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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao
Autoren: Anton Gill
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beschleunigen. Sie mußte Rechmire ausschalten und wollte den Weg für Amotjus Ehrgeiz, wie sie ihn begriff, freimachen. Sie war sicher, daß er sich von dir scheiden lassen würde; ich bin davon überzeugt, daß sie dich später hätte umbringen lassen. Dann wäre alles so gewesen, wie sie es haben wollte.«
    »Also hat sie Rechmire ermorden lassen.«
    »Ja.«
    Taheb schaute sich in ihrem stillen Hof um, und es war ihr, als habe sie ihn noch nie zuvor gesehen. Im Haus war es ruhig, denn die Sonne hatte den Zenit überschritten, und die Schatten an der Wand wurden länger. Sie fragte sich, wo Amotju sein mochte, was er tat, was er dachte.
    »Mutnofret benutzte Rechmires altes Grab als Schauplatz für die Reisen ins Jenseits. Wir bekamen Drogen, und dann ging es nur darum, unsere Halluzinationen zu steuern. Aber sie nutzte die Anlage auch als Lagerraum. Dazu war sie ideal geeignet: ein verlassenes Grab, ein Stück entfernt von anderen Grabbauarbeiten, aber nah am Fluß - und Rechmire hatte es nicht weiterverkauft.«
    »Wie hat sie ihn dort hinbekommen?«
    »Ich weiß es nicht. Wie hättest du es gemacht? Vielleicht hat sie so getan, als kapituliere sie? Als wolle sie ihm nun das Zentrum ihrer Operationen zeigen und sich damit vollständig in seine Gewalt begeben? Er hätte sich geschmeichelt und erleichtert gefühlt. Natürlich konnte sie nicht hoffen, daß er allein kommen würde; aber sie hatte genug Leute, um mit Rechmire und jeder beliebigen Leibwache fertigzuwerden.«
    »Deshalb - der arme Amenmose.«
    »Ja. Er tat nur seine Arbeit. Vermutlich hielt sie ihn nicht mehr für vertrauenswürdig. Er muß sich heftig gewehrt haben.«
    »Ob sie wohl dabei war?« Taheb war wider Willen von den Einzelheiten fasziniert, und überlegte, ob sie wohl zu Ähnlichem imstande wäre.
    »Ich denke schon; sie mußte sich ja vergewissern, daß ihr Auftrag ordentlich erledigt wurde.«
    »Und was tut sie jetzt?«
    »Sie wartet darauf, daß Amotju ihr sagt, er habe mit dir gesprochen. Und erfährt mit Entsetzen die Nachricht von Rechmires Tod.«
    »Was sollen wir tun?«
    »Das mußt du selbst entscheiden. Ich denke, wir müssen Amotju jetzt alles sagen.«
    Aber Amotju war nirgends zu finden.

Z WÖLF

    Warum tut er das? fragte Taheb sich immer wieder, während sie mit Huy durch die Stadt eilte. Warum? Huy ging schweigend neben ihr her. Er verfluchte seine Amateurhaftigkeit, seine Unfähigkeit, menschliches Verhalten zu durchschauen, und seine Dummheit, mit der er den Freund und die Macht seiner Liebe unterschätzt hatte.
    Nur zu bald würden sie erfahren, ob seine
    schlimmsten Befürchtungen gerechtfertigt waren. Sie hasteten zu Fuß durch die Stadt und drängten sich durch die spätnachmittägliche Menge, die wegen der Feierlichkeiten zum Anlaß der königlichen Ankunft dichter war als sonst. Beide waren verschwitzt und müde -ein ungleiches Paar, das eine letzte Anstrengung unternahm, obwohl beide gehofft hatten, daß alles geklärt sei.
    Taheb stolperte über eine schlecht verlegte Steinplatte, und Huy griff nach ihrem Arm, um sie zu stützen. Überrascht fühlte er, wie stark sie war.
    »Danke.«
    »Ist nichts passiert?«
    »Laß uns weitergehen.«
    Ein paar Minuten wurden sie aufgehalten, weil eine Prozession von Priestern, die mit feierlicher Miene Holzstatuen des Amun, seiner Frau Mut und seines Sohnes Chons vor sich her trugen, zur Musik der Sistra ihren Weg kreuzte.
    »Könnte es sein, daß du dich irrst?« fragte Taheb; aber sie wußte, sie klammerte sich an eine letzte Hoffnung.
    »Wenn er nicht da ist«, sagte Huy, »werde ich mich freuen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wohin er sonst gegangen sein sollte. Ich hatte ihn gebeten, mich erst mit dir allein zu lassen und mir zu vertrauen. Aber natürlich wird er einfach an einem Fenster gelauscht haben. Das wäre das Einfachste auf der Welt.«
    »Wieviel kann er gehört haben, bevor er ging?«
    »Genug, um sie zu warnen. Aber ich glaube, selbst wenn er alles gehört hätte, würde er nicht anders handeln.«
    Taheb schwieg, und Huy biß sich auf die Lippe. Er hatte sie nicht verletzen wollen, ihr nicht zeigen wollen, wie groß die Macht der Liebe war, die ihr Mann einer Mörderin entgegenbrachte; aber wer hätte so etwas auch ahnen können? Wer hätte etwas so Unvernünftiges vorhersehen können?
    Ihre Schatten tanzten über Mauern, die der Sonnenschein zur elften Stunde des Tages in ein tiefes Gelb tauchte. Ein Wagen rumpelte vorüber; unendlich langsam rollte er durch das
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