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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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nach ihrem Handy und versuchte mit der anderen, den Sanitäter herbeizuwinken. Sie wollte ihn gerade rufen, als sie von hinten einen Stoß versetzt bekam.
    Sie fiel mit dem Kopf gegen die Innenwand des Krankenwagens und stöhnte auf, als ihr ohnehin schon schmerzender Kopf auf dem Seitenfenster aufschlug.
    Sie wurde noch einmal gestoßen und sank unter dem Schmerz der Kopfwunde, die erneut aufgeplatzt war, zusammen.
    Als sie nach dem Lachgas greifen wollte, um sich zu wehren, sah sie ihre Angreiferin.
    »Diese Sache geht dich nichts an.«
    Es war Peggy-Lee, die sie auf Amerikanisch anfauchte. Sie trug die gelbe Jacke des Anästhesisten und hatte ein Skalpell in der Hand, das sie nun unter Linneas Kinn hielt. Sie starrte ihr direkt in die Augen.
    Linneas Pupillen weiteten sich, doch sie brachte keinen Ton hervor. Sie spürte das Skalpell an derselben Stelle auf ihrer Haut wie nur wenige Stunden zuvor das Messer. Peggy-Lee musste genau in dem Moment versucht haben, den Rettungswagen zu verlassen, als Linnea dort hineingeklettert war. Sie hatte zusammengekauert in der rechten Ecke unter den Schränken gehockt, wohl wissend, dass es nur eine Frage von Sekunden war, bis Linnea sie entdecken würde.
    Peggy-Lee streckte nun ihre andere Hand aus, in der sie eine Kompressionsbinde hielt. Sie öffnete weit ihren Mund, um Linnea zu bedeuten, dasselbe zu tun, und stopfte ihr dann die Binde tief hinein. Erneut fixierte Peggy-Lee Linneas Augen. Linnea hatte das Gefühl, in einen endlosen schwarzen Abgrund zu schauen.
    Dann krabbelte sie auf allen vieren aus dem Rettungswagen und warf von außen die Tür zu.
    Linnea riss sich sofort die Kompressionsbinde aus dem Mund. Sie spuckte zornig aus, rannte zur Tür und zerrte sie auf.
    »Sie ist geflüchtet!«, rief sie den beiden Sanitätern zu.
    Die beiden starrten sie nur verständnislos an. Natürlich hatten sie von alledem nichts mitbekommen. Erst als Linnea dasselbe noch einmal rief, kam endlich Bewegung in die Männer. Erschöpft setzte sich Linnea auf den Boden des Rettungswagens, und die Anspannung nach den Anstrengungen und dem Schock fiel von ihr ab. Langsam rappelte sie sich wieder auf und stieg aus dem Wagen. Sie glaubte nicht daran, dass es ihnen gelingen würde, Peggy-Lee zu fangen. Diese Frau war nicht nur professionell, sondern auch derart willensstark und kaltblütig, dass sie anscheinend immer und überall entkam und überlebte.
    Linnea holte ihr Handy hervor und scrollte nach Thors Nummer. Aber im selben Moment kam ein Anruf. Sie nahm ihn an, noch ehe das Telefon geklingelt hatte.
    »Das ging ja schnell«, meinte Thor.
    »Ich konnte sehen, dass du es warst.«
    »Hat man dir schon von Alexandra Neergaard erzählt?«
    Linnea verneinte und ging weiter zum Zaun vor dem Fælledpark.
    »Sie ist gestorben, kaum dass sie im Krankenhaus eingetroffen ist. Die Ärzte sagen, es ist ein Wunder, dass sie überhaupt noch so lange gelebt hat. Bist du noch da?«
    Aber Linnea antwortete nicht. Das musste warten. Alles konnte warten. Sie konnte nur noch in die Ferne starren, zu den vielen Menschen drüben im Park, ohne sie richtig wahrzunehmen. Direkt auf der anderen Seite des Zauns genossen die Menschen den Sommerabend und hatten Spaß – und schienen dennoch so weit weg.
    60
     
    A nschließend wusste Jonas nicht mehr, wie er Firaz gequält hatte, was er eigentlich genau getan hatte. Aber er erinnerte sich noch an die Schreie des Dolmetschers und an seine eigene Blutrünstigkeit, die er nie zuvor so stark erlebt hatte wie in jenem Moment, als sie vor dem Erdloch standen, aus dem er und Lex in größter Eile die Waren ausgegraben hatten. Und er erinnerte sich an Firaz’ Gesicht, als er endlich unter dem Druck zusammenbrach und mit blutigen Lippen einen Namen flüsterte.
    Lex sah auf seinem Handy nach und nickte Jonas zu. Und dann kam der Augenblick, den Jonas in Gedanken immer wieder durchlebte, der Augenblick, wo er diesem kleinen Schurken eine letzte Demütigung verpassen wollte – ihn dazu bringen wollte, sich vor Schreck in die Hosen zu machen, so wie der Junge in Basra, nachdem Firaz ihn denunziert hatte. Ihn so sehr zu brechen, dass er es nie wieder wagen würde, sie zu belästigen.
    Jonas riss den Kopf des Dolmetschers an den Haaren nach oben. Er sah ihm tief in die Augen und drückte die Pistole an seine Schläfe.
    »Say good bye, Firaz, my man.«
    Firaz’ dunkle Augen wurden vollkommen schwarz vor Angst.
    Jonas blickte hinein und drückte den Abzug.
    Auf der Fahrt nach
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