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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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sich jemand in dem Raum aufhielt, der direkt dahinterlag. Er schob das Tor ein Stückchen auf, bis er sich hindurchzwängen konnte. Dabei stieß er mit dem Rücken dagegen, wodurch es weiter aufging und dabei laut knarrte.
    Leise fluchend sprang er zur Seite und drückte sich gegen die Wand. Bei geöffnetem Tor war der ganze Raum erleuchtet. Direkt neben dem Eingang standen lediglich einige Umzugskartons, die vermutlich gerade abgeladen worden waren. Er hob die Pistole in Hüfthöhe und bewegte sich langsam auf die offene Tür am Ende des Raums zu, die weiter ins Lager hineinführte und neben dem Tor der einzige weitere Zugang zum Raum war. Er stellte sich direkt neben den Türrahmen und presste sich gegen die Wand.
    Er hielt die Pistole in der ausgestreckten Hand. Der Schweiß rann ihm in Strömen von der Stirn. Hastig wischte er ihn sich mit dem Handrücken weg.
    Dann zählte er erneut bis drei und stürmte in den Raum.
    56
     
    I hre Haut war bereits wund, aber durch das stramme Klebeband waren ihre Glieder so taub, dass sie kein Gefühl mehr dafür hatte, wie stark sie blutete. Der Betonboden war rau wie Sandpapier. Dadurch war es Linnea gelungen, das Band, mit dem ihre Hände gefesselt waren, teilweise aufzuscheuern.
    Da ein direkter Fluchtversuch mit ihren Fesseln aussichtslos schien, hatte sie sich auf den Rücken gerollt und sich darauf beschränkt, ihre Hände gegen den Boden zu reiben. Sie hatte die Zähne zusammengebissen, als allmählich auch die Haut in Mitleidenschaft gezogen wurde und die Wunden an ihren Handwurzeln immer tiefer wurden. Aber schließlich riss das Klebeband tatsächlich ein Stück ein. Nicht genug, um die Hände zu befreien, doch immerhin so viel, dass sie die Finger an beiden Händen bewegen konnte.
    Anschließend war Linnea seitwärts auf dem Boden entlanggerobbt und hatte sich dabei auch noch die Haut an den Ellbogen und Knien abgeschürft. Irgendwann konnte sie sich endlich so weit bewegen, dass sie mit den Fingern an ihre Tasche gelangte. Sie konnte sie problemlos öffnen. Die Hände hineinzustecken und an den Inhalt zu kommen war allerdings schwieriger. Hinzu kam die Angst über das, was nebenan passierte. Die Geräusche, die zu ihr herüberdrangen, wurden immer unheimlicher. Wer auch immer von den beiden den Kampf gewann, würde sich garantiert als Nächstes Linnea vornehmen.
    Endlich fand Linnea, was sie suchte. Sie unterdrückte einen kleinen Jubelschrei und gleich im nächsten Moment einen entnervten Seufzer, denn sie hielt nicht ihr Pfefferspray in der Hand, sondern lediglich einen Deozerstäuber. Dabei hatte sie ihre ganze Hoffnung darauf gesetzt, wenigstens eine Waffe zu ihrer Verteidigung zu haben. Frustriert kippte sie den gesamten Inhalt der Tasche auf den Boden und durchwühlte ihn. Doch Fehlanzeige, kein Pfefferspray.
    Erst war sie resigniert, griff dann aber doch nach dem Deo. Anschließend durchsuchte sie den Tascheninhalt fieberhaft noch einmal, bis sie triumphierend ein Einwegfeuerzeug in der Hand hielt, das sie sich kürzlich zusammen mit den Zigaretten gekauft hatte. Unter großen Mühen gelang es ihr, das Deo in der einen Hand zu halten und das Feuerzeug in der anderen. Dann schmiss sie sich auf die Seite.
    Wenn sie jetzt nur keinen Krampf in den Fingern bekäme, wäre sie zumindest ein wenig gewappnet, wenn die Siegerin des Kampfes nebenan die Tür öffnete, um ihr den Garaus zu machen.
    Gut möglich, dass ihre Erfolgsaussichten nicht gerade rosig waren, aber dieser improvisierte Flammenwerfer würde ihre Chancen doch immerhin etwas erhöhen.
    *
    Thor stand im Türrahmen und hatte den Eindruck, der ganze Raum wäre mit Blut verschmiert.
    Er ließ seine Pistole sinken und versuchte, den Anblick zu verarbeiten, der sich ihm bot. Er begriff nicht, warum er das Blut nicht schon von weitem gerochen und nur diesen einen Schrei gehört hatte.
    Dann presste er die Finger der linken Hand auf die Augen, merkte, wie es schwarz wurde, und versuchte sich erneut zu konzentrieren. Er stand in einem Gang. Rechts führte eine geöffnete Tür zum eigentlichen Lagerraum, weiter vorn zu einer anderen Tür auf der linken Seite. Sie musste zu dem Raum mit dem Fenster gehören, durch das er von außen hineinzusehen versucht hatte. Und in dem Raum, in den er gerade hineinblickte, lagen zwei Personen in einer tödlichen Umarmung verschlungen.
    Die oben liegende Gestalt erkannte er als Alexandra Neergaard wieder. Er konnte nicht sehen, ob nur ihre Haare blutverklebt waren oder ob sie
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