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Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)
Autoren: Alix Rickloff
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geschwächt, und Sabrina hatte es nur nicht sehen wollen?
    »Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied, mein Kind.«
    Sie klang so sicher, so überzeugt. Und warum sollte sie es auch nicht sein? Schwester Ainnir war vermutlich schon hier gewesen, als der erste Stein gelegt worden war, oder zumindest erweckte sie diesen Eindruck. Sie strahlte unfehlbare Weisheit aus und unermüdliche Kraft. Schwester Ainnir hatte schon immer existiert und würde auch weiter leben. Wie alles hier. Die Gebäude. Die grau gewandeten Schwestern. Die Kapelle. Das langsame Geläut der volltönenden Glocken.
    Das war es, was Sabrina an dem Orden liebte. Das Gefühl der Ewigkeit in den mit Mörtel zusammengefügten Steinen, der immer gleichbleibenden Ewigkeit, als wäre die Zeit innerhalb der Mauern des Klosters stehen geblieben. Als könnte nichts die Heiligkeit und Sicherheit dieses Ortes durchdringen. Gerade diese Aura von Unvergänglichkeit war es, die Sabrina an einem Leben als bandraoi -Priesterin gereizt hatte.
    Als die Veränderung wie eine Sturmwelle über Sabrinas wohlgeordnete Welt hereingebrochen war und alle, die sie gekannt und geliebt hatte, in einer Flut von Blut und Tränen untergegangen waren, waren die Schwestern des Hohen Danu zu einem Hafen vor dem Sturm geworden, zu einer Quelle der Ruhe, Beständigkeit und Sicherheit.
    Erst vor Kurzem hatte Sabrina das immer gleichbleibende Fortschreiten der Zeit bisweilen als monoton und die starren Ordensregeln als frustrierend zu empfinden begonnen. Doch diese Empfindungen waren selten und wurden gleich verdrängt, sobald sie sich bemerkbar machten. Sabrina wusste, wohin sie gehörte. Und das war kein anderer Ort als dieses Kloster.
    Sie stiegen die Treppe hinauf zu Schwester Ainnirs Zimmer, aus dem ihnen ein Hauch angenehm duftender Luft und die Wärme eines munter brennenden Kaminfeuers entgegenschlugen.
    »Von hier aus schaffe ich es allein. Sie können wieder gehen, Sabrina. Versuchen Sie, sich ein wenig auszuruhen. Wir können heute Nacht nichts weiter für ihn tun, als bei ihm zu wachen«, sagte Schwester Ainnir.
    Sabrina lächelte. »Danke, Schwester! Für alles.«
    Die Priesterin bedeckte Sabrinas Hand mit ihrer. Die Klarheit ihrer grauen Augen verriet nichts von ihrer körperlichen Schwäche, sondern höchstens eine unermüdliche, eiserne Energie, die durch Sabrinas Haut in ihre Knochen, Sehnen und Muskeln drang und ihre Kraft erneuerte, obwohl das Einzige, was ihr Körper sich im Augenblick ersehnte, Schlaf war.
    »Ihre Gründe, zu uns zu kommen, mögen ihren Ursprung in dem Bedürfnis haben, einer schmerzlichen Vergangenheit zu entfliehen, doch haben Sie hier nicht auch ein Heim gefunden?«, fragte Schwester Ainnir. »Eine Schwesternschaft in allem bis auf den offiziellen Titel?«
    »Ja, das habe ich. Dieses Leben ist alles, was ich jemals wollte. Ich habe mich hier immer wohler gefühlt als bei dem gezierten, wichtigtuerischen Gehabe der gesellschaftlichen Elite. Hier kann ich sein, wie ich bin, und muss nicht versuchen, in jemand anderes Form zu passen.«
    »Was kümmern Sie denn dann noch die Brighs dieser Welt?«
    Sabrina lachte. »Sie lassen es so einfach klingen.«
    Die alte Frau gab Sabrina einen Stups unters Kinn, als wäre sie ein Kind. »Wenn es einfach wäre, würden Scharen junger Frauen an unserer Tür anklopfen, um hereinzukommen. Es ist gerade das Schwierige des Lebens hier, was das Gesindel fernhält.«
    Wo war Lazarus? Ein versäumtes Treffen und nicht einmal ein erklärender Brief. Kein einziger aufschlussreicher Hinweis, wo er stecken könnte.
    Máelodor versuchte, ihn auf geistigem Wege zu erreichen, eine telepathische Verbindung zu ihm aufzubauen, aber seine suchenden Gedanken fanden nichts, so weit er sie auch auszustrecken wagte. Nur eine leere, widerhallende Stille, einen eisigen, endlosen Abgrund, der immer weiter abfiel, bis Máelodor schon fast der Schädel platzte von dem Druck. Schließlich ergab er sich der Schwäche seines Körpers und beschloss, etwas zu essen, sich auszuruhen und die Suche nach seinem durch Magie erzeugten Domnuathi am nächsten Morgen wieder aufzunehmen. Er mochte Tod am anderen Ende ihrer kaum noch bestehenden Verbindung spüren, aber das war irreführend. Denn solange Máelodor lebte, blieb auch Lazarus am Leben.
    Und Máelodor würde ihn finden. Es war nur eine Frage der Zeit.
    Die ganz und gar auf seiner Seite war.
    Er wuchtete sich aus dem Sessel hoch, um mühsam zum Fenster hinüberzuhumpeln. Seine Prothese scheuerte
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