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Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland
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und war vollauf damit beschäftigt gewesen, die Fliegen von seinem Gesicht zu verscheuchen.
    »Mein Gott, Abby!«, stieß Andrew plötzlich neben ihr hervor und packte ihren Arm so fest, dass sie vor Schmerz zusammenfuhr. »Das ist... das ist doch Melvin dort neben dem Offizier!«
    »Was?« Abby riss den Kopf hoch.
    »Mein Bruder!... Da!... Auf dem Pferd vor den aufmarschierten Soldaten!«, rief er fassungslos.
    Abby glaubte, ihren Augen nicht trauen zu dürfen. Doch die hochgewachsene Gestalt war tatsächlich Andrews Bruder. Eine Gänsehaut überlief sie. »Ich kann es kaum glauben, dass ich nicht träume, Andrew!«
    Vor über einem Jahr war Melvin dem Zugriff der korrupten Offiziere des Rum Corps entkommen und zusammen mit seiner kleinen Schwester an Bord eines nach England zurückkehrenden Schiffes aus der Kolonie geflohen. Und jetzt war er zurück!
    »Weißt du, was seine Rückkehr und die Soldaten da bedeuten?«, stieß Andrew aufgeregt hervor. »Der neue Gouverneur ist mit regulären Truppen eingetroffen! Und damit hat die Willkürherrschaft von Leuten wie Danesfield, Grenville und all den anderen ein Ende!«
    Indessen hatte Lieutenant Danesfield seinem Tross den Befehl zum Halten gegeben. Nun führte er sein Pferd im Schritt dem fremden Offizier entgegen, brachte es vor ihm zum Stehen und salutierte, was ihn ungeheure Überwindung kostete, wusste er doch, dass seine Macht in dieser Minute ihr schmähliches Ende fand.
    Der Captain erwiderte die militärische Ehrenbezeugung knapp und mit ausdrucksloser Miene. »Ich nehme an, ich habe es mit Lieutenant Danesfield zu tun!« Seine Stimme war kühl und unpersönlich.
    »Ja, Sir!«
    »Mein Name ist Captain William Lawson vom 73. Highlander Regiment!«, teilte er ihm knapp mit. »Ich bin vom neuen Gouverneur dieser Kolonie beauftragt, Sie unter Arrest zu stellen! Ihren Degen, Lieutenant!« Fordernd streckte er seine Hand aus.
    Danesfield schluckte. »Sir, ich...«
    Der Captain schnitt ihm das Wort ab. »Ihren Degen, Lieutenant!«, wiederholte er seine Forderung, diesmal jedoch eine Spur schärfer. »Oder wollen Sie mich zwingen, dass ich Ihnen die Waffe unter Gewalt abnehmen lasse?«
    Danesfield kapitulierte, reckte jedoch trotzig den Kopf. »Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen!«
    »Darüber werden andere zu befinden haben! Sparen Sie sich Ihre Verteidigungsrede für das Kriegsgericht. Sie stehen unter Arrest, Lieutenant! ... Und jetzt zum letzten Mal: Ihren Degenl«
    Mit bleichem Gesicht löste Danesfield die Gürtelschnalle und händigte dem Captain seinen Offiziersdegen aus.
    »Haben Sie eine gewisse Cleo Patterson in Ihrem Gefolge?«, verlangte dieser dann zu wissen.
    »Ja, Sir! ... Die Frau auf dem Einspänner, das ist sie!«
    Captain Lawson winkte einen Sergeanten heran. »Legen Sie die Frau in Eisen!«, befahl er ihm. »Sie wird sich wegen Mordes an ihrem Mann vor Gericht zu verantworten haben. Auf sie wartet der Galgen, denn es gibt Zeugen für ihr Verbrechen!«
    Cleo schrie entsetzt auf, als sie diese Anschuldigung hörte, sprang in kopfloser Panik vom Wagen und versuchte zu fliehen. Aber sie kam nicht weit. Silas Mortlock lehnte sich vor und bekam ihren Haarschopf zu fassen, als sie an ihm vorbeirennen wollte, und hielt sie fest. Dann überließ er sie den heranstürmenden Soldaten, die sie zu Boden warfen.
    Melvin flüsterte währenddessen dem Captain etwas zu, der daraufhin nickte und den Befehl gab, Abby und Andrew Chandler vom Wagen zu holen und sie von allen Fesseln zu befreien.
    Melvin sprang nun vom Pferd, kam zu ihnen gelaufen und schloss sie tief bewegt in seine Arme. »Ich weiß, dass ich euch nicht nur eine Menge Erklärungen schuldig bin, sondern auch für vieles Abbitte leisten muss. Für manches, was ich getan habe, schäme ich mich. Aber das hat Zeit bis später! Ihr seid frei. Allein das ist im Augenblick wichtig. Der Albtraum, in den die Rum-Offiziere die Kolonie gestürzt haben, wobei sie unsere Familie fast an den Rand der Vernichtung führten, ist vorbei!«
    »Wir sind wirklich frei?«, murmelte Abby. Ihr war fast schwindelig von der plötzlichen Wendung, die ihr Schicksal genommen hatte.
    »Ja, wirklich und tatsächlich frei!«, bekräftigte Melvin. »Ich bin mit dem neuen Gouverneur Lachlan Macquarie an Bord der Dromedary nach Australien gekommen. Wir hatten viel Zeit, uns auf der Reise kennen zu lernen. Er hat das Begnadigungsgesuch, das noch unser Vater bei Bligh eingereicht hatte, gleich nach unserer Ankunft in Sydney am
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