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Verrat in Freistatt

Titel: Verrat in Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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Schulter ihrer Bluse zurecht, der es nicht völlig gelang, eine kleine Brust zu verbergen, die so schmutzig wie der sichtbare Rest ihres Körpers war. So wie sie aussah, schätzte Walegrin, daß sie seit zwei oder drei Tagen nichts mehr zu essen gehabt hatte. Eine erst halbverheilte Schnittwunde ließ ihr Gesicht ein wenig steif erscheinen und eine andere Verletztung zog sich über ihren muskulösen nackten Arm. Jemand hatte vergebens versucht, diese Frau umzubringen. Sie fuhr sich mit gespreizten Fingern durch das verfilzte dunkle Haar, was jedoch nicht dazu beitrug, es gepflegter wirken zu lassen.
    »Name!« sagte er, als sie endlich stillstand.
    »Cythen.« Ihre Stimme klang für eine, die so hart aussah, erstaunlich angenehm.
    »Kannst du mit einem Schwert umgehen?«
    »Gut genug.«
    »Eines Knaben Schwert, nicht eines Mannes, nehme ich an.«
    Bei dieser Beleidigung blitzten Cythens Augen. »Ich lernte von meinem Vater und von meinen Brüdern, Onkeln und Vettern, mit dem Schwert zu fechten. Sie gaben mir eines der ihren, als es an der Zeit war.«
    »Und Jubal?«
    »Und Ihr?« entgegnete sie herausfordernd.
    Walegrin war von ihrer Unerschrockenheit beeindruckt - und wünschte sich, er könnte statt ihrer ihre männlichen Verwandten anwerben. »Wie hast du überlebt seit Jubals Tod - oder glaubst du nicht, daß er tot ist?«
    »Es gibt nicht mehr genügend von uns, daß es einen Unterschied machte. Wir hatten immer mehr Feinde als Freunde. Die Tage der Falkenmasken sind vorbei. Jubal war unser Führer, und niemand könnte seinen Platz einnehmen, nicht einmal für ein paar Wochen. Ich ging in die Straße der Roten Laternen - aber das ist nicht nach meinem Geschmack. Ich war nicht immer so, wie ihr mich jetzt seht.
    Ich habe beobachtet, wie Euer Mann mit einem Stiefsohn umsprang - also bin ich gekommen, um mir ein Bild von Euch zu machen, um festzustellen, wag Ihr taugt.«
    Ein Rekrut sollte seinen voraussichtlichen Offizier nicht so ansehen - nicht etwa, daß sie flirtete. Walegrin hatte das Gefühl, sie versuchte, die Rollen zu tauschen.
    »Jubal war klug und stark - vielleicht aber nicht so klug und stark, wie er glaubte. Tempus hat ihn schließlich fertiggemacht. Ich schätze meine Loyalität hoch ein und gebe sie nicht dem erstbesten. Was sind Eure Pläne? Man raunt, Ihr hättet harten Stahl. Gegen wen wollt Ihr ihn einsetzen?«
    Walegrin ließ sich seine Überraschung nicht anmerken, sondern erwiderte ihren Blick gleichmütig. Er hatte viel weniger Erfahrung als der Sklavenhändler, viel weniger Männer und viel weniger Gold. Ranke, mit Tempus als Vertreter, war Jubals Ende gewesen -wie konnten da die Aussichten für ihn sein? »Ich habe Enlibarstahl zu Schwertern geschmiedet«, anwortete er. »Die Nisibisi kämpfen nicht in Reih und Glied, sondern aus dem Hinterhalt. Also fallen wir unsererseits ihnen in den Rücken, bis wir uns einen Namen gemacht haben. Dann, mit weiteren Männern ...«
    Sie seufzte laut. Einen wütenden Augenblick lang glaubte Walegrin schon, sie würde ihm einfach den Rücken kehren und gehen. Hatte sie wahrhaftig gehofft, er wolle versuchen, Jubals verlorenes Reich neu aufzubauen? Oder spürte sie die Leere seines Selbstvertrauens?
    »Ich glaube nicht so recht daran«, gestand sie. »Aber zumindest werde ich von Freistatt wegkommen.« Sie streckte den Arm zum Handschlag aus.
    Ein Söldnerhauptmann hieß seine Rekruten mit einem Händeschütteln und einer kameradschaftlichen Umarmung willkommen. Walegrin umarmte Frauen nicht als Kameraden. Wenn er es brauchte, fand er irgendeine Dirne, legte sie auf den Rücken und verschaffte sich, mit hochgeschlagenem Rock, um ihr Gesicht nicht sehen zu müssen, Erleichterung. Er hatte Frauen gesehen, Damen, die er nicht so behandeln würde - aber sie sahen ihn nicht.
    Cythen war keine Schlampe; sie würde es sich nicht gefallen lassen, wenn man versuchte, sie so zu behandeln. Aber sie war auch keine Dame - nicht mit dem, was von ihrer Kleidung übriggeblieben war, und dem Schmutz, der an ihr klebte. Auf die Straße würde er sie jedenfalls nicht zurückschicken, zumindest nicht, ehe sie sich sattgesehen hatte. Er wischte sich schnell die Hand an seiner Hüfte ab, dann schüttelte er die ihre.
    Es steckte Kraft in ihr, vielleicht nicht so viel wie in der eines Mannes, aber gewiß genug, um ein Schwert zu führen. Bemüht, es selbstverständlich wirken zu lassen, hob er die andere Hand zur Umarmung, wurde jedoch zu seiner Erleichterung durch laute
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