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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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Kuppler machen? Das ist ein starkes Stück, Madam. Dass mein Ruf nicht der beste ist, weiß ich, aber noch nie hat man von mir verlangt, als Zuhälter zu fungieren!“
    „Entschuldigen Sie vielmals, ich wollte Sie nicht beleidigen“, murmelte sie kleinlaut.
    „Noch dazu ist sie Jungfrau“, murmelte er und griff mit bebenden Fingern nach dem Brandy. Als er sah, dass sie der Bewegung folgte, fragte er. „Möchten Sie ein Glas?“
    „Nein, danke. Ich nehme keine geistigen Getränke zu mir.“
    „Es verblüfft mich allerdings, dass Sie mir in stocknüchternem Zustand einen so hirnverbrannten Vorschlag machen. Davon abgesehen kommt für mich in der Stellung, die Sie anstreben, keine Antialkoholikerin in Betracht.“
    Sie reckte energisch das Kinn. „Dann schenken Sie mir ein Glas ein, Sir, denn ich versichere Ihnen, mein Ersuchen ist ernst gemeint. Zwar würde ich Sie allen anderen vorziehen, da ich Sie sehr bewundere, aber ich werde auf jeden Fall jemanden finden, der mich bereitwillig nimmt.“ Sie ließ den Kopf hängen und flüsterte: „Jemand muss mich doch wollen, so schlimm kann ich doch nicht sein. Aber was auch kommt, nach Hause werde ich nicht wieder gehen.“
    Er goss Brandy in sein Glas und fügte ein paar sorgfältig abgezählte Tropfen aus einem Fläschchen hinzu, das er aus der Tasche gezogen hatte, dann mischte er den Inhalt, indem er das Gefäß ein wenig schwenkte.
    Sie sah interessiert zu und fragte: „Was ist das?“
    „Das muss Sie nicht interessieren. Von Zeit zu Zeit brauche ich Laudanum, um zur Ruhe zu kommen, und ehrlich gesagt könnte Ihr Betragen auch jemanden beunruhigen, der stärker als ich ist.“
    Sie lachte. „Was könnte Sie denn beunruhigen? Sie scheinen mir von außerordentlich stetiger Natur. Wenn Sie so arg sind, wie Sie behaupten, dürfte eine Frau in Ihren Gemächern für Sie nicht allzu beängstigend sein.“
    Sein Atem ging schwer, als sie dichter an ihn herantrat. Natürlich hatte sie recht. Nichts war beängstigend daran, eine Frau, weich und willig, in den Armen zu halten. Und die Nächte machten ihm weniger zu schaffen, wenn er nicht allein war.
    Mit leiser Stimme sagte sie: „Wie Sie mir deutlich machten, sollte ich vor Ihnen Angst haben, denn Sie wissen, was mir heute Nacht widerfahren würde, wohingegen ich von dem, was zwischen Mann und Frau passiert, nur aus heimlichem Getuschel weiß.“
    Als sie dicht an ihn herantrat, stand er wie angewurzelt und betrachtete sie fasziniert. „Stimmt es“, fragte sie, zu ihm aufblickend, „dass es genüsslich und schmerzhaft zugleich ist? Wie kann das sein, frage ich mich. Schmerzen kenne ich nur zu gut, Genuss jedoch gar nicht.“
    Genuss konnte er ihr sicherlich verschaffen, wenn sie denn danach strebte. Es war spät, sie waren allein, niemand würde die junge Dame hier suchen. Er konnte ihr geben, was sie wollte, und sie ungesehen nach Hause schicken. Das Angebot lag ihm auf der Zunge, doch er sprach es nicht aus. Als sie so nahe kam, dass der Stoff ihres Kleides seine Hemdbrust streifte, brachte er es auch nicht über sich, zurückzutreten.
    „Da Sie ja, wie Sie sagten, Offizier und Ehrenmann sind, hoffe ich, dass Sie meine Unerfahrenheit berücksichtigen und möglichst sanft vorgehen, denn ich muss gestehen, dass ich nun, wo es so weit ist, ein wenig Angst habe. Wahrscheinlich bin ich nicht weniger beunruhigt als Sie.“
    Urplötzlich riss sie ihm das Glas aus der Hand und leerte den gesamten Inhalt auf einen Zug. Sie hustete, Tränen schossen ihr ob des scharfen Getränks in die Augen, dann stellte sie das leere Glas sorgsam auf einem Tischchen ab, ehe sie sich auf dem ein paar Schritt entfernt stehenden Sofa niederließ und den Kopf an das Polster lehnte.
    „Du lieber Himmel, Miss Canville.“ Verzweifelt ließ er die Arme sinken, er glaubte noch die Wärme ihres Körpers zu spüren. Im Geiste schimpfte er sich einen Narren; er hatte nur die willige Frau gesehen, ihren scharfen, listig planenden Verstand jedoch nicht bemerkt, hatte ihn auch bei einer so jungen Frau nicht vermutet. Nun hatte ihn dieses unerfahrene Ding überlistet.
    Mit seinem schönsten verführerischsten Lächeln beugte er sich zu ihr und sagte: „Also gut, wenn Sie darauf bestehen, Ihren Wunsch durchzusetzen! Da diese Erfahrung für Sie ein wenig schmerzhaft sein könnte, ist es sicher für uns beide einfacher, wenn wir warten, bis Sie durch das Laudanum ganz ruhig und entspannt sind.“
    Mit großen angsterfüllten Augen sah sie ihn an.
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