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Verliebt, verlobt und eingesargt

Verliebt, verlobt und eingesargt

Titel: Verliebt, verlobt und eingesargt
Autoren: Jason Dark
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Höhlen wie blasse Kugeln.
    »Vernichten, John. Ich werde dich vernichten. Du mußt einfach sterben. Mutter wollte es so…«
    Ich ließ mich von den Worten nicht beeindrucken, sah aber, wie sie ihren rechten Arm zurückdrückte, um zu einem tödlichen Stich ausholen zu können.
    Da hatte ich das Kreuz frei!
    Es war schwer, die kalten Finger zu krümmen, aber es schaute plötzlich aus meiner behandschuhten Faust hervor. »Da!« schrie ich sie an. »Da ist es, was ich der Hölle entgegenstemme!«
    Stach sie zu?
    Wenn ja, kam ich nicht so schnell weg. Doch ich hatte Glück. Der Anblick des Kreuzes bannte sie. Sie blieb in der Bewegung erstarrt, und das Gesicht verzerrte sich, als würde sie unter großen Qualen leiden. Das gab mir Auftrieb.
    Ich ging auf sie zu. Mit unsicher wirkenden Schritten, doch ich wußte genau, was ich wollte. Und ich tat es!
    Über ihren Messerarm zuckte meine Hand hinweg. Das Kreuz jagte auf ihr Gesicht zu und traf die Stirn sowie einen Teil ihrer Nase. Es drückte sich in die weiche Haut ein, hinterließ ein Brennen und gleichzeitig einen stinkenden Rauch, der eine dunkle Farbe angenommen hatte. Susy selbst wankte zurück.
    Aus ihrem offenstehenden Mund drangen furchtbare Töne. Es war eine Mischung aus Weinen, Ächzen und Stöhnen. Dazwischen ein saugendes Pfeifen, als ob sie nach Luft schnappte, und dann prallte sie mit dem Rücken gegen den Grabstein, wo sie stehenblieb. War sie erledigt?
    Ich hoffte es, spürte wieder den eigenen Schwindel und konnte ihn überwinden.
    Mein Augenmerk galt Susy. Was sie dann tat, war so fürchterlich und grausam, daß ich niemals damit gerechnet hätte.
    Susy Parker zerstörte sich selbst.
    Sie faßte dorthin, wo mein Kreuz sie erwischt hatte. Und sie zog ihre Haut ab. Stück für Stück entfernte sie die Masse von ihrem Körper. Ich sah kein Blut, ich wollte auch nicht hinschauen, drehte mich ab, hielt den Arm jedoch so, daß mein Kreuz nach wie vor in ihre Richtung zeigte. Nur die fürchterlichen Geräusche nahm ich wahr. Ob es eine echte oder eine Kunsthaut war, hatte ich nicht feststellen können. Ich hörte nur, wie die einzelnen Stücke auf den Boden fielen. Vor meinen Lippen dampfte der Atem. In den Nasenlöchern spürte ich kleine Eiskristalle. Die Kälte war grausam und schlimm, aber längst nicht so grausam wie die fürchterliche Selbstverstümmelung der einst so schönen Frau. Die Mutter hatte von einem künstlichen Menschen gesprochen. Ein Mensch ohne Herz, der keine Liebe geben konnte. Kunstmenschen herzustellen, war etwas für den Teufel.
    Wahrscheinlich hatte er es auch hier geschafft. Ja, Susy war keine normale Frau gewesen, ein künstliches Geschöpf hatte mich in die teuflische Falle gelockt.
    Es wurde still.
    Ich ließ einige Sekunden verstreichen und hob erst dann den Kopf an. Zur Seite schielend, schaute ich auf Susy.
    Sie war nicht mehr da. Mein Blick fiel auf den leeren Grabstein. Davor lag das, was von Susy übriggebleiben war. Eine künstliche Masse, die aussah wie menschliche Haut.
    Es gab sie nicht mehr.
    Hinter meiner Stirn spürte ich das Hämmern. Leider brauchte ich eine Weile, bis ich die volle Tragweite dieser Tatsache begriff. Ich hatte gewonnen, Susy war…
    Nein, nur keine euphorischen Gedanken, denn noch jemand lag regungslos am Boden.
    Mein Helfer Sid Ferry!
    Ihn hatte Susy als letztes Opfer bekommen. Ich glaubte nicht daran, daß er den Messerstich überlebt hatte.
    Sehr langsam und mit wackligen Knien ging ich auf ihn zu, stützte mich mit einer Hand an der Grabsteinkante ab und wollte mich bücken, als ich die krächzende Stimme hinter dem Grabstein vernahm.
    »Nein, Susy, ich mag ihn nicht!«
    Es war die Mutter!
    ***
    Für einen Augenblick schien ich tatsächlich zu einem Eisblock zu werden. Heiß stieg es in meinem Innern hoch und drang bis tief in die Kehle hinein.
    War das möglich? Hatte ich nur eine Person erledigt und lebte die schlimmste noch?
    Ich trat vom Grabstein weg, weil ich es unbedingt herausfinden mußte. Steif lief ich den Weg, den ich gehen mußte. Hinter dem Stein hatte sich eine Nebelwand gebildet. Sie war allerdings schwächer geworden. Neben dem Stein blieb ich stehen und stieß beim nächsten Schritt mit der Fußspitze gegen etwas Hartes. Es war Sids Axt!
    Ich bückte mich und hob die Waffe auf. Sie war sehr schwer und wäre fast aus meiner Hand gerutscht. Nur mit Mühe hielt ich sie fest. Das Kreuz hatte ich in die Linke gewechselt.
    »Mutter!« schrie ich in die eisige Nacht hinaus.
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