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Verborgene Liebesglut

Verborgene Liebesglut

Titel: Verborgene Liebesglut
Autoren: Gaylord de Woolf
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ist damit gedient, wenn du Napoleon in die Hände fällst. Ich bitte dich, noch eine Nacht darüber zu schlafen. Morgen siehst du die Sache vielleicht ganz anders."
    Er wußte, daß es unwahrscheinlich war, dennoch versuchte er, Zeit zu schinden. Natürlich hätte er den Lord von Philippes Plänen in Kenntnis setzen können, bevor dieser sich in Dover einschiffte. Wilcox würde sofort eingreifen, um zu verhindern, daß er das Land verlassen konnte. Doch der Major spürte, daß Philippe ihm diesen Vertrauensbruch niemals verziehen hätte. Und da der Graf die Gefahr offensichtlich nicht scheute, fiel das stärkste Argument des Majors, das gegen eine Rückkehr nach Frankreich sprach, weg. Dennoch gab er nicht auf.
    Livingston erwähnte alle Gründe, die ihm einfielen, und waren sie noch so fadenscheinig, Philippe zum Bleiben zu bewegen. Schließlich führte er sogar ins Feld, daß es sonst niemanden gäbe, der mit ihm Karten spielen würde. Doch vergebens. Philippe war nicht umzustimmen. Endlich schnitt der junge Mann ihm einfach das Wort ab.
    „Thomas!" erklärte er mit Nachdruck. „Ich weiß, du meinst es gut, aber ich bitte dich, du mußt meine Entscheidung respektieren. Ich kann und will nicht länger in Wilcox' Nähe bleiben. Vielleicht ist es gefährlich, nach Frankreich zurückzukehren, aber die Gefahr bedeutet nichts im Vergleich zu den Qualen, die ich hier leide. Ich muß versuchen, mit meinem Schmerz zu leben. Das kann ich aber nur, wenn Wilcox für mich unerreichbar ist. Laß mich gehen. Versuche nicht weiter, mich umzustimmen. Ich bitte dich."
    Livingston nickte. Er wußte, daß Philippe recht hatte. Die Ernsthaftigkeit, mit der er seinen Entschluß verteidigte, hatte den Major erkennen lassen, daß er ihn nicht zurückhalten konnte. Die Entscheidung war gefallen, und sie lag einzig bei dem jungen Liebenden. Resigniert lächelte er ihn an und legte sanft die Hand auf seine Schulter. Es herrschte ein Augenblick des Schweigens. Beide sahen sich an und fühlten wohl dasselbe. Dies war der Abschied! Der Abschied zweier Freunde, die sich mit Respekt und Aufrichtigkeit begegneten.
    Der Major brach schließlich das Schweigen. „Philippe", erklärte er bewegt. „Wilcox ist mein bester Freund. Bitte glaube mir, nichts hätte ich mir mehr für ihn gewünscht als das Glück, mit dir zusammenzusein."
    Der junge Franzose antwortete nicht, doch in seinen Augen las der Major eine tiefe Trauer. Die beiden Männer reichten einander die Hand. Dann drehte sich Philippe um und verließ den Raum, gerade in dem Augenblick, als die Uhr neben dem Kamin die zwölfte Stunde schlug.
    Am Abend kleidete sich Wilcox wie gewöhnlich um und ging zum Dinner. Als er das Speisezimmer betrat, kam es ihm mit einem Mal unendlich groß vor. Alleine nahm er am Kopfende der Tafel Platz und ließ servieren. Dann sah er sich um. Tapfer versuchte er, die leeren Plätze an seiner Seite zu ignorieren. Die Speisen wurden aufgetragen, doch Wilcox berührte sie kaum. Statt dessen stocherte er nachdenklich auf seinem Teller herum, bis er schließlich die Tafel vorzeitig aufhob.
    „Mylord", bemerkte Stanton erstaunt. „Sie haben ja gar nicht von dem Hauptgang gekostet. Außerdem gibt es noch den Käse und die Nachspeisen."
    Wilcox gab ihm ein ablehnendes Zeichen. „Ich bin heute nicht hungrig, Stanton." Sofort gab der Butler den Lakaien Anweisung, den Tisch abzuräumen.
    Gerade wollte Wilcox das Speisezimmer verlassen, als er sich an der Tür kurz umdrehte. „Stanton, ich habe eine Bitte."
    Der Diener verbeugte sich. „Zu Ihren Diensten, Mylord."
    Zögernd fuhr Wilcox fort. „Da ich in der nächsten Zeit alleine sein werde, bitte ich Sie, in Zukunft im Frühstückszimmer servieren zu lassen. Das Speisezimmer ist für mich alleine viel zu groß. Sagen Sie auch François Bescheid, daß es nicht nötig ist, für eine Person mehrere Vor- und Hauptspeisen aufzutragen. Ein Gang und etwas Obst genügen mir vollkommen."
    Stanton nickte diskret. „Sehr wohl. Ich werde dafür Sorge tragen, daß die Küche umgehend unterrichtet wird. Wenn ich mir eine Frage erlauben darf, Sir."
    „Ja, bitte", erwiderte Wilcox. „Fragen Sie!"
    „Nun, Mylord, wann erwarten Sie die beiden Herren zurück?" Der Lord blickte seinen Butler undurchsichtig an. „Ich weiß es nicht, Stanton. Bei Gott, ich weiß es nicht."
    Aufgewühlt verließ er den Raum und ging in die Bibliothek, wo er sich in einen der tiefen Ledersessel fallen ließ und nach dem Buch griff, das er am
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