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Verliebt, verlobt und eingesargt

Verliebt, verlobt und eingesargt

Titel: Verliebt, verlobt und eingesargt
Autoren: Jason Dark
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»Mutter, verdammt, wo steckst du?«
    …steckst du… steckst du…?
    Selbst das Echo meiner eigenen Stimme hörte sich frostklirrend an.
    »Zeig dich, Mutter!« Ich ging weiter, meine Blicke suchten, tasteten. Ich dachte daran, daß von der Tochter nur mehr die Kleidungsstücke übriggeblieben waren. Da befanden sich auch meine Beretta und die Lampe. Doch es war jetzt nicht die Zeit, wieder zurückzugehen und die Dinge zu holen.
    Hinter dem Grabstein war nicht viel Platz. Eine Armlänge entfernt, wuchsen bereits die ersten kahlen Buschzweige.
    Steckte sie dahinter, oder hatte ich diese verfluchte Stimme nur geträumt?
    Ich ging auf die natürliche Mauer zu.
    Und da erwischte es mich!
    Urplötzlich war die Klaue da, die meinen rechten Fußknöchel umklammerte, weil ich gerade dieses Bein vorgesetzt hatte. Und jetzt wußte ich auch, wo die Mutter auf ihr Opfer gelauert hatte. Auf dem kalten Boden und zwischen den Buschzweigen!
    Sie umklammerte meinen Fuß, zerrte daran und wollte mich zu Boden schleudern.
    Mir kam es wie ein kleines Wunder vor, daß es mir gelang, mich ihr entgegenzustemmen. Ich blieb auf den Beinen, schaute nach unten und starrte auf einen schmutzigen Totenschädel. Er sah fast wie Asche aus, genau wie die Klaue, die mich mit ihren Knochenfingern umfaßt hielt.
    Ein widerliches Bild, aber keine lautlose Szene, denn immer wieder hörte ich die Stimme der Mutter.
    »Ich kriege dich. Du bist für meine Tochter nicht der richtige Mann. Ich töte dich!«
    »Neiiinnn!« Aus meinem Mund löste sich in dem Augenblick der Schrei, als sich das Wesen an mir hochziehen wollte.
    Dann schlug ich zu.
    Ich nahm die Axt. Ließ sie mehrmals nach unten rasen, traf den Schädel, die Knochen, hörte das Knacken und Splittern, als sie unter den Hieben zerhämmert wurden.
    Es war grauenvoll, und um sicherzugehen, ließ ich das Kreuz in die Reste hineinfallen.
    Dann zuckte ich zurück, denn aus dem Knochenwirrwarr schoß eine bläuliche Stichflamme hoch, die fast noch mein Gesicht erreicht und mir die Haare versenkt hätte.
    Die Flamme blendete mich auch. Für einen Moment allerdings hatte ich in ihr etwas erkennen können.
    Zwar nur ein huschender Schatten, trotzdem identifizierbar. Die Fratze des Teufels.
    Aber sie war zum Glück verschwunden.
    Mehr kriechend als gehend bewegte ich mich vom Knochenhaufen weg, der zum Großteil aus Asche bestand. Ich gelangte zu Sid Ferry und hörte sein Stöhnen.
    Mein Gott, er lebte noch!
    Was anschließend geschah, daran konnte ich mich später kaum erinnern. Sid und ich hatten uns vom Friedhof weggeschleppt. Kriechend, robbend, taumelnd, und wir hätten es vielleicht nicht geschafft, wenn nicht einer der Angestellten noch einmal zurückgekommen wäre, weil er etwas vergessen hatte. Er hörte und sah uns.
    Als er uns in die Wärme seines schützenden Büros gezogen hatte, sah ich das Licht der Lampe wie eine Sonne, die schließlich explodierte. Von da an sah ich nichts mehr…
    ***
    Man hatte mich in ein Einzelzimmer gelegt. Ich bekam schon am nächsten Morgen Besuch. Zwei Beamte der Dortmunder Kripo stellten sich bei mir vor und bekamen von mir eine Geschichte zu hören, die sie erst nicht glauben konnten.
    Nach einer Rückfrage mit London bestätigte man ihnen, wer ich war. Ich hatte es überstanden, und auch das Gift war aus meinem Körper gewichen, aber wie ging es Sid?
    Er befand sich nach wie vor in Lebensgefahr. Im Gegensatz zu mir hatte er noch Erfrierungen erlitten, aber die Ärzte waren voller Hoffnung, ihn durchzubekommen.
    Ich klärte die Beamten auch über den Tod ihres Kollegen auf. Man glaubte mir.
    Bevor ich wieder fuhr, besuchte ich Sid Ferry noch. Er war nicht bei Bewußtsein.
    Ich schrieb ihm ein paar Zeilen und trat wenig später hinaus in den Schnee.
    Um die Toten auf dem Zechengelände würden sich die Dortmunder Kollegen kümmern. Ich wollte wieder zurück nach London, was bei diesem Wetter nicht so einfach war. Als letzte Erinnerung an den Fall schleuderte ich die Plakette weg, die mir Susy gegeben hatte.
    Sie hatte mich nie lieben wollen. Und ich sie auch nicht, wenn ich ehrlich war…
    ENDE
    [1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 010 »Disco Dracula«
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