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Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)

Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)

Titel: Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
Autoren: Oliver Bowden
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    19. Juni 1257
    Maffeo und ich sind noch in Masyaf und werden vorerst auch hier verweilen. Zumindest bis ein, zwei  … wie soll ich sagen?  … Unklarheiten ausgeräumt sind. Bis dahin bleiben wir auf Geheiß des Meisters, Altaïr Ibn-La’Ahad. So ärgerlich es auch ist, die Freiheit über das eigene Tun solcherart abzutreten  – zumal an den Führer des Ordens, der in seinem hohen Alter die Zweideutigkeit mit derselben unbarmherzigen Präzision handhabt wie einst Schwert und Dolch  – , genieße ich doch wenigstens den Vorteil, in seine Geschichten eingeweiht zu sein. Maffeo hingegen ist dieses Glück nicht beschieden, und so ist er verständlicherweise von Unruhe erfüllt. Er hat genug von Masyaf. Er mag die steilen Wege zwischen der Festung der Assassinen und dem Dorf unten nicht, und das gebirgige Umland findet er reizlos. Er sei ein Polo, sagt er, und so sei das Fernweh nach sechs Monaten an diesem Ort für ihn wie der Ruf einer lüsternen Frau, verlockend und unwiderstehlich. Er sehnt sich danach, die Segel zu setzen, zu neuen Ufern aufzubrechen und Masyaf den Rücken zu kehren.
    Ehrlich gesagt könnte ich auf die Plage, zu der seine Ungeduld sich ausgewachsen hat, gut verzichten. Altaïr steht kurz vor einem Entschluss. Ich kann es spüren.
    Also sagte ich heute: „Maffeo, ich will dir eine Geschichte erzählen.“
    Oh, die Manieren dieses Mannes! Sind wir wirklich von derselben Art? Ich bezweifele es allmählich. Anstatt beispielsweise diese Worte mit der gebührenden Begeisterung aufzunehmen, höre ich ihn, da bin ich mir fast sicher, nur seufzen. (Nun gut, vielleicht tue ich ihm unrecht, und er war in der heißen Sonne lediglich ein wenig außer Atem.) Doch dann verlangte er auch noch von mir: „Niccolò, würde es dir etwas ausmachen, mir zu verraten, wovon deine Geschichte handelt, ehe du anfängst?“ Und das fast schon in einem Ton der Verzweiflung, ich muss doch wirklich bitten!
    Nichtsdestotrotz erwiderte ich: „Das ist eine sehr gute Frage, Bruder.“ Und ich dachte während des gefürchteten steilen Aufstiegs darüber nach. Über uns ragte die Zitadelle im Vorgebirge düster und drohend in die Höhe, als sei sie direkt aus dem Kalkstein herausgeschlagen worden. Ich hatte beschlossen, meine Geschichte am perfekten, passenden Ort zu erzählen, und es gab keinen angemesseneren als die Festung über Masyaf. Die imposante Burg thronte mit ihren vielen Türmen und umgeben von schimmernden Flüssen über dem wimmelnden Dorf im Tal des Orontes. Einer Oase des Friedens. Einem Paradies.
    „Ich würde sagen, sie handelt vom Wissen “, erklärte ich schließlich. „Wie du ja weißt, steht das Wort Assasseen im Arabischen für Wächter oder Hüter. Die Assassinen sind die Hüter der Geheimnisse, und sie hüten und bewahren geheimes Wissen. Ja, in der Tat“, ich klang zweifelsohne sehr zufrieden mit mir selbst, „die Geschichte handelt vom Wissen.“
    „Dann, so fürchte ich, muss ich zu einer dringenden Angelegenheit.“
    „Ach?“
    „Freilich wüsste ich eine Ablenkung von meinen Studien zu schätzen, Niccolò. Andererseits möchte ich sie aber auch nicht in die Länge ziehen.“
    Ich grinste. „Aber den Geschichten, die der Meister mir erzählt hat, würdest du doch gewiss gern lauschen, oder?“
    „Das kommt ganz darauf an. Deine Art, sie anzupreisen, lässt sie nicht gerade vielversprechend erscheinen. Sagst du nicht immer, mein Geschmack sei ausgesprochen blutrünstig, wenn es um deine Geschichten geht?“
    „Ja.“
    Maffeo lächelte schief. „Und damit hast du recht.“
    „Auch damit kann ich dienen. Immerhin sind dies die Erzählungen des großen Altaïr Ibn-La’Ahad. Es ist seine Lebensgeschichte , Bruder. Glaub mir, darin herrscht kein Mangel an Ereignissen, und viele davon  – das wird dich sicherlich freuen  – drehen sich ums Blutvergießen.“
    Unterdessen hatten wir uns zur Barbakane hochgekämpft, dem Außenwerk, das dem Festungstor vorgelagert war. Wir passierten den Torbogen und das Wachhaus und stiegen weiter nach oben, der inneren Festung zu. Vor uns lag der Turm, in dem Altaïr sein Quartier hatte. Wochenlang hatte ich ihn immer wieder aufgesucht und ihm zahllose Stunden lang hingerissen zugehört, während er auf seinem hohen Stuhl saß  – die Hände im Schoß verschränkt, die Arme auf den Lehnen, die Augen unter dem Rand seiner Kapuze kaum zu sehen  – und seine Geschichten erzählte. Und dabei war mir immer deutlicher bewusst geworden, dass er sie mir
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