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Verbrechen ist Vertrauenssache

Verbrechen ist Vertrauenssache

Titel: Verbrechen ist Vertrauenssache
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verstummte jäh.
    Parker setzte sich auf. Brust und Unterarme schmerzten, wo die Klinge ihn erwischt hatte, und er hatte überall Prellungen und blaue Flecken, aber keine ernsthaften Verletzungen. Die Benommenheit, die er jetzt spürte, würde bald verflogen sein.
    Er beugte sich vor und hielt die Armbanduhr ins Mondlicht. Beinahe Viertel nach zehn. Gerade noch Zeit genug, um rechtzeitig zum Treffen mit Brenda und Mackey zu kommen.
    Langsam stand er auf und sah sich um: das verfallende Haus, das klaffende Loch im Fenster. Dann ging er die Treppe hinauf.

KLICK
    »Mir ist langweilig«, sagte Brenda.
    Ed saß vor dem Fernseher: CNN, eine Massenkarambolage im Nebel auf einer Schnellstraße in Kalifornien, wo eine blonde Frau ernst in ihr Mikrophon sprach, während im Hintergrund Rettungswagen vorbeifuhren. Er wartete darauf, dass der Fernseher ihm Neues aus dieser Stadt berichtete, fern von Kalifornien mit seinem Nebel. Draußen, vor diesem Motelzimmer, weit entfernt von ihrem ersten, waren der Nachmittagshimmel klar und die Sicht hervorragend. Drinnen wollten ihm weder die örtlichen noch die überregionalen Sender verraten, was sich in dieser Stadt ereignet hatte.
    »Ed?« sagte Brenda. »Wann hauen wir endlich ab?«
    »Am späten Abend«, sagte Ed mit gespielter Geduld. »Du weißt doch, warum. Du hast es im Fernsehen gesehen.«
    »Kalifornien«, sagte sie und bedachte den Fernseher mit einem verächtlichen Blick.
    »Ach komm, Brenda. Vorher.«
    Sie wusste natürlich, dass er die Sache mit Liss meinte, der im Krankenhaus herumgeballert hatte und dann mit einem Kerl namens Quindero verschwunden war, den die Bullen aus irgendeinem Grund unverletzt zurückhaben wollten. Sie waren ohnehin schon ziemlich sauer wegen des Überfalls, aber jetzt, da Liss direkt vor ihrer Nase einen bewachten Zeugen umgebracht hatte, konnte man annehmen, dass die örtliche Polizei darauf brannte, jemanden festzunehmen. Egal, wen.
    Was auch der Punkt war, auf den Ed hinweisen wollte. »Die sind überall, wie ein übler Gestank«, sagte er. »Für heute waren wir lange genug draußen. Wenn es dunkel wird, besorge ich uns einen hübschen kleinen Wagen, nichts Auffälliges, kein Wagen, nach dem man sich umsieht, und dann hauen wir ab.«
    Beim Einchecken hatte Ed bar bezahlt und sich mit einem absolut sauberen Führerschein ausgewiesen, und seitdem hatten sie beide dieses Zimmer nur einmal verlassen. Zuerst hatte Ed den ausgeliehenen Wagen zurück ins Parkhaus gebracht, damit ihre Spur einen Kreis beschrieb, und anschließend war er zu einem Geschäft für Reisegepäck gegangen und hatte drei zueinander passende Koffer gekauft, die er mit einem Taxi zum Motel gebracht hatte, damit er und Brenda nicht mehr Menschen mit Seesäcken waren. Und dann hatte Brenda kurz nach Mittag gesagt: »Ach, verdammt, ich hol jetzt mein Zeug« und war trotz Eds Bedenken mit einem Taxi quer durch die Stadt zu ihrem ersten Motel gefahren.
    Sie war nicht leichtsinnig, kein bisschen. Sie stieg zwei Blocks vor dem Motel aus, spazierte ein wenig in der Gegend herum, hielt die Augen offen und war sehr geduldig, bis sie sich schließlich davon überzeugt hatte, dass das Motel nicht überwacht wurde. Erst dann ging sie schnurstracks in ihr ehemaliges Zimmer und packte all ihre Kosmetika sowie Eds Rasierzeug und seine Unterwäsche ein. Auf dem Weg hinaus sah sie, dass die Frau im Büro sie beäugte, und so ging sie hin und checkte aus. »Die Leute in dem Zimmer neben Ihnen«, sagte die Frau im Flüsterton, als fürchtete sie, die Kakerlaken könnten sie hören und die Neuigkeit verbreiten, »hatten irgendwas mit dem schlimmen Überfall zu tun.«
    Brenda machte große Augen. »Nein!«
    »Die hätten uns alle im Schlaf umbringen können«, sagte die Frau.
    »Das ist ja nicht gerade eine Empfehlung für Ihr Motel«, erwiderte Brenda.
    Die Frau runzelte die Stirn und beugte sich über die Empfangstheke. »Man kann nicht vorsichtig genug sein«, sagte sie.
    »Wie wahr«, stimmte Brenda ihr zu und nahm ein weiteres Taxi zum neuen Motel, wo Ed sich nicht vom Fleck gerührt hatte und CNN entfernte Explosionen auf einer bewaldeten Bergflanke zeigte. »Das war ein Spaziergang«, sagte sie.
    Ed sah nach wie vor auf den Bildschirm. »Alle anderen«, sagte er, »haben Frauen, die ihnen ständig in den Ohren liegen: ›Sei vorsichtig! Sei vorsichtig!‹ Bloß ich hab eine, der ich sagen muss: Sei vorsichtig.«
    »Ich war vorsichtig«, sagte Brenda. »Ich wollte ja nicht, dass du mich im
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