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Verliebt, verlobt und eingesargt

Verliebt, verlobt und eingesargt

Titel: Verliebt, verlobt und eingesargt
Autoren: Jason Dark
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nicht.«
    »Und wohnt auf dem Friedhof?«
    »Dort befindet sich ihr Grab. Keine Sorge, John, du wirst es kennenlernen. Wie auch meine anderen Freunde es kennengelernt haben. Sie alle sahen Mutter.«
    »Werde ich auch eingesargt?«
    »Vielleicht. Wenn du Mutter nicht gefällst. Vielleicht hast du Glück. Mutter ist sehr launisch, mußt du wissen.« Susy lächelte breit. Sie schien sich auf meinen eventuellen Tod zu freuen.
    Und wie sahen meine Chancen aus?
    Mehr als bescheiden. Ich war nicht fit, hing neben der Fahrerin wie jemand, dem alles egal war. Zwar hatte ich ihr widersprochen, mehr aber auch nicht. Mein gesamter Kreislauf war aus dem Rhythmus geraten. Das Blut schien viel langsamer durch die Adern zu fließen. Es kam mir schwer und bleiern vor, und so etwas beeinträchtigte auch mein Reaktionsvermögen.
    Dortmund bei Nacht.
    Bei Tage schon fremd für mich. In der Dunkelheit wußte ich nicht, wohin wir fuhren. Mal durch enge Straßen, die von dunklen Häuserzeilen begrenzt waren, dann wieder ging es auf breiteren Fahrbahnen weiter, wo sich auch Geschäfte befanden, die ihr buntes Reklamelicht in unser Fahrzeug streuten.
    »Du brauchst nicht mehr lange zu warten, John. Wir sind gleich da, dann kannst du Mutter kennenlernen.«
    Ich nickte nicht einmal. Zur rechten Seite war ich gesunken und lehnte mit dem Schulterbogen an der Scheibe. Gebläse und Heizung arbeiteten auf vollen Touren. Es war mittlerweile sehr warm in dem Golf geworden. Unnatürlich warm, so daß mich die Hitze regelrecht einlullte und sogar die Augen anfingen zu brennen.
    Das alles machte Susy nichts aus. Sie gehörte zu den frohen Personen, pfiff leise vor sich hin und störte sich auch nicht daran, daß es glatte Stellen auf den Fahrbahnen gab.
    Der Golf rollte darüber hinweg, ohne daß er von ihnen abgekommen wäre. Ich wünschte mir fast, daß wir eine Karambolage bekamen, aber dieser Wunsch erfüllte sich nicht.
    »Wir fahren bereits an einem Teil des Friedhofs vorbei«, erklärte sie mir.
    »Wenn du willst, kannst du hinausschauen. Dann siehst du die noch dunkleren Stellen.«
    Ich reagierte nicht, starrte nach vorn, bemerkte, daß der Golf in eine enge Kurve gezogen wurde und verfolgte die beiden Strahlen der Scheinwerfer, die gegen ein mir bekanntes Eisentor fielen, das den Haupteingang des Geländes bildete.
    »Aussteigen, John!«
    Susy hatte bereits die Tür geöffnet. Kalte Luft schwamm in das Fahrzeug, traf auch mich und riß mich aus meiner Lethargie. Ich öffnete die Tür an meiner Seite und schnallte mich erst dann los. Es dauerte etwas, bis ich die Beine aus dem Fahrzeug geschwungen und sie auf den Boden gestellt hatte.
    Schwerfällig stützte ich mich auf und mußte mich an dem mit Eis überzogenem Dach festhalten, so schwach war ich auf den Beinen. Susy ging um das Fahrzeug herum und blieb neben mir stehen. »Du bist wirklich einer der Schwächsten«, sagte sie mit einer abwertend klingenden Stimme.
    Ich starrte sie an. »Vielleicht war die Dosis bei mir höher.«
    »Das ist möglich.« Sie schob mich zur Seite und hämmerte die Beifahrertür ins Schloß. »Du wirst laufen müssen. Nicht sehr weit, aber wir müssen auf den Friedhof. Ist das klar?«
    »Ja.«
    »Dann komm mit.«
    Ich ging sehr langsam und mit schleichenden, schleppenden Schritten. Susy hatte meinen linken Ellbogen gefaßt. Sie schob mich mehr voran, als daß sie mich stützte. Unser Ziel war das große Tor. Es hob sich eisglitzernd aus der Finsternis ab. Dahinter lag das düstere Gelände des Friedhofs. Eine schweigende, kälteklirrende Welt der Toten. Susy hatte an alles gedacht. Sie besaß sogar den passenden Schlüssel, um das Tor öffnen zu können. Etwas Mühe hatte sie schon, es nach innen zu schieben.
    »Geh durch!«
    Ich schwankte ein wenig. Jeder Schritt kam mir vor, als würde ich den Fuß dabei ins Leere setzen. Ich hätte mich am liebsten hingelegt und geschlafen.
    Bei warmen Wetter wäre dies unter Umständen auch möglich gewesen, doch nicht bei der Kälte.
    Manchmal wehte mir auch dereisige Wind entgegen. Er fuhr in mein Gesicht, blies gegen die Augen, so daß sie anfingen zu tränen. Dagegen konnte ich einfach nichts machen.
    Susy schloß das Tor nicht wieder. Sie schob mich vor, und wir überquerten den breiten Platz vor einer Leichenhalle, die auch nicht eben klein geraten war.
    Die Toten redeten nicht. Deshalb empfing uns der Friedhof mit seiner nahezu unheimlichen Stille. Ich sah die kahlen Bäume, die wie Wächter neben den Gräbern standen,
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