfach ein total peinliches Instrument, das weiß doch jeder. Aber irgendwie passt es zu Mona. Sie ist nämlich selbst manchmal ein bisschen peinlich.
    »Du kommst doch auch zum Vorspiel, oder?«, fragte Mona. »Ich bin bestimmt nur halb so nervös, wenn ich weiß, dass zumindest ein paar Leute klatschen. Auch wenn ich mich ständig verspiele …«
    »Klar komme ich«, sagte ich. »Was denkst du denn? Das lasse ich mir bestimmt nicht entgehen. Und ich werde klatschen, bis mir die Hände wehtun.«
    Abgesehen von ihrem ständigen Flötengedudel, ihrem Ordnungsfimmel und ihren hässlichen Klamotten ist Mona eigentlich ganz nett. Seit ich mich mit Lea verkracht habe, sind wir sogar fast so etwas wie Freundinnen geworden. Sie und ihre Mutter Gesa wohnen bei uns, weil meine Eltern kurz vor den Sommerferien eine Beziehungskrise hatten und Papa ausgezogen ist. Gesa ist Mamas beste Freundin und hat leider einen totalen Bio-Tick. Sie isst nur gesunde Sachen wie Salat, Gemüse, Obst und Tofu. Manchmal futtert sie sogar Körner, könnt ihr euch das vorstellen? Fleisch kommt überhaupt nicht auf den Tisch, Gesa ist nämlich Vegetarierin. Keine Ahnung, was an Fleisch ungesund sein soll. Ich find’s lecker. Gummibärchen oder Chips sind natürlich auch tabu. Na ja, jedem das Seine. (Das ist auch einer von Omas Sprüchen.)
    »Okay, ich kann ja mal eine Pause machen.« Mona legte die Flöte auf dem Notenständer ab und setzte sich auf ihr Bett. »Was meinst du, soll ich meinen blauen Hosenrock zum Vorspiel anziehen? Oder lieber das braune Kleid? Du weißt schon, das mit dem kleinen, runden Kragen und der Blümchenbordüre.«
    »Das Kleid auf keinen Fall«, sagte ich. »Damit siehst du aus wie ein Kartoffelsack auf zwei Beinen.«
    Der Hosenrock war allerdings auch nicht viel besser. Eigentlich fand ich alle Klamotten in Monas Kommode hässlich, aber das konnte ich ihr schlecht sagen. Mona trägt nur Klamotten aus Naturstoffen. Jute oder Leinen oder so was Ähnliches. Gesa kauft die Sachen meistens auf irgendwelchen Flohmärkten. In der Schule machen sich deswegen schon alle über Mona lustig, aber das ist Gesa egal.
    »Kümmere dich einfach nicht darum, was die anderen über dich denken«, sagt sie immer. »Sei einfach du selbst.«
    Ich habe keine Ahnung, warum Mona hässliche Kartoffelsackkleider tragen muss, um sie selbst zu sein. Außerdem – wer soll sie denn bitte schön sonst sein? Aber Gesa sagt oft komische Sachen, die ich nicht verstehe. »Emanzensprüche« nennt Papa das. Er mag Gesa nicht besonders. Seit sie bei uns eingezogen ist, mag er sie noch weniger. Vielleicht, weil sie jetzt in der alten Scheune wohnt, in der vorher Papas Atelier war. Ich weiß nicht so genau, was Emanzensprüche sind. Aber ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass Gesa immer auf die Männer schimpft. Als ich Papa gefragt
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