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Verrat in Freistatt

Titel: Verrat in Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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waren die mit der Macht, mit dem Gesicht ...
    Bedächtig stapfte Walegrin aus der Stadt und die Hänge zu Balustrus’ Landhaus hinauf. Er brauchte seine ganze Kraft, um Fuß vor Fuß zu setzen. Er mußte unbedingt etwas essen und sich ein bißchen ausruhen, ehe er sich wieder mit Illyras Problemen befassen konnte. Es wurde ihm klar, daß er die Stadt nicht verlassen durfte, ehe sie nicht gefunden war, so oder so.
    Das Weinen einer Frau erregte seine Aufmerksamkeit. Seine nur noch halbwachen Gedanken drehten sich um Illyra, als eine Gestalt sich aus der Dunkelheit erhob und die Arme um ihn schlang. Dem Geruch nach war es nicht Illyra. Er schob Cythen zur Seite und musterte sie im grauenden Morgen.
    Die Schnittwunde im Gesicht des Mädchens war in der Nacht neu aufgebrochen. Frisch verkrustetes Blut machte ihre starre Miene zu etwas ebenso Erschreckendem wie Balustrus’ wütende Fratze. Tränen und Schweiß hatten Furchen durch den Schmutz auf ihre Haut gezogen. Walegrins erster Gedanke war, sie kopfüber ins Dickicht zu stoßen. Er überwand sich, nahm ihre Hand und führte sie zu einem niedrigen Felsbrocken. Dann legte er ihr seinen Umhang um und sagte sich, daß er dasselbe für jeden seiner Männer tun würde, ohne es jedoch selbst zu glauben.
    »Sie haben Thrusher, und Cubert ist tot!« schluchzte sie.
    Er nahm ihre Hände, damit sie sich beruhige und vernünftig berichten könne, denn so war sie kaum zu verstehen. »Was ist mit Thrusher?«
    Cythen entzog ihm die Hände und schlug sie vors Gesicht. Sie schluchzte noch einmal laut, dann wandte sie sich Walegrin ohne Tränen zu. »Wir waren in Abwind, etwas hinter Mama Bechos Schenke, und beschatteten ein Stiefsöhnepaar, von dem wir erfahren hatten, daß es nach Sonnenuntergang eine vermummte Gestalt verschleppt hatte. Thrusher ging voraus, Cubert in der Mitte und ich machte den Abschluß. Ich hörte ein Geräusch, stieß eine Warnung aus und wirbelte herum. Aber es war eine Falle. Die anderen waren in der Übermacht. Ich konnte nicht einmal mehr mein Messer ziehen - sie hielten mich von hinten fest. Es sollte eine Entführung werden, jedenfalls versuchten sie nicht, uns umzubringen. Ich ging zu Boden, ehe sie richtig zugeschlagen hatten - aber Thrusher und Cubert kämpften wie besessen weiter.
    Als wir zurück in der Stadt waren, in Palastnähe, gelang es mir zu fliehen. Ich hatte keine Gelegenheit, mich richtig umzusehen, aber ich weiß, daß sie nur noch Thrusher dabei hatten - also muß Cubert tot sein.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Ich rannte geradewegs hierher und bin noch nicht lange da.«
    »Und du bist sicher, daß es beim Statthalterpalast war - nicht bei Jubals Landhaus?«
    Gereizt fauchte sie: »Ich kenne mich auf Jubals Anwesen aus! Wenn es dort gewesen wäre, hätte ich mich versteckt und Thrusher herausgehauen! Die Stiefsöhne und Tempus sind noch nicht lange genug dort, um sich im Haus so gut auszukennen wie wir Falkenmasken. Aber überfallen wurden wir jedenfalls von den Stiefsöhnen, das steht fest!«
    »Du bist sicher?«
    »Ich kenne ihren Geruch!«
    Walegrin war zu müde für weitere, ohnehin unnütze Fragen. Er hatte Thrusher verloren, der ihm weit mehr ein Freund und Vertrauter war als nur ein Leutnant. Und er hatte keine Geisel, die ihm eine Verhandlungsbasis gäbe. Es war ihm unmöglich, dieser zerrupften, halbverhungerten Frau zu glauben, daß sie hatte entkommen können, wohingegen Thrusher es nicht geschafft hatte ...
    »Ihr glaubt mir nicht, nicht wahr?« fragte sie müde.
    »Thrusher traute mir und ließ mich hinter ihm gehen. Er muß gekämpft haben, bis sie ihn bewußtlos schlugen, während ich früher aufgab. Das macht den Unterschied. Walegrin, Ihr sagt, Frauen hätten keine Ehre, weil sie zuerst aufgeben und später auftrumpfen. Ihr Männer dagegen wollt die ganze Zeit siegen oder bei dem Versuch sterben. Wenn ich auf der Seite der anderen wäre, glaubt Ihr, ich wäre dann hierhergekommen?«
    »Warum nicht? Um mich in die Falle zu locken«, sagte Walegrin, doch ohne innere Überzeugung.
    Die Sonne ging auf, als er den Riegel des Außentors zurückschob und Cythen in den Vorhof führte. Balustrus erwartete sie. Der Metallmeister wußte bereits einiges über die nächtlichen Ereignisse.
    »Sieht so aus, als werdet Ihr doch nicht einfach heimlich aufbrechen«, sagte er anklagend.
    »Stimmt, wir wollten fort«, gestand Walegrin. »Denn je länger ich bleibe, desto enger zieht sich die Schlinge zusammen. Und es bleibt dabei. Ich
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