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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao
Autoren: Anton Gill
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Gedränge, und der gereizte Insasse lehnte sich heraus und brüllte die Passanten an.
    »Ob sie noch da sind?«
    »Er hat eine Viertelstunde Vorsprung. Er wird ihr alles erklären müssen. Wenn wir Glück haben, sind sie noch da.«
    »Und wenn sie ihn umgebracht hat?« platzte Taheb heraus.
    Huy schwieg.
    »Ich kann nicht glauben, daß dies alles wirklich passiert«, sagte Taheb etwas ruhiger.
    Schweigend eilten sie weiter, jetzt eine steile Straße hinauf, die nach dreißig Schritten ihren Höhepunkt erreicht hatte und dann ebenso steil wieder bergab führte. Hinter der nächsten Ecke, auf der anderen Seite eines kleinen Platzes, stand Mutnofrets Haus. Als sie näherkamen, verlangsamten sie, ohne es zu merken, ihre Schritte und holten tief Luft. Taheb empfand eine unnatürliche Gelassenheit. Huy versuchte, eine Strategie zu entwickeln, aber es gelang ihm nicht.
    Die Haustür stand offen. Vorsichtig stieß Huy sie weiter auf. Still lag dahinter der Hof. Sie durchquerten die Innenräume, fanden aber niemanden. Nirgends gab es Spuren eines Kampfes oder einer überstürzten Flucht. Alles schien an Ort und Stelle zu sein; nicht einmal Hinweise auf ein unterbrochenes Abendessen waren zu sehen. Erst, als sie das Zimmer erreichten, in dem Huy von Mutnofret empfangen worden war, hörte er eine Bewegung hinter der Tür. Sie öffneten sie, und es raschelte hektisch. Auf seinem Platz auf dem Gipfel des Kissenbergs hockte zischend der kleine rotgesichtige Affe; er bleckte die Zähne und funkelte sie mit wütenden, verzweifelten Augen an.

    Am Kai war wenig Betrieb, aber Taheb gelang es, einen der Hafenmeister ausfindig zu machen, und der erzählte, daß kurz zuvor zwei Leute mit einem kleinen Jagdboot stromabwärts gefahren seien. Viele Leute gingen am frühen Abend auf die Jagd nach Watvögeln und Enten, weil die dann fraßen; aber besonders heute hatte er es doch merkwürdig gefunden.
    Schließlich feierten alle gerade die Ankunft des Nebcheprure Tutenchamun.
    »Können wir ihnen folgen?« fragte Huy, zu Taheb gewandt.
    »Dort liegt die Herrlichkeit-des-Amun. Aber ich weiß nicht, ob die Besatzung da ist, und wie lange es dauert, das Boot zu wenden und klar zu machen.« Sie sprach mechanisch, wie in einem Traum.
    »Ich weiß, was du durchmachst«, sagte Huy.
    »Ach ja?« antwortete sie scharf. Ihre Augen glitzerten.
    Rasch liefen sie zu der Landungsbrücke, wo die Herrlichkeit-des-Amun vertäut war. Sie sprangen an Bord, und Taheb alarmierte den Bootsmann, der schwarzes Bier trank mit drei Männern, die als Wache an Bord geblieben waren, während die übrige Besatzung an Land feierte.
    »Wir können sie nicht allein segeln«, sagte der Bootsmann und beäugte Huy mißtrauisch, nachdem Taheb mit ihm gesprochen hatte.
    »Wir fahren stromabwärts«, sagte Taheb. »Du hast genug Leute, um sie zu steuern.«
    »Aber nicht, um sie zurückzubringen.«
    »Darüber brauchen wir uns nicht den Kopf zu zerbrechen.«
    Der Bootsmann schaute skeptisch. »Ich weiß nicht. Jetzt, wo wir zu Hause sind, müßte ich den Kapitän fragen - oder den Besitzer.«
    »Ich bin die Frau des Besitzers.«
    »Ich weiß, aber — wir werden eine halbe Stunde brauchen, um abzulegen. Bis dahin ist es dunkel. Wieso willst du überhaupt jetzt losfahren?« Wieder wanderte sein Blick von ihr zu Huy.
    »Wir nehmen das Ruderboot«, beschloß Huy. »Wir nehmen deine drei Männer als Besatzung, und du bleibst auf der Barke. Und wenn wir zurückkommen, wirst du dem Besitzer gemeldet.«
    Der Bootsmann warf ihm einen finsteren Blick zu, drehte sich um und brüllte einen knappen Befehl. Die Männer rappelten sich auf und tappten nach vorn, wo das Ruderboot in seiner Halterung hing. Sie schwenkten es hinaus und ließen es hinunter. Da sie schon eine Menge getrunken hatten, verschätzten sie sich in der Höhe, und das Boot krachte mit der Nase voran ins Wässer. Aber es richtete sich wieder auf, und die Matrosen kletterten hinein, dicht gefolgt von Huy und Taheb.
    Draußen auf dem Wasser ließen der kühle Wind und die stetige, geschmeidige Arbeit des Ruderns sie ruhiger werden. Die Sonne sank blutrot zum Horizont jenseits des Tales, und Huy konnte Rechmires altes Grab erkennen, einen einsamen, schwarzen Hügel, der für niemanden außer ihm eine Bedeutung hatte, und er sagte auch zu Taheb kein Wort davon. Sie saß mit versteinerter Miene da, starrte geradeaus und versuchte, in der dichter werdenden Dunkelheit auf dem Wasser vor ihnen irgend etwas zu erkennen.
    »Wir holen sie
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