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Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
Autoren: Alexey Pehov
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Kapitel
1
    »Ist dir auch nicht kalt, mein Mädchen?«, fragte der breitschultrige Priester lächelnd. Seine tiefe Stimme hallte mit dumpfem Echo von den Felswänden der Schlucht wider.
    »Ein bisschen schon, Bruder Lereck«, antwortete Algha, die sich alle Mühe gab, nicht allzu offenkundig zu zittern.
    Der Pelz, den sie nach ihrer Flucht aus dem Regenbogental einem Händler abgekauft hatte, sah zwar recht fadenscheinig aus, hielt jedoch erstaunlich warm. Von ihren Stiefeln und Fäustlingen ließ sich das leider nicht sagen, sodass ihre Finger bereits taub vor Kälte waren. Wenn sie doch bloß einen Zauber wüsste, der sie wärmte …
    Lereck sah sie mit gerunzelten Brauen an, stieß einen tiefen Seufzer aus und zügelte das Pferd.
    »Meloth sei mein Zeuge, aber wenn du dich weiterhin so stur stellst, bist du demnächst krank!«
    Daraufhin schob er polternd die Truhen auf dem Wagen hin und her, offenbar auf der Suche nach etwas. Eine der Kisten wäre beinahe auf Algha gekippt, die jedoch im letzten Moment zur Seite rückte.
    »Da ist es ja«, stieß der Priester zufrieden aus und reichte ihr ein eingerolltes Eselsfell. »Das hat mir jemand in Loska geschenkt. Ich wollte es schon wegschmeißen, doch da hat Meloth selbst mir in den Arm gegriffen. Und wie sich nun zeigt, aus gutem Grund. Damit dürfte deine Zitterei ein Ende haben.«
    »Vielen Dank.«
    »Gern geschehen, mein Mädchen«, erwiderte Lereck und griff nach den Zügeln. »Hü!«
    Der Wagen setzte sich wieder in Bewegung und rumpelte den gewundenen Bergpfad hinauf. Trotzdem meinte Algha, sie kämen seit Stunden nicht von der Stelle, denn obwohl sie bereits seit dem frühen Morgen unterwegs waren, hatten sie den Pass noch immer nicht erreicht.
    Der Wallach schleppte sich nur mit Mühe vorwärts, setzte die Hufe voller Bedacht und blieb häufig stehen, um neue Kraft zu sammeln.
    Dennoch war der Wagen besser als jeder Fußmarsch.
    »Was hättest du eigentlich gemacht, wenn ich dich nicht aufgelesen hätte?«, fragte Lereck.
    »Dann wäre ich nach Loska zurückgekehrt.«
    »Das wohl kaum«, murmelte er. »Du bist ein dickköpfiges Kind, das lese ich dir von der Nasenspitze ab. Deshalb wärest du ganz bestimmt weitergestapft. Und am Ende irgendwo erfroren.«
    »So kalt ist es nun auch wieder nicht.«
    »Ein Blick auf dich reicht aus, um vom Gegenteil überzeugt zu sein«, erwiderte Lereck lachend. »He, zieh nicht so ein Gesicht, ich wollte dich doch nicht beleidigen. Aber glaub mir, zu Fuß hättest du es nie bis Burg Donnerhauer geschafft. Dazu sind die Berge zu unwirtlich. Hier oben weht ein anderer Wind als unten in den Tälern.«
    Das stimmte. Weiter unten war es selbst jetzt noch recht warm, ging immer noch Regen nieder, kein Schnee. Hier oben jedoch … Nach Alghas Empfinden hatte sich der Herbst binnen weniger Stunden zum tiefsten Winter gewandelt.
    »Ihr wisst nicht zufällig, wie lange wir noch bis zur Burg brauchen?«
    »Das liegt allein in Meloths Hand. Aber vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die Burg auf keinen Fall. Morgen sieht die Sache dann schon anders aus.«
    »Können wir in dieser Gegend denn irgendwo über Nacht Quartier nehmen?«
    »Wir kommen bald zu einer Schenke. Hoffen wir, dass sich der Wirt nicht davongemacht hat.«
    Algha hüllte sich fester in den Pelz. Die lotrechten Felsen bedrängten die Straße, die hinauf zur Burg führte, von beiden Seiten. Wenige Büsche krallten sich förmlich in die Hänge, auf dem braun-grauen Gestein lag Schnee. Ein wehmütiges Gefühl stieg in Algha auf. Noch nie in ihrem Leben war sie durch eine Gegend gezogen, die eintöniger und bedrückender gewesen wäre.
    Während des Anstiegs begegnete ihnen keine Menschenseele. Von Norden wollte niemand nach Loska, und die letzten Flüchtenden gen Norden hatten die Täler vor einer Woche verlassen. Nur die dümmsten Menschen blieben, voller Hoffnung, ihnen werde schon nichts geschehen. Und auch diejenigen, die ohnehin nichts mehr zu verlieren hatten.
    Da Algha die letzten Menschen, die nach Norden gezogen waren, verpasst hatte, musste sie sich zunächst auf eigene Faust durchschlagen. Denn im Gegensatz zu allen einfachen Menschen, die vor den Feinden tatsächlich nichts zu fürchten hatten, musste sie sich vor ihnen hüten: Die Nekromanten würden niemanden entkommen lassen, der über den Funken gebot.
    »Woher bist du?«, nahm Lereck das Gespräch wieder auf. »Aus dem Süden?«
    Von ihrer Mutter, die tatsächlich aus dem Süden stammte, hatte Algha die
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