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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen
Autoren: Nora Roberts
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stehen.«
    »Es wird aber kein Streifenwagen sein. Wenn er kommt, wollen wir ihn nicht abschrecken. Bigsby, Roderick und Mullendore wechseln sich mit Ed und mir bei der Überwachung ab.«
    »Ben, ich mache mir wirklich keine Sorgen.« Nachdem sie ihm einen Kaffee gereicht hatte, nahm sie seinen Arm und führte ihn zum Eßzimmertisch. »Ich habe über alles 420
    gründlich nachgedacht, das kannst du mir glauben.
    Solange ich in der Wohnung bin und niemand an mich herankommt, kann mir nichts passieren.«
    »Er weiß nicht, daß du bewacht wirst. Wenn ich um Mitternacht zurückkomme, gehe ich durch den
    Hintereingang und benutze die Treppe.«
    »Er muß heute nacht handeln, dessen bin ich ganz sicher.
    Wenn er kommt, wirst du dasein.«
    »Ich freue mich, daß du so zuversichtlich bist, aber ich muß dir sagen, daß ich nicht ganz so nervös wäre, wenn du ein bißchen aufgeregter wärst. Keine Effekthascherei, hörst du.« Bevor sie ihre Kaffeetasse heben konnte, nahm er sie beim Arm, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Wenn wir ihn geschnappt haben, bringen wir ihn zum Verhör aufs Revier, aber du bleibst hier.«
    »Ben, du weißt, wie wichtig es für mich ist, mit ihm zu sprechen, zu versuchen, an ihn heranzukommen.«
    »Nein.«
    »Du kannst mich nur eine bestimmte Zeit von ihm fernhalten.«
    »So lange, wie das Ganze dauert.«
    Tess gab klein bei und versuchte es auf anderem Wege, indem sie auf etwas zurückgriff, das sie in den frühen Morgenstunden aus dem Schlaf gerissen und wach gehalten hatte. »Ben, ich glaube du verstehst diesen Mann besser, als du selbst eingestehst. Du weißt, was es bedeutet, jemanden zu verlieren, der ein wesentlicher Teil deines Lebens ist. Du hast Josh verloren, er hat seine Laura verloren. Wir wissen zwar nicht, wer sie war, aber wir können davon ausgehen, daß sie ihm sehr viel bedeutet hat. Du hast mir erzählt, daß du mit dem Gedanken gespielt hast, seinen Arzt umzubringen. Nein, warte«, sagte sie, bevor er etwas erwidern konnte. »Du wolltest 421
    jemandem die Schuld geben, jemandem weh tun. Wenn du ein labiler Mensch gewesen wärst, hätte das durchaus passieren können. Deinen Groll und den Schmerz bist du trotzdem nicht losgeworden.«
    Ihre Worte und die Wahrheit, die sie enthielten, bereiteten ihm Unbehagen. »Mag sein, aber ich habe nicht angefangen, Leute umzubringen.«
    »Nein, du bist Polizist geworden, vielleicht auch wegen Josh. Weil du das Bedürfnis hattest, Antworten zu finden, Dinge in Ordnung zu bringen. Du bist gesund, hast Selbstvertrauen und warst imstande, das, was zur größten Tragödie deines Lebens hätte werden können, in etwas Konstruktives umzuwandeln. Aber wenn du nicht gesund wärst, Ben, wenn du kein starkes Selbstbewußtsein, kein starkes Gefühl für Recht und Unrecht hättest, dann hätte etwas in dir kaputtgehen können. Als Josh starb, hast du deinen Glauben verloren. Ich denke, er hat seinen wegen Laura verloren. Wir wissen nicht, wie lange das zurückliegt – vielleicht ein Jahr, vielleicht fünf Jahre, vielleicht zwanzig –, doch er hat die Teile seines damals in die Brüche gegangenen Glaubens wieder eingesammelt und neu zusammengesetzt. Allerdings so, daß die Teile nicht mehr richtig zusammenpassen. Er tötet und bringt Opfer dar, um Laura zu erlösen. Lauras Seele. Was du mir neulich erzählt hast, hat mich nachdenklich gestimmt.
    Vielleicht ist sie nach Auffassung der Kirche in Sünde gestorben, und man hat ihr die Absolution verweigert.
    Man hat ihm beigebracht zu glauben, daß die Seele ohne Absolution verloren ist. In seinem Wahn ermordet er Frauen, die ihn an Laura erinnern. Aber trotzdem rettet er ihre Seelen.«
    »Was du sagst, mag alles richtig sein. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß er vier Frauen getötet und es auf dich abgesehen hat.«
    422
    »Schwarz gegen Weiß, Ben?«
    »Manchmal gibt es nur diese beiden Farben.« Das Ganze frustrierte ihn um so mehr, als er einiges von dem, was sie sagte, zu verstehen begann und es sogar gefühlsmäßig begriff. Er wollte die Angelegenheit jedoch weiterhin ohne Wenn und Aber und ohne differenzieren zu müssen betrachten. »Glaubst du nicht, daß manche Menschen einfach böse geboren werden? Sagt ein Mann zu seiner Frau, er gehe jetzt auf Menschenjagd, um dann zu McDonald’s zu fahren und ein paar Kids zu erschießen, weil seine Mutter ihn verprügelt hat, als er sechs war?
    Benutzt ein Mann einen Collegecampus, um ein
    Zielschießen zu veranstalten, weil sein Vater
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