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Verbrechen ist Vertrauenssache

Verbrechen ist Vertrauenssache

Titel: Verbrechen ist Vertrauenssache
Autoren: Carl Hanser Verlag
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»Wenn.«
    »Natürlich.«
    Liss erzählte weiter. »Schließlich sagte ich, ich würde ihn an jemand weiterreichen, der noch aktiv ist, aber er sagte, nein, er würde keinem anderen trauen. Da dachte ich dann, ich könnte das Risiko eingehen. Wenn er jemand hätte schnappen wollen, wär’s ihm ja egal gewesen, wen er da schnappt, oder? Er hätte sich an irgendeinen anderen weiterreichen lassen und sein Spiel abgezogen. Aber da er das nicht wollte, stimmte seine Geschichte wohl. Da fingen wir dann ernsthaft an zu reden. Er erzählte mir die Einzelheiten, und ich sah, wie man es machen könnte. Und jetzt sind wir soweit.«
    »Und der Plan ist, dass der Insider die eine Hälfte kriegt und wir uns die andere teilen«, sagte Parker. »Ganz gleich, wie viele wir sind.«
    »Das ist der Plan.«
    »Denkt er das?« Parker schüttelte den Kopf, nicht zufrieden mit seiner Frage, und formulierte sie neu. »Ich meine: Glaubt er das wirklich?«
    »Dass er seine Hälfte kriegt?« Liss lächelte sein schiefes Lächeln. »Das ist die große Frage, nicht? Seit er sich so verändert hat, ist er ziemlich schwer zu durchschauen. Früher war er ein ganz lockerer Bursche, aber jetzt ist er immer so angespannt. Entspannte Leute kann man nicht so leicht reinlegen, aber aus angespannten wird man nicht so leicht schlau.«
    »Außerdem«, sagte Mackey, »was soll er schon tun, wenn er’s nicht glaubt? Wir sind diejenigen, die das Geld raustragen, nicht er. Will er’s uns dann wieder wegnehmen? Wohl kaum.«
    Parker ignorierte den Einwand. Zu Liss sagte er: »Mit wievielen anderen, die auf Bewährung draußen sind, trinkt er Bier?«
    Liss runzelte halb die Stirn. An sein Gesicht musste man sich erst gewöhnen. Er sagte: »Du meinst, er stellt eine zweite Truppe zusammen, die uns das Geld abnimmt? Aber wieso sollte er, Parker? Wenn er Angst hat, dass wir ihn übers Ohr hauen, was ist dann mit der zweiten Truppe? Braucht er für die dann noch eine dritte?«
    »Ich glaube«, sagte Mackey, »der Typ ist auf seine eigene Geschichte reingefallen. Er fällt nicht auf uns rein, sondern auf sich selbst.«
    »Hast du diesen Wunderknaben schon kennengelernt?« fragte Parker ihn.
    »Noch nicht.«
    »Aber das lässt sich arrangieren«, sagte Liss. »Das einfachste von der Welt. Ich rufe ihn heute abend an und sage ihm, wir –«
    »Nein«, sagte Parker. »Du hast gesagt, er geht mit seinem Prediger auf Kreuzzug. Wann ist der nächste?«
    »In ein paar Wochen. Ich dachte, das wäre eine gute Gelegenheit.«
    »Nein. Wohin wollen sie gehen? Die ganze Tour.«
    Wieder verzog Liss schief das Gesicht. »Keine Ahnung. Aber das kann ich rausfinden.«
    »Gut«, sagte Parker. »Irgendwo unterwegs, ohne irgendwelche Pläne oder Absprachen, werden wir kommen und hallo sagen, Mackey und ich.«
    »Und Brenda«, sagte Mackey.
    Parker sah Brenda an. »Natürlich«, sagte er.

DREI
    In einem nicht besonders guten Restaurant in St. Louis mit gelangweilten alten Kellnern und einer altmodischen Einrichtung in Dunkelrot und Braun aßen Parker, Mackey und Brenda zu Abend. Sie ließen sich Zeit. Liss hatte gesagt, er werde seinen Mann zwischen acht und zehn Uhr herbringen, und jetzt war es bereits halb zehn. »Ich muss schon wieder auf die Toilette«, sagte Brenda und schwenkte ihre Kaffeetasse, »dabei weiß ich genau, sobald ich vom Tisch aufstehe, kommen die beiden hereinspaziert.«
    »Dann tu es«, sagte Mackey. »Hauptsache, sie kommen dann endlich.«
    »Nur dir zuliebe«, sagte sie und entschwand, und eine Minute später trat Liss in Begleitung eines aschblonden, nervös wirkenden Mannes Ende Zwanzig ein, der eine khakifarbene Hose und ein kariertes Hemd trug.
    »Siehst du?« sagte Mackey. »Darum hab ich Brenda so gern dabei. Sie hat Zauberkräfte.«
    Parker sagte nichts. Er wusste, warum Mackey Brenda so gern dabeihatte – sie war sein Gehirn –, und sein Interesse galt dem Mann, der mit Liss gekommen war. Und denen, die womöglich noch kommen würden.
    Doch es kam niemand. Wenn jemand Carmody an der Leine hatte, dann war es eine sehr lange Leine. Es wäre auch nicht möglich gewesen, einen Beobachter vorauszuschicken, denn Liss hatte Tom garantiert nicht gesagt, wohin sie fuhren.»Das da sieht gut aus, Tom. Ich könnte was zu essen vertragen – wie wär’s?«
    Und warum sollte irgendein Beschatter draußen warten, wenn der ganze Sinn des Beschattens doch darin bestand, den Beschatteten im Auge zu behalten und zu sehen, wer sonst noch da war und was passierte? Tom
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