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Verfuehr mich

Verfuehr mich

Titel: Verfuehr mich
Autoren: Noelle Mack
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Schulter. »Danke für die Führung, Earl.«
    »Kein Problem, Boss«, erwiderte der große Mann etwas zu laut – er hatte immer noch die Stöpsel in den Ohren. Earl nickte Bliss zu und schlenderte dann gemächlich den Flur entlang. Sie schob den zusammengerafften Overall bis auf ihre Hüften herunter und fragte sich, ob sie ihn einfach zu Boden fallen lassen und heraustreten sollte. Die junge Frau hatte das ungute Gefühl, dabei stolpern zu können.
    »Brauchen Sie eine Schulter zum Anlehnen?«, fragte Jaz fürsorglich.
    Natürlich brauchte sie eine Schulter. Eine zum Abstützen und eine, an der sie sich ausweinen konnte. »Nein, danke«, erwiderte sie und hielt sich mit einer Hand an der Wand fest. Als sie den Overall losließ, fiel er ihr bis auf die Knöchel herunter. Bliss musste sich sehr abmühen, ihren Fuß aus dem Stoffberg zu befreien und verlor dabei prompt einen Schuh. Nachdem sie mit dem unbeschuhten Fuß aus dem Overall herausgetreten war und dann den zweiten Fuß befreien wollte, blieb auch dieser Schuh im Overallhosenbein stecken.
    Jaz bückte sich und zog die Schuhe mit der linken Hand heraus, während Bliss sich weiter an der Wand abstützte. Er schien eine Menge Übung darin zu haben, Frauen ihre High Heels zu reichen, nachdem sie sie ausgezogen hatten.
    Bliss schluckte, denn vor ihren Augen stieg unmittelbar das Bild seines Schlafzimmers auf, dessen Fußboden mit Cocktailkleidchen und Nimm-mich-Schuhen übersät war. So wie er sie von oben herab anlächelte, fiel es ihr nicht schwer, sich vorzustellen, wie er groß, muskulös und splitternackt auf einem übergroßen Bett lag und, mit dem Kopf auf den verschränkten Armen ruhend, grinsend zusah, wie seine Verabredung sich wieder anzog, um den Heimweg anzutreten.
    Verabredung. Keine Freundin. Keine Frau. Vergeben war nicht gerade das Wort, was ihr in den Sinn kam, wenn es um Jaz Claybourn ging. Aber vielleicht war das auch nur Wunschdenken. Sie betrachtete die Hand, die immer noch einen ihrer High Heels hielt. Einen Ehering trug er schon mal nicht. Bliss wurde leicht rot, nahm die Schuhe entgegen und zog sie an, immer noch an die Wand gestützt. Dann strich sie ihren Rock glatt und zupfte ihren roten Sweater gerade.
    »Danke«, sagte sie ein wenig atemlos.
    Jaz nickte erneut und streifte ihr dann mit einer sanften Geste das Haarnetz vom Kopf. »So ist es viel besser«, sagte er mit einem Lächeln. Er stopfte das Netz in eine Tasche seines Sakkos.
    »Oje, ich sehe bestimmt schrecklich aus.« Bliss fuhr mit den Fingern blitzschnell durch ihr dickes, zersaustes Haar.
    »Sie sehen gut aus. Ganz großartig sogar. Sind Sie bereit für den zweiten Teil der Führung? Meine Assistentin hat Ihre Sachen bereits aus der Umkleide herbringen lassen, als sie mit Earl unterwegs waren. Sie hat sie in mein Büro gelegt.«
    »Oh, ich glaube, die Dame habe ich noch gar nicht kennengelernt. Aber gern. Gehen Sie vor.«
    Er drehte sich um, und sie gingen den Flur in die Richtung hinunter, aus der er gekommen war. »Ich muss Sie vorwarnen. In meinem Büro sieht es aus wie nach einem Bombeneinschlag.« Er hielt ihr die Tür auf, und Bliss betrat ein geräumiges, mit Mahagoni getäfeltes Chefbüro, in dessen Mitte ein riesiger, glänzender Schreibtisch thronte. Dahinter standen ein Ledersessel mit dicken Polsternägeln und ein ebenfalls mit solchen Nägeln verziertes Sofa, das die gesamte Fläche vor einem großen Glasfenster einnahm. Ansonsten war im ganzen Büro weder ein Stück Papier noch ein Computer zu entdecken.
    »Ich arbeite hier nicht«, erklärte er. »Hier entlang.« Er drückte auf eines der Paneele, das aufschwang und den Zugang zu einem viel kleineren Raum mit vier Flat-Screen-Monitoren freigab, auf denen unterschiedliche Dinge zu sehen waren: Tabellenkalkulationen, Börsenberichte, Wetterberichte und internationale Nachrichten. In den bis zur Decke reichenden Regalen standen Ordner, fein säuberlich beschriftet und sortiert.
    Bliss fiel sein gerahmtes Diplom in Betriebswirtschaft aus Dartmouth auf. Es hing neben dem Preis für den Nachwuchsmanager des Jahres bei einer anderen Firma. Ganz in der Nähe stand noch eine Tennistrophäe, auf deren Spitze ein kleines Männchen in Silber thronte, das gerade zu einem gewaltigen Schlag ausholte.
    Hier und dort hingen auch ein paar persönliche Fotos. Auf den meisten war Jaz zu sehen. Breitschultrig, mit nackter Brust und herrlich durchtrainiert. Auf einigen dieser Bilder trug er verwaschene Chino-Shorts, die so weit
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