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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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„Tun Sie, was Ihnen gefällt. Ich bin bereit.“
    Wie abscheulich er sich fühlte, weil er eben noch eine kühne Verführerin in ihr gesehen hatte! Dabei fürchtete sie sich schrecklich vor dem, was ihr geschehen sollte, und dass er ihr Angebot tatsächlich einen Augenblick in Erwägung gezogen hatte, bewies, dass seine Seele so schwarz war, wie man behauptete. Er setzte sich neben sie auf das Sofa und ergriff ihre Hand. „Warten wir noch ein wenig.“
    Er beobachtete sie. Ihre Glieder lockerten sich, und der Brandy brachte Farbe in ihre Wangen. „Wie lange denn? Wann spüre ich die Wirkung?“ Ihr Atem ging langsamer, sie fuhr mit der Zunge über ihre geöffneten Lippen. Zu seiner Schande spürte er, wie sein Körper darauf reagierte.
    Als das Laudanum zu wirken begann, wurde ihre Hand in der seinen schwerer, und er drückte sie ermutigend. „Bald.“
    „Gut. Ich glaube, Sie haben recht. So wird es leichter sein.“ Esme schüttelte leicht den Kopf und lächelte. „Ach, wie seltsam, ich kann meinen Körper kaum noch spüren. Wie schön es ist, nichts mehr zu fühlen.“
    Er lächelte zustimmend. „Wie gut Sie verstehen, Kleines.“
    Die Augen schließend murmelte sie: „Wenn Ihr Fläschchen in meinem Besitz gewesen wäre, ehe ich herkam, hätte das hier wohl nicht sein müssen. Allerdings bezweifle ich, dass mir ein paar Tropfen genügt hätten. Ich hätte es wahrscheinlich ganz geleert.“ Mit diesen Worten sank ihr Kopf zur Seite, sie war in tiefen Schlaf gesunken.
    Radwell zwang sich zur Ruhe; am liebsten wäre er wie ein Tier im Käfig in der großen, mit Marmor ausgelegten Halle umhergetigert. Überall sonst wäre er zuvorkommend in einen Empfangssalon geführt worden; allerdings war er auch nirgends so verhasst wie hier. Außerdem war er noch nie zu so später Stunde und mit einem so ungewöhnlichen Problem hier eingetroffen.
    Der Butler erschien wieder, gefolgt von der Hausherrin. Als sie ihn sah, sagte sie leise, in warnendem Ton: „Radwell.“
    „Miranda.“ Er verneigte sich tief. Fünf Jahre hatte er sie nicht gesehen, seitdem war sie noch schöner geworden. Die Ehe schien ihr zu bekommen. Kurz flammte Neid in ihm auf, doch er verdrängte das Gefühl. Sie war glücklich mit seinem Bruder, wie er es ihr gewünscht hatte und wie sie es verdiente. Er hatte nicht vor, ihr das zu zerstören.
    „Wie viel?“ Sie sprach kühl und geschäftlich.
    „Wie bitte?“
    „Wie viel brauchst du? Damit du rasch wieder verschwindest. Denn auf mein Wort, dieses Mal werde ich dich nicht schützen können, wenn Marcus merkt, dass du hier bist.“
    „Und wie geht es meinem Bruder?“
    „Gut“, antwortete sie impulsiv, „und den Kindern auch.“
    „Mein Neffe und meine Nichte.“ Er lächelte, während er die ungewohnten Worte sprach. „Ich hätte dir gerne dazu gratuliert, war mir damals jedoch nicht sicher, ob die Glückwünsche willkommen wären.“
    Sie schüttelte missbilligend den Kopf. „Unwillkommen, wie du genau weißt. Aber du bist zu dieser vorgeschrittenen Stunde nicht hier, um dich nach unserem Befinden zu erkundigen. Sag, wie viel brauchst du?“
    Er schnaubte unwillig. „Ich muss leider zugeben, dass mein Problem nicht durch Geld zu lösen ist.“ Er trat einen Schritt zur Seite, sodass das Bündel auf der Bank neben dem Portal ins Blickfeld kam.
    Miranda eilte zu dem Mädchen, schlug den Umhang zurück, in den es gehüllt war, und strich über seine Wangen. Dann tastete sie nach dem Pulsschlag an seiner Kehle. Auffahrend rief sie: „Ach, du lieber Gott, was hast du ihr getan?“
    „Nichts, ich schwöre es. Sie ist nur betäubt. Aber unberührt. Bei meiner …“ Er brach ab. Bei seiner nicht vorhandenen Ehre zu schwören, war hier in diesem Hause wohl mehr als sinnlos. „Bei Marcus’ Ehre, sagen wir besser, der Schwur hat wenigstens Wert für dich. Ich habe sie hergebracht, weil mir kein Ort einfiel, der respektabler wäre. Vor heute Abend kannte ich die junge Dame kaum. Plötzlich stand sie auf meiner Schwelle und bot mir an … ich wage es vor einer Dame kaum zu wiederholen.“
    Skeptisch hob Miranda eine Braue.
    „Offen gesagt, sie bot mir an, meine Mätresse zu werden. Und sie bestand verflixt stur darauf. Sagte, wenn ich sie nicht nähme, würde sie einen anderen finden, aber sie könnte nicht wieder zurück nach Hause gehen. Ehe ich es verhindern konnte, schluckte sie das Laudanum. Ich schwöre dir, es war rein zufällig. Als das Mittel dann zu wirken begann und sie ihre Worte
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