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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris
Autoren: Tess Gerritsen
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die Witwe des ehemaligen Botschafters, heute in einem Kleid aus grüner Seide, verziert mit Glasperlen. Obwohl ihr Mann schon lange tot war, tauchte sie noch immer in schöner Regelmäßigkeit auf allen diesen Veranstaltungen auf. Neben ihr stand ihr zwanzigjähriger Sohn Anthony, der angeblich Künstler war. In seinem lila Hemd war er jedenfalls eine ebenso auffällige Erscheinung wie seine Mutter. Ein prächtiges Gespann, die beiden! Wie ein Pfauenpärchen! Offensichtlich hatte Nina, eine ehemalige Schauspielerin, ihrem Sohn Anthony den Sinn für Extravaganz vererbt.
    Um den Sutherlands nicht zu begegnen, wandte sich Richard dem Büfett zu, das von einer Eisskulptur in Form des Eiffelturms geschmückt wurde. Das Motto dieser Party war unübersehbar. Heute Abend war einfach
alles
französisch: die Musik, der Champagner, sogar eine Trikolore hing von der Decke.
    »Da möchte man doch fast die ›Marseillaise‹ schmettern«, sagte eine Stimme.
    Richard drehte sich um und sah einen großen blonden Mann neben sich stehen. Er war schlank, hatte einen aristokratischen Gesichtsausdruck und schien sich in dem gestärkten Hemd und dem Frack nicht unwohl zu fühlen. Lächelnd reichte er Richard ein Glas Champagner. Das Licht des Kronleuchters spiegelte sich in der perlenden Flüssigkeit. »Sie sind Richard Wolf«, stellte der Mann fest.
    Richard nickte und nahm das Glas. »Und Sie sind …?«
    »Jordan Tavistock. Onkel Hugh hat mir gesagt, wer Sie sind. Da dachte ich, ich gehe mal rüber und stelle mich vor.«
    Die beiden schüttelten sich die Hände. Jordans Händedruck war fest, ganz anders, als Richard es von zarten Aristokratenhänden erwartet hätte.
    »Sagen Sie«, fing Jordan an und nahm sich selbst auch ein Glas Champagner, »in welche Kategorie gehören Sie? Agent, Diplomat oder Finanzexperte?«
    Richard lachte. »Muss ich diese Frage beantworten?«
    »Nein. Aber fragen schadet ja nichts. So kommt man besser ins Gespräch.« Er nahm einen Schluck und lächelte. »Es ist eins von meinen Spielchen. Das macht die Partys interessanter. Ich schnappe ein paar Wörter auf und versuche herauszufinden, wer zum Geheimdienst gehört. Die Hälfte der Leute hier ist oder war dabei.« Jordan sah sich im Raum um. »Stellen Sie sich vor, wie viele Geheimnisse in diesen Köpfen gespeichert sind.«
    »Sie kennen sich in der Branche wohl aus?«
    »Wenn man in diesem Haushalt aufgewachsen ist, bleibt einem nichts anderes übrig.« Jordan sah Richard einen Moment an. »Mal sehen. Sie sind Amerikaner …«
    »Stimmt.«
    »Und während die Firmenbosse alle zusammen in Stretchlimousinen hier eintrafen, kamen Sie allein.«
    »Bis jetzt alles richtig.«
    »Und Sie bezeichnen die Arbeit des Geheimdienstes als
die
    Branche.
«
    »Richtig bemerkt.«
    »Also sind Sie vermutlich … vom CIA?« Richard schüttelte den Kopf und grinste. »Ich bin nur ein privater Sicherheitsberater. Sakaroff und Wolf, Inc.«
    Jordan grinste zurück. »Schlaue Tarnung.«
    »Das ist keine Tarnung. Ich bin echt. Alle diese Firmenbosse hier wollen absolute Sicherheit beim Gipfel. Eine IRA-Bombe könnte ihnen den Tag so richtig vermiesen.«
    »Und Sie heuert man an, damit die Bösewichte keine Chance haben«, ergänzte Jordan.
    »Genau«, sagte Richard. Und er dachte: Alles klar, das ist Madelines und Bernards Sohn. Er sieht Bernard ähnlich, er hat dieselben wachen braunen Augen, dieselben feinen Züge. Und er hat eine schnelle Auffassungsgabe und ist ein guter Beobachter – eine unentbehrliche Begabung.
    In diesem Moment wandte Jordan seine Aufmerksamkeit einem Neuankömmling zu. Richard drehte sich um, um zu sehen, wer gekommen war. Als er die Frau sah, zuckte er überrascht zusammen.
    Es war die schwarzhaarige Hexe, die jetzt keine Reiterhosen und Stiefel mehr trug, sondern ein langes Abendkleid aus mitternachtsblauer Seide. Ihre Haare waren elegant hochgesteckt. Selbst aus dieser Entfernung fühlte er sich magisch angezogen von ihr – so wie jeder andere Mann im Saal.
    »Das ist sie«, murmelte Richard.
    »Sie kennen sie?« fragte Jordan.
    »Per Zufall. Ihr Pferd scheute vor mir auf der Straße. Sie war nicht besonders erfreut über den Sturz.«
    »Sie fiel vom Pferd?« fragte Jordan erstaunt. »Ich hätte nicht gedacht, dass das geht.«
    Die Frau glitt in den Saal und nahm sich ein Glas Champagner von einem Tablett. Der Raum war plötzlich von einem merklichen Wispern erfüllt.
    »Sie weiß jedenfalls, wie man in einem Kleid eine gute Figur macht«, sagte
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