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Venice Beach

Venice Beach

Titel: Venice Beach
Autoren: P Besson
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stellte.
     
    Die meiste Zeit hing ich an seinem vollkommenen Profil. Um ehrlich zu sein, ich hörte seiner Geschichte kaum zu. Erstens, weil ich sie kannte, weil mich nichts daran überraschen konnte, es war eine ganz gewöhnliche und traurige Geschichte, die schlecht ausging, ich hatte schonviele solche Geschichten gehört, sie kamen in Gerichtsprotokollen, Zeugenaussagen, Strafregistern vor. Das einzig Neue daran war, dass mein Name darin auftauchte. Zweitens kannte ich den Ausgang, und was zählte, war nicht die Geschichte, es waren ihre Konsequenzen. Ich war verloren, wir waren wahrscheinlich verloren, unser Urteil war gesprochen, warum sollte ich mich für die Details interessieren?
     
    Außerdem war ich in diesem Wahnsinn gefangen, der mich an Jack band, in dieser unbestreitbaren, unverständlichen, unentschuldbaren Notwendigkeit.
     
    Als alles gesagt war, haben wir Stille eintreten lassen, die Sonne schien kräftig, sie überflutete unsere Gesichter, und das warme Licht, das uns beschien, war angenehm wie ein Balsam. In diese reinen Augenblicke mischte sich nichts als das Geräusch der Rollerskates auf dem Asphalt und etwas weiter weg der Lärm der am Strand herumtollenden Kinder und der Wellen. Nie zuvor habe ich den Pazifik so geliebt.
     
    In wenigen, kurzen Worten waren wir uns einig, das Geheimnis so lange wie irgend möglich zu wahren, uns von nun an ausschließlich, vor Blicken geschützt, in diesem Hotelzimmer in Venice Beach zu treffen, allen anderen eine Komödie vorzuspielen, unser Leben so weiterzuführen, wie wir es bisher immer getan hatten, was uns nicht besonders schwer zu sein schien: Waren wir jemals etwas anderes gewesen als gute Schauspieler in Existenzen, die uns fremd waren?
     
    Ansonsten konnten wir nur hoffen, dass keine Hinweise auf Jack auftauchten. Die Untersuchung kam bisher nur langsam voran, und ohne neue Erkenntnisse war es sogar möglich, dass sie im Sande verlaufen würde. Im Übrigen saß ich an der richtigen Stelle, um möglicherweise belastende Indizien verschwinden zu lassen. Wir hatten einige Trümpfe in der Hand. Dennoch war mir nicht unbekannt, dass die Wahrheit leider meistens an den Tag kommt, dass sie merkwürdig unerbittlich ist und zuschlägt, wenn man nicht darauf gefasst ist.
     
    Ich bin auf Jack zugegangen, stellte mich direkt hinter ihn, so nah ich konnte, und habe ihn umschlungen. Ich sagte: »Beten wir, dass das Glück uns gewogen ist.« In diesem Augenblick überflutete die Sonne noch immer unsere Gesichter.

 
    Nun also, das normale Leben.
    Wie in der Kindheit, wenn Mr Jansen mich begrapschte und ich mir nichts anmerken ließ.
    Ich war verheiratet, ich liebte meine Frau, ich würde bald Vater werden. Es war undenkbar, dass ich in einen fünfundzwanzigjährigen Typen verliebt war.
    Ich war ein Polizist ohne besonderes Format, aber eifrig und von den Kollegen geschätzt. Ich konnte keine Beziehung mit dem Zeugen einer kriminellen Handlung unterhalten, der sich in dieser Sache als der Schuldige erwies.
    Jack Bell brachte die ganze Welt zum Träumen, er zeigte sich an der Seite von Schauspielerinnen oder Models, warum hätte er das Risiko eingehen sollen, seine Karriere zu zerstören, indem er sich in der Öffentlichkeit mit einem unglaubwürdigen Begleiter zeigte, umso mehr, als ihm dieses Missgeschick schon einmal passiert war?
    Wir waren zur Heimlichkeit verurteilt. Später wäre noch immer Zeit, uns nach dem Sinn von alledem zu fragen.
    Wir waren dazu verdammt, unverdächtig zu sein. Es kam darauf an, bei unseren Nächsten niemals Zweifel aufkommen zu lassen.
     
    Habe ich im Nachhinein Gewissensbisse? Nein, nicht wirklich. Gewiss, ich habe Laura wehgetan, habe ihr Vertrauen mit Füßen getreten, ihre Hoffnungen zerstört, habesie verlassen, als sie mich am nötigsten brauchte. Gewiss, ich habe das Gesetz gebrochen, meinen Beruf verraten, meine Vorgesetzten und meine Untergebenen getäuscht. Aber hatte ich eine Wahl?
    Es gab nur das oder den Tod.
    Wenn ich diese Geschichte nicht gelebt hätte, würde ich mich am Ende aus einem Fenster gestürzt haben, aus einem dieser vier.
     
    Jack war nervöser als ich, was nicht verwunderlich war. Aber was ihm am meisten Angst einjagte, er hat es mir in den letzten Augenblicken gestanden, war nicht, von der Polizei entlarvt zu werden und sich für einen Mord verantworten zu müssen, es war die Aussicht, mich zu verlieren, die Ahnung, dass uns keine lange Zeit zur Verfügung stehen würde. Er wusste nicht, dass die
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