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Verbrechen ist Vertrauenssache

Verbrechen ist Vertrauenssache

Titel: Verbrechen ist Vertrauenssache
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Parker, dass Liss gefahren und dass sein neuer Partner noch am Leben war.
    Parker trat in die Schatten, fort von der Stelle, wo sie das Haus betreten würden. Er hörte, dass sie im Gehen miteinander redeten, und als sie durch die Lücke in den Sperrholzplatten hereinkamen, verstand er auch, worüber sie sprachen. »… nicht trauen«, sagte Liss gerade. »Er traut mir nicht, und zwar zu Recht, und ich traue ihm nicht, ebenfalls zu Recht. Wenn er uns erledigen kann, wird er’s tun. Hörst du mir eigentlich zu?«
    »Ja.« Ralphs Stimme war zwar leise und verängstigt, aber entschlossen.
    »Wir müssen zusammenarbeiten«, sagte Liss, »sonst bringt er uns beide um. Hast du gehört?«
    »Warum lassen wir ihn nicht einfach hier?« fragte Quindero. »Wir gehen raus, setzen uns in den Wagen und hauen ab. Und ihn lassen wir einfach hier.«
    »Ich brauche das Geld«, sagte Liss. » Wir brauchen das Geld, du und ich, Ralph. Deine Hälfte ist zweihunderttausend, vergiss das nicht. Du wirst das Geld brauchen, wenn du nach Kanada gehen und neu anfangen willst.«
    Das also war das Märchen, das sie einander erzählten. Parker folgte ihnen in einigem Abstand, als sie die Treppe zum Esszimmer hinuntergingen.
    »Wir müssen ihn mitnehmen, und zwar lebend, jedenfalls so lange, bis wir sehen, ob er wirklich weiß, wo das Geld ist«, sagte Liss. »Danach können wir ihn erledigen. Aber bis dahin müssen wir aufpassen, dass er nicht uns erledigt. Herrgott, ist das hell hier drinnen.«
    Sie waren jetzt im Esszimmer, Parker stand hinter ihnen auf der Treppe.
    »Aber das ist doch gut, oder?« sagte Quindero. »Wenn es hell ist, können wir ihn besser sehen.«
    »Wir machen es so«, sagte Liss. »Ich warte hier, und du gehst runter und … Moment mal. Wo ist seine Pistole?«
    »Hier.«
    »Gib sie mir«, sagte Liss. »Ich will nicht, dass er sie dir abnimmt.«
    »Ich soll ohne Kanone da runtergehen? Und wo bist du?«
    »Hier oben.«
    »Aber –«
    »Hör zu«, sagte Liss. Parker setzte sich auf die Treppe undhörte ebenfalls zu. »Du gehst jetzt da runter und ziehst das Holzstück aus der Öse. So leise wie möglich. Dann gehst du in eine dunkle Ecke, wo er dich nicht sehen kann, und rufst ihm zu, dass er rauskommen soll. Dann ruf ich ihm von hier oben zu, dass er hochkommen soll. Er soll die Treppe raufgehen, und du gehst hinter ihm.«
    »So dass er zwischen uns ist.«
    »Genau«, sagte Liss.
    »Aber wenn ich keine Pistole habe«, sagte Quindero, »was kann ich dann schon –«
    »Weiß er das denn? Und wenn er dich sieht und sich auf dich stürzt, anstatt zur Treppe zu gehen? Wenn du eine Kanone hättest, würdest du sie ja doch nicht benutzen. Also zeigst du ihm deine Hände und sagst ihm, dass du unbewaffnet bist und dass alle Waffen hier oben bei mir sind. Er weiß, dass er an mir vorbeimuss. Ich werde ihm zurufen: ›Lass meinen Partner in Ruhe, ich bin hier oben, komm rauf.‹ Und er wird kommen.«
    Liss erklärte das alles, als wäre Quindero sechs Jahre alt, und wahrscheinlich hatte er damit recht. Ein Profi hätte das meiste von dem, was Liss sagte, ohnehin gewusst, aber Ralph Quindero war kein Profi.
    Jetzt sagte er: »Okay, er kommt also rauf. Und dann?«
    »Ich gehe voraus«, sagte Liss. »Ich gehe vor ihm die Treppe da rauf, er muss mir folgen, und zuletzt kommst du. Dann gehen wir zum Wagen, ich immer vor ihm, du immer hinter ihm, so dass er nie uns beide gleichzeitig angreifen kann.«
    »Und wenn er auf dich losgeht?«
    »Dann schieße ich ihm in den Arm«, sagte Liss. »Das wird ihn stoppen, aber nicht umbringen, und in Schock wird er auch nicht verfallen. Vielleicht sollte ich das sowieso gleich als erstes tun.«
    »Lieber nicht«, sagte Quindero flehend.
    Liss war amüsiert. »Was, magst du keine lauten Geräusche? Oder kannst du kein Blut sehen?«
    »Wir müssen doch gar nicht auf ihn schießen«, sagte Quindero. Jetzt klang er widerspenstig.
    »Hast du mir nicht zugehört?« fragte Liss. » Natürlich müssen wir auf ihn schießen, früher oder später. Wir müssen ihn erschießen. Wenn wir da sind, wo das Geld ist, müssen wir ihn erschießen.«
    »Warum? Warum müssen wir das?«
    »Willst du, dass er dir für den Rest deines Lebens im Genick sitzt?«
    Quindero sagte nichts mehr. Parker hörte das Scharren von Schritten aus dem Esszimmer, wo die beiden irgend etwas taten, was er nicht sehen konnte, denn er wollte die Treppe nicht so weit hinuntergehen, dass sie ihn entdecken konnten. Schließlich sagte Liss: »Okay,
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