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Verrückt nach Emma

Verrückt nach Emma

Titel: Verrückt nach Emma
Autoren: Maja von Vogel
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vor lauter Liebeskummer nicht mehr richtig gucken kann. Sie ist ganz schön fertig.«
    Tim zog eine Grimasse. »Ich weiß. Sie ist mir heute in der Schule die ganze Zeit hinterhergerannt. Aber was soll ich denn machen? Ich will nun mal nichts mehr von ihr.«
    »Typisch Jungs!«, fuhr ich meinen Zwillingsbruder an. »Ihr macht es euch wirklich einfach. Dass wir Mädchen auch Gefühle haben, kommt euch wohl nicht in den Sinn, was?«
    Tim sah mich verdattert an. »Was soll das denn jetzt heißen? Wer hat mir denn die ganze Zeit in den Ohren gelegen, dass ich mit Lea Schluss machen soll? Das warst doch du, oder?«
    »Du hättest erst gar nichts mit ihr anfangen dürfen.« Ich funkelte Tim wütend an. »Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass das nur Ärger gibt. Und jetzt hast du der armen Lea das Herz gebrochen! Findest du das etwa fair?«
    »Arme Lea? Das sind ja ganz neue Töne! Ich dachte, Lea ist für dich gestorben.«
    »Na und? Darum kann sie mir doch trotzdem leidtun.«
    »Mädchen!«, schnaubte Tim verächtlich, schnappte sich sein Saftglas und verließ die Küche.
    »Manchmal kapieren Jungs wirklich gar nichts«, schimpfte ich.
    »Wem sagst du das?«, seufzte Oma. Sie hatte sich seelenruhig mit ihrem Kreuzworträtsel weiterbeschäftigt, während Tim und ich uns angefaucht hatten. Meine Oma bringt so schnell nichts aus der Ruhe.
    Erst jetzt bemerkte ich den riesigen Blumenstrauß, der mitten auf dem Küchentisch prangte. Rote und weiße Rosen.
    »Wo kommen die denn her?«, fragte ich. »Hast du einen neuen Verehrer?«
    Oma schüttelte den Kopf. »Immer noch den alten. Die Rosen sind von Gerhard.«
    Gerhard Pauli ist unser Dorfpfarrer. Bis vor Kurzem war er so etwas wie Omas Verlobter. Eigentlich wollten die beiden heiraten, aber dann hatten sie sich gestritten, und die Hochzeit war erst einmal ins Wasser gefallen. Um ehrlich zu sein: Ich war nicht ganz unschuldig an dem Streit. Aber vielleicht hatte die Sache auch ihr Gutes. Ich hatte mir Oma sowieso nie richtig als Pfarrersfrau vorstellen können. Dazu muss man doch zumindest an Gott glauben, oder? Und mit Gott hat unsere Familie nicht allzu viel am Hut. Außerdem fand ich es viel besser, wenn Oma bei uns wohnen blieb, statt ins Pfarrhaus zu ziehen. Leider sah Herr Pauli das anders. Er hatte sich offenbar fest vorgenommen, Oma zurückzuerobern. Ständig rief er bei uns an oder stand vor der Tür und brachte Blumen und kleine Geschenke vorbei. Ich wünschte, Bastian würde sich nur halb so sehr ins Zeug legen …
    »Der Typ ist ganz schön hartnäckig«, sagte ich.
    »Allerdings. Alte Liebe rostet nicht.« Oma seufzte. »Gerhard kann unsere Trennung einfach nicht akzeptieren. Andererseits ist es natürlich auch nett von ihm, sich so um mich zu bemühen. Ich weiß gar nicht mehr, wann mir ein Mann das letzte Mal so charmant den Hof gemacht hat. Wahrscheinlich war das noch zu Zeiten deines Opas …«
    »Lass dich bloß nicht um den Finger wickeln«, unterbrach ich Omas rührselige Erinnerungen.
    Oma lächelte. »Keine Sorge, Emma-Kind. Ich weiß schon, was ich tue.« Dann zeigte sie auf meine Klamotten und wechselte das Thema. »Zieh das lieber aus, bevor du den Dreck im ganzen Haus verteilst. Ich steck die Sachen gleich in die Waschmaschine.«
    Ich schlüpfte aus den schlammverkrusteten Schuhen und der schmutzigen Hose. Dann machte ich mich in Unterhose und Socken auf den Weg in mein Zimmer, um mir saubere Klamotten zu holen. Als ich über den Flur lief, hörte ich Mamas Stimme aus dem Wohnzimmer. Mir fiel ein, dass heute ja wieder Mamas Aktmalkurs stattfand, und ich verzog unwillkürlich das Gesicht. Akt ist ein anderes Wort für nackt. Keine Ahnung, warum das »N« fehlt. Vielleicht ist das so eine Art Geheimcode. In einem Aktmalkurs zeichnet man nämlich nackte Menschen. Echt wahr! Die nackten Menschen heißen Aktmodelle. Ich stellte mir vor, dass in unserem Wohnzimmer gerade ein splitterfasernacktes Aktmodell hockte, das von den Kursteilnehmern angeglotzt und abgemalt wurde. Ist das nicht total peinlich? Also, ich würde so was nie machen. Mama meint zwar, Nacktheit in der Kunst sei etwas ganz Normales, aber ich hab da so meine Zweifel …
    Mama und Gesa haben vor einiger Zeit ein Gesundheitszentrum eröffnet, und seitdem laufen manchmal die merkwürdigsten Leute bei uns herum. Lauter Öko-Freaks und Aktmodelle. Gesa bietet Kurse für Yoga und gesunde Ernährung an, und Mama gibt Mal- und Zeichenkurse. Komischerweise läuft das Zentrum richtig gut. Keine
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