Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vermählt mit einem Fremden

Vermählt mit einem Fremden

Titel: Vermählt mit einem Fremden
Autoren: ANNE O'BRIEN
Vom Netzwerk:
bemerkenswert, obwohl der Junge die blauen Augen seiner Mutter geerbt hatte. Als der Kleine angesichts solcher Aufmerksamkeit zögernd lächelte und ein Grübchen in seiner runden Wange erschien, war Lucius entzückt, doch gleichzeitig beinahe zu Tränen gerührt.
    „Stimmt etwas nicht?“, fragte Marie-Claude, während sie ihren Sohn schützend an sich drückte.
    „Es ist alles gut. Oh Gott, Marcus, wenn du ihn doch sehen könntest …“, murmelte Lucius und fuhr mit einem Finger zart über die weiche Wange des Kindes.
    „Er heißt Raoul“, erklärte Marie-Claude mit tränenerstickter Stimme.
    „Willkommen in unserer Familie, Raoul“, sagte Lucius ernst. An Marie-Claude gewandt, fuhr er fort: „Ich bitte abermals, verzeihen Sie uns, Madame . Der Knabe ist der beste Beweis dafür, dass Sie die Wahrheit sagten. Sie sind eine beeindruckende Frau – ich verstehe, warum Marcus Sie geheiratet hat.“
    „Danke, Mylord.“ Endlich lächelte Marie-Claude. „Sie sind sehr gütig. Verzeihen Sie mir, wenn ich ein wenig harsch war …“
    In diesem Augenblick flog die Tür auf, und George Gadie verharrte unsicher auf der Schwelle.
    „Was ist denn, George?“, fragte Harriete beunruhigt, als sie seine bekümmerte Miene sah.
    „Die Halunken! Tut mir wirklich leid, Captain Harry … Die Ghost … diese verdammten Soldaten … sie haben sie in Brand gesteckt!“
    „Die Ghost ?“, keuchte Harriette erbleichend. „Oh nein, nein!“
    Sie blieb ruhig und weinte auch nicht, doch Lucius sah, wie tief der Verlust sie traf. Unbändige Wut erfasste ihn. Auch ohne Beweise wusste er, wer den Zollbehörden einen Tipp gegeben und wer die Pistolenschüsse abgefeuert hatte. Und Harriette musste gleich zweimal zahlen! Kochend vor Rachedurst stand er auf und ging mit ausholenden Schritten zur Tür.
    „Warte! Wohin willst du?“, rief Harriette, doch er las in ihren Zügen, dass sie es wusste. Er ging zurück und strich ihr zart über eine Wange.
    „Du weißt es doch, Harriette“, sagte er, bemüht, sie seine Wut nicht hören zu lassen. „Schulden eintreiben, und du weiß so gut wie ich, bei wem.“
    „Nein, nicht! Ich komme mit!“
    Sehr sanft, sodass es umso bedrohlicher klang, erklärte er: „Nein, mein liebes Mädchen. Das hier muss ich zu Ende bringen.“

13. KAPITEL
    Ohne erst seine verschmutzte Kleidung zu wechseln, marschierte Lucius zu den Ställen, ließ sich ein Pferd geben und trieb es im Galopp nach Ellerdine Manor, wobei er in Gedanken ständig wiederholte: Die Rettungsaktion stand auf der Kippe, Harriette ist angeschossen worden. Sie hat ihre geliebte Ghost verloren. Und ein Mann nur ist schuld daran!
    Alexander Ellerdine hatte aus nur ihm selbst bekannten Gründen Harriettes Vertrauen aufs Übelste getäuscht und ihr Leben in Gefahr gebracht. Ich werde ihn zur Rechenschaft ziehen, und wenn es das Letzte ist, was ich für sie tun darf, schwor sich Lucius. Ellerdine würde mit seinem Verrat nicht ungeschoren davonkommen.
    Vor dem Herrensitz angekommen, sprang er aus dem Sattel, stürmte die ungepflegten Stufen zum Portal hinauf und stieß die Tür auf.
    „Wo ist er?“, herrschte er einen verblüfften Dienstboten an und durchquerte, ohne auf Antwort zu warten, die Halle, zu der offenen Tür, die in eine Bibliothek führte.
    Vor Zorn bebend, trat er über die Schwelle und sah sich Alexander Ellerdine gegenüber.
    Harriettes Cousin lümmelte an seinem Schreibtisch, die Beine gemütlich auf der Platte abgelegt, einen Krug Ale in der Hand. Eine winzige Sekunde schien Unsicherheit in seinen Augen aufzublitzen, doch dann lächelte er nur ironisch.
    „Venmore! So ungestüm? Ich staune, Sie hier zu sehen. Dachte, Sie wären längst mit der Witwe auf dem Weg nach London.“
    „Ich will ein paar Antworten“, erklärte Lucius und baute sich vor ihm auf.
    „Ach! Ich habe keine Ahnung, wie Sie darauf kommen, dass ich Ihnen irgendwie helfen könnte.“
    „Nein? Stehen Sie auf, Ellerdine!“, befahl Lucius, mühsam beherrscht. „Selbst unter diesen Gegebenheiten ist es unter meiner Würde, einen sitzenden Mann zu schlagen.“
    Ohne sich vom Fleck zu rühren, antwortete Alexander: „Was soll das werden? Ein Duell?“
    „Einen Ehrenhandel zwischen Gentlemen meinen Sie? Bei Gott, nein! Den Titel haben Sie sich letzte Nacht verscherzt.“
    „Beleidigungen helfen hier auch nicht, Venmore. Schickt Harriette Sie?“ Nun lächelte er durchtrieben.
    „Nein. Sie beweint nämlich gerade den Verlust ihres geliebten Kutters. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher