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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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nicht optimal an Peggy-Lee angepasst worden zu sein, doch das hatte der Arzt bestimmt im Blick.
    Sie ging in Richtung des Eingangs und drehte sich noch einmal um. Wo war der besagte Arzt eigentlich geblieben?
    »Warten Sie mal!«, rief sie den beiden Sanitätern zu, die mit der Trage vor dem Aufzug warteten.
    »Wollen Sie mitfahren?«, fragte der Sanitäter, als Linnea sie erreichte.
    Er lächelte und machte aus Spaß eine einladende Geste.
    »Sind Sie sicher, dass Sie die Richtige mitgenommen haben?«, sagte Linnea und zeigte auf die Trage.
    Dann riss sie hastig die Beatmungsmaske herunter.
    »He, was machen Sie denn da?«, rief der Sanitäter. »Sind Sie völlig durchgedreht?«
    Linnea stand mit der Maske in der Hand da und blickte auf die Trage herunter. Die beiden Sanitäter mussten dasselbe gedacht haben wie sie, als sie aus dem Wagen gesprungen waren: dass der Anästhesist schneller gewesen und bereits in die Notaufnahme gerannt war, um alles vorzubereiten. Doch weit gefehlt.
    Das entblößte Gesicht war nicht das der schwerverletzten Patientin, sondern das des Anästhesisten. Und seine schläfrigen Augen deuteten auf den Einsatz eines Beruhigungsmittels in großzügigen Dosen hin.
    »Verdammter Mist! Ist sie etwa abgehauen?«
    »Unmöglich, sie war doch völlig geschwächt nach dem Blutverlust. Man hatte ihr ein Messer in die Seite gerammt.«
    Linnea sah sich in alle Richtungen um, während die beiden Sanitäter versuchten, wieder etwas mehr Leben in den Mann auf der Trage zu bringen. Doch sie konnte nirgends etwas entdecken. An beiden Seiten befanden sich Eingänge zu den anderen Abteilungen der Klinik, neben der Rampe parkten Fahrräder, und überall waren Menschen, die das Gebäude betraten oder verließen. Nichts war also leichter, als hier zu entkommen. Und trotzdem hatte Linnea irgendwie das Gefühl, dass Peggy-Lee nicht in der Menge untergetaucht war. So schnell konnte sie gar nicht abgehauen sein. Es war an sich schon beeindruckend, dass es ihr irgendwie gelungen war, sich aufzurappeln. Obwohl sie ihre Schwäche anscheinend zu einem gewissen Grad nur gespielt hatte, musste sie dennoch ungewöhnlich robust sein, um diese Anstrengung mit ihren Verletzungen zu bewältigen. Und nicht zuletzt würde sie mit ihrer zerrissenen Kleidung und ihrem Verband um die große Bauchwunde Aufmerksamkeit erregen.
    »Jetzt rufen Sie doch endlich die Polizei!«, rief Linnea den Sanitätern zu. »Uns ist eine professionelle Killerin entkommen.«
    59
     
    A ls der Sanitäter endlich sein Handy in die Hand nahm, ging Linnea die Rampe entlang. Sie war lediglich von einem Drahtzaun abgegrenzt, der nur ein leichtes Hindernis darstellte, und dahinter lag der Fælledpark. Am Abend kamen noch viele Leute hierher, die sich mit ihren Einweggrills und Bierdosen überall auf den großen Rasenflächen niederließen. Der Park wäre jedenfalls der Ort, an dem Linnea selbst am ehesten Unterschlupf suchen würde, um in der Menge unterzutauchen. Mit dem auffälligen Verband würde das für die Killerin jedoch schwierig werden.
    Einer Eingebung folgend, ging sie stattdessen zurück zum Rettungswagen, dessen eine Tür immer noch weit offenstand. Sie kletterte hinein. Die Flasche mit dem Lachgas lehnte direkt neben der Tür, und etwas weiter hinten stand der offene Behandlungskoffer, in dem die Kompressionsverbände ganz oben lagen. Daran hatte garantiert reichlich Bedarf bestanden. Aber das war es nicht, was sie dazu veranlasste, noch tiefer in den Rettungswagen hineinzugehen.
    Sie duckte sich, um unter den Regalen und Schränken mit Wiederbelebungsausrüstung und Defibrillatoren hindurchzugehen. Ganz hinten lag eine graue, nicht ordentlich zusammengelegte Decke auf dem Boden, so als wäre sie auf den Boden gezogen worden, um etwas zu verbergen.
    »Oder jemanden«, murmelte Linnea vor sich hin.
    Sie drehte sich um, um den Wagen wieder zu verlassen. Es war schwierig zu sagen, wohin Peggy-Lee verschwunden war. Aber alles deutete darauf hin, dass sie irgendwann während der Fahrt den Anästhesisten überwältigt und auf die Trage gelegt hatte, nachdem sie ihn ruhiggestellt hatte. Mit einer gewaltigen Dosis Schmerzmittel, von dem es hier genug geben musste. Und anschließend hatte sie sich unter der Decke versteckt, während die nichtsahnenden Sanitäter ihren Kollegen aus dem Wagen gehoben und ihn davongeschoben hatten. Dann musste sie aus dem Rettungswagen gesprungen und spurlos verschwunden sein.
    Linnea kramte mit der einen Hand in der Tasche
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