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Verliebt, verlobt, verflucht

Verliebt, verlobt, verflucht

Titel: Verliebt, verlobt, verflucht
Autoren: Melanie Neupauer
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aus Drachenleder und eine weiße Bluse mit Rüschenkragen, dazu hohe rote Schuhe und farblich darauf abgestimmt roten Lippenstift. Meine Mutter ist ein ziemlich heißer Feger, dachte Natalie stolz. Von ihr hatte sie glücklicherweise die mahagonifarbenen Lockenmähne geerbt und das herzförmige Gesicht. Nur die grünen Augen hatte sie nicht von ihrer Mutter, ihre waren bernsteinfarben.
    »Ich habe Hunger«, erklärte sie schlicht und rannte weiter in die Küche. »Übrigens, hübsche Ohrringe, Mama!«, rief sie ihrer Mutter über die Schulter zu und setzte sich an den Küchentisch, den Schweinsnase bereits mit Kaffee, Rosinenbrötchen und Kirschmarmelade gedeckt hatte. Ihr Vater war gerade in eine Ausgabe des Stapers vertieft, für den Natalies Mutter arbeitete. Staper stand als Abkürzung für Stadtanzeiger Peretruas . Maria war dort eine der Top-Journalistinnen, weshalb sie morgens immer persönlich mit der Kutsche vom Chefredakteur Baristono abgeholt wurde und die Familie Brebin sich so eine schöne Wohnung mit Turmzimmer, Marmorboden und -kamin und weiteren Schnickschnack leisten konnten.
    Der Krimskramsladen ihres Vaterswarf dagegen kaum Goldmünzen ab, eher im Gegenteil. Luca Brebin war froh, wenn er bis zum Monatsende keine Miesen gemacht hatte.
    »Oh oh, liebe Klara, ich fürchte, du hast dich mit diesem Artikel zu sehr aus dem Fenster gelehnt«, prophezeite Natalies Vater ihrer Mutter und zeigte dabei auf den Zeitungsartikel der ersten Seite, der die Schlagzeile bestimmte. Doch in seiner Stimme schwang auch Stolz über seine unerschrockene Journalistenfrau mit.
    Natalie las kurz die Schlagzeile »Mysteriöse Vorkommnisse am Wachturm beunruhigen den Stadtrat« und widmete sich anschließend wieder mit Hingabe einem noch warmen Rosinenbrötchen. Normalerweise würde sie den Artikel sofort lesen, aber an diesem Morgen waren ihre Gedanken ständig bei den Ereignissen der Nacht.
    Ihre Mutter setzte sich zu ihnen an den Frühstückstisch und seufzte: »Der Bürgermeister hat sich für heute schon angekündigt, Luca. Ich habe es vorhin per Brieftaube von ihm erfahren.«
    »Sooo, der Bürgermeister?«, wiederholte Luca und warf dabei einen flüchtigen Seitenblick auf seine Tochter, die das Gesicht verzog und hinzufügte: »Dieser aufgeblasene Pinkel?«
    »Natalie!«, wies Maria sie übermäßig streng zurecht.
    »Wieso denn, sie hat doch Recht«, mischte sich ihr Vater ein und gluckste vergnügt.
    »Kamelwaffe?«, fragte Schweinsnase höflich und hielt Natalie einen Teller mit der duftenden Köstlichkeit hin.
    »Gerne, Schweinsnase«, entgegnete sie und nahm den Teller entgegen. »Aber merk dir, es heißt Karamellwaffel und nicht Kamelwaffe!«
    Natalies Eltern lachten auf und Natalie warf ihnen einen tadelnden Blick zu.
    »Versuch nicht ständig, ihn zu verbessern, er ist schließlich ein Minitroll und daher dumm wie eine Seegurke«, bemerkte ihr Vater amüsiert.
    »Irrtum, Schweinsnase ist nicht nur irgendein Minitroll, sondern mein Minitroll, und daher schlau bis in die Spitzen seiner kleinen Schweinsohren. Ihr vergesst, dass ich ihm das Sprechen beigebracht habe.«
    Luca Brebin täuschte einen Hustenanfall vor. »Sprechen? Meinst du damit das Gegrunze?«
    Natalie fuhr unbeirrt fort: »Vielleicht spricht er noch nicht perfekt, aber er lernt aus seinen Fehlern, nicht wahr, Schweinsnase?« Sie tätschelte liebevoll den unförmigen Schädel des Minitrolls, der zur Antwort vergnügt grunzte.
    »Du darfst mir gern noch mal zwei Waffeln machen«, wies sie ihn an und verputzte in Sekundenschnelle die erste Portion. Schweinsnase watschelte wieder zur Kochecke, wo er über einer kleinen Feuerstelle honiggelben Teig in ein schwarzes Waffelgitter goss.
    Maria schenkte sich Kaffee ein.
    »Ich hätte auch gern Kaffee, Mama«, sagte Natalie.
    »Du bist gestern mal wieder zu lange aufgeblieben, was?«
    »Ja, ähm, aber nur weil ich so fleißig Geschichte gelernt habe«, druckste Natalie herum und fügte, um auf ein anderes Thema zu lenken, hinzu: »Um was geht es in deiner neuen Titelgeschichte?«
    Natalies Mutter begann ausführlich zu erzählen. Unterdessen nahm Natalie ihre Lieblingstasse und trank Schluck für Schluck genüsslich das heiße, noch dampfende Gebräu. Während Maria immer noch von ihrer langweiligen Reportage berichtete, schweifte sie mit den Gedanken ab und sah verstohlen zum Kamin hinüber. Merkwürdig, wie friedlich er heute aussieht, dachte Natalie. Gestern Abend loderte in ihm noch eine Feuersbrunst.
    Ob
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