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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen
Autoren: Nora Roberts
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formuliert.«
    »Okay, ich bin verrückt nach ihr.«
    »Haut auch nicht ganz hin, Paris.«
    Diesmal machte er das Fenster tatsächlich einen Spaltbreit auf und nahm eine Zigarette heraus. »Na schön, dann bin ich eben in sie verliebt. Bist du jetzt zufrieden?«
    »Iß eine Dattel. Das ist gesünder.«
    Ben fluchte, dann brach er in Lachen aus. Er warf seine Zigarette aus dem Fenster und biß in die Dattel, die Ed ihm reichte. »Du bist schlimmer als meine Mutter.«
    »Dazu sind Partner da.«

    In Tess’ Apartment verging die Zeit ebenso langsam. Um sieben aßen sie und Lowenstein Abendbrot, bestehend aus Dosensuppe und Roastbeefsandwiches. Trotz all ihrer Beteuerungen, daß sie sich keine Sorgen mache, nahm Tess kaum etwas zu sich und rührte lediglich die Fleisch und Gemüsestückchen in ihrer Schüssel umher. Es war eine kalte, unfreundliche Nacht, in der es niemanden, der nicht rausgehen mußte, nach draußen ziehen würde. Doch die Tatsache, daß sie ihre Wohnung nicht verlassen konnte, gab ihr das Gefühl, eingesperrt zu sein.

    »Spielen Sie Canasta?« fragte Lowenstein.
    »Entschuldigung, was haben Sie gesagt?«
    »Canasta.« Lowenstein warf einen Blick auf die Armbanduhr und dachte bei sich, daß ihr Mann jetzt gerade ihren Jüngsten baden würde. Roderick hielt vor dem Haus Wache, Ben und Ed würden die Gegend
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    absuchen, bevor sie aufs Revier zurückkehrten, und ihre älteste Tochter würde sich darüber beschweren, daß sie den Abwasch machen mußte.
    »Ich bin heute nicht sehr gesprächig, fürchte ich.«
    Lowenstein legte ein halbes Sandwich auf den
    blaßgrünen Glasteller zurück, den sie zuvor schon bewundert hatte. »Sie müssen sich ja auch nicht mit mir unterhalten, Dr. Court.«
    Doch Tess schob ihren Teller beiseite und versuchte es.
    »Sie haben Familie, nicht wahr?«
    »Eine Rasselbande, um genau zu sein.«
    »Es ist sicher nicht leicht, einen anstrengenden Beruf auszuüben und sich außerdem um eine Familie zu kümmern.«
    »Bei Komplikationen komme ich immer erst richtig in Schwung.«
    »Das finde ich bewundernswert. Ich habe
    Komplikationen stets vermieden. Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?«
    »Okay, wenn ich Ihnen dann auch eine stellen darf.«
    »Einverstanden.« Tess stützte die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich vor. »Wie geht Ihr Mann damit um, mit jemandem verheiratet zu sein, dessen Job nicht nur anstrengend ist, sondern auch gefährlich sein kann?«
    »Ich glaube, es ist nicht leicht. Ich weiß, daß es das nicht ist«, verbesserte sich Lowenstein. Sie nahm einen Schluck von der Diät-Pepsi, die Tess in dünnwandige, mit Schnörkeln verzierte Gläser gegossen hatte, die bei Lowenstein nur zum Anschauen in der Vitrine gestanden hätten. »Wir mußten uns immer wieder zusammenraufen.
    Vor ein paar Jahren haben wir uns auf Probe getrennt. Das Ganze hat vierunddreißigeinhalb Stunden gedauert. Der 430
    springende Punkt ist, daß wir verrückt nacheinander sind.
    Dadurch fällt alles andere letzten Endes nicht ins Gewicht.«
    »Sie sind ein Glückspilz.«
    »Ich weiß. Selbst wenn mir danach ist, ihn an die Wand zu klatschen, weiß ich es. Jetzt bin ich dran.«
    »In Ordnung.«
    Lowenstein musterte sie eingehend. »Wo kaufen Sie Ihre Garderobe?«
    Im ersten Moment war sie zu überrascht, um zu lachen.
    Zum erstenmal an diesem Tag entspannte sich Tess.

    Vor dem Haus tranken Roderick und ein stämmiger schwarzer Polizist, den alle Pudge nannten, Kaffee aus einer Thermosflasche. Pudge, der infolge einer Stirnhöhlenentzündung ein wenig gereizt war, wechselte alle paar Minuten die Stellung und beklagte sich in einem fort.
    »Ich glaube nicht, daß wir von dem Typ etwas zu sehen bekommen. Mullendore hat die Spätschicht. Wenn irgend jemand ihn schnappt, dann er. Wir sitzen bloß hier rum und frieren uns den Arsch ab.«
    »Es muß in dieser Nacht passieren.« Roderick schenkte Pudge eine weitere Tasse Kaffee ein. Dann fuhr er fort, Tess’ Fenster zu beobachten.
    »Warum?« Pudge gähnte mit aufgerissenen Mund und verfluchte die Medikament, die seine Nase verstopften.
    »Weil es so geplant ist.«
    »Meine Güte, Roderick, du beklagst dich aber auch nie, ganz gleich, was für eine beschissene Aufgabe man dir zuteilt.« Als er erneut gähnte, sackte Pudge gegen die Autotür. »Gott, ich kann kaum noch die Augen
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    offenhalten. Die verdammten Medikamente machen mich völlig fertig.«
    Roderick blickte die Straße auf und ab. Niemand zu sehen. »Warum schläfst du
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