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Verbrechen ist Vertrauenssache

Verbrechen ist Vertrauenssache

Titel: Verbrechen ist Vertrauenssache
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Parker stieg aus seinem Impala und ging im Zickzack zwischen den anderen Wagen hindurch zu dem Century Regal mit dem vierschrötigen, wie immer schweigsamen Ed Mackey am Steuer. Seine Freundin Brenda war auf dem Beifahrersitz, und hinten saß George Liss. Parker setzte sich neben Liss, einen großen,schlanken, schwarzhaarigen Mann mit langem Kinn, der ihm zunickte, mit der Seite des Mundes, wo Nerven und Muskeln noch funktionierten, lächelte und sagte: »Guten Flug gehabt?«
    Diese Frage tat nichts zur Sache. »Erzähl uns davon«, sagte Parker.
    »Es geht um ein Stadion«, sagte Ed Mackey und drehte sich halb um, so dass seine Knie auf Brenda zeigten, als er Parker ansah. »Der übliche Sicherheitsdienst. Zwanzigtausend Leute.«
    Parker schüttelte den Kopf. »Das einzige, was man da kriegt«, sagte er, »sind Kreditkartenquittungen.«
    »Hier nicht«, sagte Liss, und jetzt lächelte die linke Seite seines Gesichts breiter. In einem Gefängnis in Wyoming hatte ihm einer vor elf Jahren mit einem spitzgefeilten Löffelgriff die rechte Gesichtshälfte aufgeschlitzt. Ein plastischer Chirurg hatte die Narben verschwinden lassen, doch die Muskeln und Nerven konnte niemand wiederherstellen. Im Umgang mit Normalbürgern achtete Liss darauf, sich immer ein wenig abzuwenden und möglichst nur die Seite zu zeigen, die funktionierte, aber unter Kollegen machte er sich diese Mühe nicht. Mit dem leichten Nuscheln, das seiner Stimme immer diesen eigenartigen Klang verlieh, sagte er: »Diesmal nur Bargeld, am Eingang bezahlt.«
    »Sie nennen das Liebesgaben«, sagte Mackey, ohne die Miene zu verziehen.
    Parker versuchte, in seinem Gesicht zu lesen. »Liebesgaben? Was für ein Stadion ist das denn?«
    »Ein ganz normales Stadion«, erklärte Liss. »Aber die Hauptattraktion ist ein Typ namens William Archibald. Ein Fernsehprediger, du weißt schon. Einer von diesen Erweckungstypen.«
    »Ich dachte, die wären alle im Knast«, sagte Parker.
    »Nein, die Wälder sind voll davon«, sagte Liss, und Mackey fügte hinzu: »Hauptsächlich die Hinterwälder.«
    »Und er predigt also in diesem Stadion?« fragte Parker.
    »Und dreht einen Film darüber«, sagte Mackey, »den er dann später im Fernsehen zeigt.«
    »Und alle, die hingehen«, sagte Liss und fuchtelte mit den Händen, »legen eine Zwanzig-Dollar-Liebesgabe hin, jeder einzelne, ausnahmslos. Zwanzigtausend Leute.«
    Brenda machte zum erstenmal den Mund auf. »Vierhunderttausend Dollar«, sagte sie mit ihrer rauchigen Stimme und betonte jede Silbe.
    »Brenda erledigt für mich das Kopfrechnen«, sagte Mackey.
    »Außerdem«, sagte Liss, »stehen da diese Tonnen vor der Bühne, und wenn man ganz beseelt ist vom Heiligen Geist und dem Reverend helfen will, die Frohe Botschaft im Fernsehen zu verbreiten, geht man hin und schmeißt sein Geld in eins von den Fässern.«
    »Und das wird dann gefilmt«, sagte Mackey, »und auf der großen Leinwand hinter dem Prediger gezeigt. Ich hab’s gesehen, Parker, es ist wie Hypnose. Diese Leute stehen darauf, sich auf dieser Riesenleinwand zu sehen, wie sie zu dem Fass gehen und ihr Geld reinwerfen. Und einen Monat später sitzen sie zu Hause vor dem Fernseher und sehen es sich noch mal an. Um den Augenblick zweimal zu erleben. Den Tag, an dem sie die Miete dem lieben Gott gegeben haben.«
    »Wir schätzen, dass das die Beute verdoppelt«, sagte Liss.
    Brenda wollte etwas sagen, doch Mackey zeigte auf sie und sagte: »Brenda, das kriegt er hin.«
    »Bei so viel Bargeld wird’s mehr als den üblichen Sicherheitsdienst geben«, sagte Parker.
    »Ja«, sagte Liss. »Und Archibald hat seine eigenen Leute.Aber wir kriegen Hilfe von drinnen. Dadurch ist das Ganze überhaupt erst ins Rollen gekommen.«
    »Keiner von uns«, sagte Parker.
    »Nein, ganz und gar nicht«, sagte Mackey.
    »Er arbeitet für den Prediger«, sagte Liss. »Und jetzt ist er sauer auf ihn.«
    »Ist er gierig? Will er ein größeres Stück vom Kuchen?«
    »Ganz im Gegenteil«, sagte Liss, und sein halbes Gesicht lachte. »Tom hat zum wahren Glauben gefunden.«
    »Erzähl’s mir einfach«, sagte Parker.
    Mackey klopfte auf den oberen Rand der Rückenlehne, als wollte er ein Pferd beruhigen. »Es ist eine gute Geschichte, Parker«, sagte er. »Wart ab, bis du sie gehört hast.«
    Jeder musste seine Geschichte auf seine Art erzählen, mit allen Einzelheiten, die nichts zur Sache taten. »Na dann«, sagte Parker, lehnte sich zurück und wartete.
    »Als sie mich das letztemal
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