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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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Portugal solltest du wissen, dass ich allein zurechtkomme.“
    Der Diener ging hinaus, und Radwell warf sich in einen Sessel und starrte ins Feuer. Ha, ein ruhiger Abend! Ein langweiliger Abend. Aber mehr konnte man sich eben mit leerer Börse nicht erlauben. Schon längst war er nicht mehr kredit würdig, und wenn er zu White’s ging, würde er seine Schulden beim Spiel eher vergrößern, als dass er gewann und sein Sä ckel füllte.
    Doch einmal musste ja das Glück sich ihm zuneigen. Es war ihm sogar so gut wie versprochen – wenn er sich nichts mehr zuschulden kommen ließe. Als er bei Hofe vorgestellt wurde, um seine Auszeichnung entgegenzunehmen, hatte der Prinzregent angedeutet, dass mit reichem Lohn rechnen könne, wer seinem Lande so gut gedient hatte, vorausgesetzt, man sei imstande, sich in der Gesellschaft zu bewegen, ohne sich selbst oder seinen Gönner in Verlegenheit zu bringen. Wie hatte er sich doch geäußert?
    „Wenn Sie die Attacken der Franzosen überstehen konnten, müssen Sie auch eine Londoner Saison überstehen können, ohne dass ein eifersüchtiger Ehemann oder Ihr eigener Bruder Sie wegen skandalösen Betragens erschießen will. Halten Sie sich aus Schwierigkeiten heraus. Der Earl of Stanton geht auf die achtzig zu und hat keinen Erben. Ein schönes Stück Land ist mit dem Titel verbunden, und ich möchte ihn jemandem weitergeben, der sich der Ehre würdig erweist.“
    St John Radwell, Earl of Stanton. An Abenden wie diesem, wenn die alten Gewohnheiten lockten, sprach er sich diese Worte immer wieder vor. Aber noch war er kein Earl und wür de nie einer sein, wenn er wieder einen Skandal entfachte oder gar ein Erbe verspielte, ehe es ihm übereignet wurde. Er sollte sich besser eine Weile vorsehen. Immer wieder sagte er sich, dass er ein respektables Mitglied der Gesellschaft war, ein verdienter ehemaliger Offizier, der nur noch das geruhsame Landleben im Sinn hatte. Für den Taugenichts, als der er, der Bruder des Duke of Haughleigh, sich bisher erwiesen hatte, würde es keine Belohnung geben, nicht, solange er von fremdem Geld lebte und sein Sündenregister lang genug war, um ihn für immer vom Familienbesitz zu verbannen.
    Er seufzte. Nach fünf Jahren in Portugal und Spanien fehlte ihm sein Zuhause und, wie er feststellen musste, sogar sein Bruder, was er nie für möglich gehalten hätte. In den Stunden vor einer Schlacht hatte er oft an all das gedacht, was er, sollte ihn der Tod ereilen, seinem Bruder und dessen Frau Miranda nie mehr würde sagen können. Allerdings war er entgegen seinen Erwartungen immer mit heiler Haut davongekommen, auch wenn er es oft für unverdient gehalten hatte. Also gab es wohl immer noch die Chance, sich mit seiner Familie zu versöhnen.
    Vermutlich würden seine Entschuldigungen sogar echter klingen, wenn er mit einem Titel und eventuell gar mit einer Gattin an seiner Seite auf Haughleigh erschien. Natürlich war er nicht erpicht darauf, zu heiraten, aber es wäre nicht zu umgehen. Er würde einen Erben brauchen, außerdem wäre eine eigene Familie der Beweis dafür, dass er die Ehe seines Bruders nicht mehr gefährdete und dass die alten Rivalitäten wegen der Nachfolge auf Haugleigh für immer begraben waren.
    Aber darüber musste er sich jetzt noch nicht den Kopf zerbrechen; diese Pläne würden möglicherweise erst in Jahren Frucht tragen, besser, man wünschte es nicht zu sehr. Damit seine Skandale und sein schlechter Ruf in Vergessenheit gerieten, musste er noch viele ruhige Abende daheim verbringen, und da er der launenhaften und viel zu kostspieligen Cara den Laufpass gegeben hatte, auch ganz ohne weibliche Zerstreuung.
    Selbstverständlich hätte der alte Radwell seinen Bruder gebeten, ihm über die Flaute hinwegzuhelfen, hätte seinen geläuterten Charakter als Gewähr angeführt. Der Gedanke erheiterte ihn derart, dass er laut auflachte.
    Hinter ihm hüstelte jemand.
    „Ja, Toby?“
    „Es ist Besuch gekommen, Sir. Eine Dame.“
    „Eine Dame?“ Bestimmt keine Dame, wenn sie zu dieser Zeit Besuche machte. Allerdings ließ Tobys Tonfall keine Interpretation zu. „Führ sie herein. Und bitte bring den Brandy doch noch.“
    Radwell las Missbilligung in der Haltung seines Dieners, weil er die Dame hier in seinem Salon empfangen wollte. Aber wer sie auch war, sie musste sehr genau wissen, auf was sie sich eingelassen hatte. Ihr Ruf schien ihr nicht wichtig zu sein, und Toby war sehr wohl in der Lage, den Mund zu halten.
    Kurz darauf öffnete
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