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Verbrechen ist Vertrauenssache

Verbrechen ist Vertrauenssache

Titel: Verbrechen ist Vertrauenssache
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Hand, die nicht weh tat, gegen die Tür. Sie ging mit einem Klicken nach innen auf und gab den Blick frei auf den Gang, der zum Geldraum unter der Tribüne führte. Er hielt sie auf, sah Parker an und fragte: »Okay?«
    Mackey trat vor und hielt die Tür fest. »Hast du gut gemacht«, sagte Parker und verpasste dem Engel einen Schlag mit dem Gewehrkolben.

ZWEI
    Es fing mit einem Anruf an. Parker hörte das Läuten nicht, denn er war auf dem See, im Boot, die Ruder hochgeklappt. Er tat nichts, er spürte nur den Puls der Wellen an den Planken des Bootes. Es war Anfang Mai, das Wasser dieses Sees im Norden von New Jersey war noch zu kalt zum Schwimmen, und die meisten Ferienhäuser am Ufer waren verschlossen und warteten darauf, dass ihre Besitzer aus der Stadt herkamen, wenn Luft und Wasser etwas wärmer waren. Parker und Claire gehörten zu den wenigen, die das ganze Jahr über hier wohnten. Claire nahm Anteil am Leben der Gemeinde, während Parker sich mehr zurückhielt – er war jemand, dessen Beruf von Zeit zu Zeit längere Reisen erforderte, es ihm aber auch erlaubte, ganze Wochen zu Hause zu verbringen. Claire war diejenige, die das Haus in Schuss hielt, und sie hieß Claire Willis, weil Parker vor langer Zeit, bevor sie sich kennengelernt hatten, Charles Willis geheißen hatte. Ihr gefiel der Gedanke, dass sie damit zurückgriffen auf eine Welt, in der sie einander noch nicht gekannt hatten, dass sie eine Verbindung herstellten, eine Wurzel in der Vergangenheit hatten.
    Eine Bewegung. Er reagierte immer auch noch auf die kleinste Bewegung in seinem Gesichtsfeld. Jetzt rührte sich etwas halb hinter ihm, und als er den Kopf wandte, sah er Claire, die winkend auf dem Steg stand. Hinter ihr erstreckte sich der Rasen bis zum dunklen Haus. Er winkte ebenfallsund ruderte zurück, und als er aus dem Boot stieg, sagte sie: »Ein Mann hat angerufen. Von einer Telefonzelle. Er hat gesagt, er ruft in zehn Minuten noch mal an.« Sie sah auf die zierliche Uhr an ihrem zierlichen Handgelenk und korrigierte sich: »In sechs Minuten.«
    »Hat er gesagt, wie er heißt?«
    »George Liss.«
    Parker runzelte die Stirn und band das Boot an einem Pfahl fest, und als sie zum Haus gingen, umschloss sie sein Handgelenk mit ihren kühlen Fingern. »Es klang, als würdet ihr euch kennen.«
    »Bis zu einem gewissen Grad«, sagte Parker.
    Parker und George Liss hatten noch nie zusammengearbeitet. Zweimal wäre es beinahe dazu gekommen, bei Sachen, die ein anderer geplant hatte und aus denen dann nichts geworden war. Zu George Liss hatte er eigentlich keine Meinung, außer dass er, wenn es hart auf hart ging, nicht auf ihn zählen wollen würde.
    Die finanzielle Situation war im Augenblick nicht perfekt, aber in Ordnung. Er hatte hier und da Bargelddepots angelegt und konnte es sich leisten, auf etwas Verheißungsvolles zu warten. Selbst in einer Welt der elektronischen Transfers, der Kreditkarten und des im Cyberspace schwebenden Geldes gab es da draußen noch echte Beute zu machen.
    Als das Telefon erneut läutete, stand Parker in dem Wintergarten mit Blick auf den Rasen, das Bootshaus und den See. Der Himmel war bedeckt; es sah kälter aus, als es tatsächlich war. Parker nahm den Hörer nach dem dritten Läuten ab und sagte: »George?«
    »Ich hab was.« Er nuschelte ein wenig, und seine Stimme klang leicht belegt.
    Parker wartete. Liss konnte alles mögliche haben, unteranderem das Bedürfnis, jemanden ans Messer zu liefern, um sich Straffreiheit zu erkaufen.
    »Anders als sonst, aber lohnend«, sagte Liss.
    Immer war jeder Job anders, und immer war der Job lohnend, sonst würde man ihn ja nicht machen. Parker wartete.
    »Bist du noch da?« fragte Liss.
    »Ja.«
    »Wir könnten uns irgendwo treffen und die Sache besprechen.«
    »Vielleicht.«
    »Du willst wissen, wer sonst noch dabei ist.« Wieder wartete Liss darauf, dass Parker etwas sagte, aber wieder sagte Parker nichts, und so fügte Liss schließlich hinzu: »Ed Mackey.«
    Das war etwas anderes. Ed Mackey war jemand, den Parker kannte und mit dem er gearbeitet hatte. Ed Mackey war in Ordnung. »Wer noch?« sagte Parker.
    »Drei reichen.«
    Um so besser. Je weniger Beteiligte, desto weniger Komplikationen und desto mehr Profit. »Wo und wann?« fragte Parker.
     
    Das erstemal trafen sie sich auf dem Parkplatz eines Hummerrestaurants an der Route 1, ein kleines Stück südlich von Auburn, Maine, wo ein paar Mietwagen vom Flughafen Logan bei Boston nicht weiter auffallen würden.
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