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Venice Beach

Venice Beach

Titel: Venice Beach
Autoren: P Besson
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begehrte? Und hatte ich mich jemals mit einem Menschen so im Einklang gefühlt?
     
    Die Zimmerwände waren pastellgrün, die Fenster gingen auf den Strand und das Meer, ein Strauß frisch geschnittener Blumen stand in einer Vase auf einem runden Tisch in der Ecke, und es hat mir Vergnügen bereitet, diesen Zufall als eine besondere Aufmerksamkeit zu betrachten.
     
    Jack sah mich mit einem ermutigenden Lächeln an, er begann, mein Gesicht zu berühren, seine Hand über meineWange wandern zu lassen, seine Fingerspitzen auf meine Lippen zu legen, in meinen Haaren zu wühlen, und ich rührte mich nicht, ich ließ ihn gewähren, wir hatten die Raserei des ersten Mals in Monterey hinter uns gelassen, wir kehrten wieder zur Langsamkeit zurück.
     
    Die Liebe ist ganz ruhig gekommen. Als sich sein Stöhnen in die Umarmungen mengte, hätte ich weinen mögen. Als der Höhepunkt erreicht war, habe ich endlich eine Träne verloren, ich habe nicht daran gedacht, sie wegzuwischen.
     
    Als die Körper, erschöpft von einer angenehmen Müdigkeit, zurückgefallen sind, blieben wir ausgestreckt auf den Laken liegen, ich habe meinen Kopf auf seine Brust gebettet, die immer noch krampfhaft zuckte, und sagte: »Achtzehn Tage.« Er antwortete: »Verlass mich nicht. Verlass mich nie wieder.« Das war der einzige Schwur, den wir jemals ausgetauscht haben.
     
    Langes, tiefes Schweigen trat ein, das Jack zögernd und merkwürdig umständlich beendete. Auf einmal kam er mir befangen, feierlich vor. Ich hatte schon vorher dunkel eine gewisse Anspannung in seinen lakonischen Antworten, seinen unruhigen Augenlidern festgestellt, ohne es jedoch für Angst zu halten. Außerdem war eine gewisse Verwirrung nicht ungewöhnlich im Augenblick des Wiederfindens, in der Stunde stillschweigender und wahnsinniger Versprechungen. Nun erkannte ich plötzlich ein Unbehagen, vielleicht einen Schwindelanfall. Jack versuchte, mir etwas zu erkennen zu geben, er wollte ein Geständnis loswerden.
     
    In meinem Innern habe ich an eine Erklärung gedacht. Ich meine: eine ausdrückliche Liebeserklärung. Auch wenn dies nicht seine Art war. Und nicht die meine. Aber der Moment schien geeignet für Bekenntnisse. Ich war irgendwie unruhig, ich war nicht darauf vorbereitet und wusste, dass ich unbegabt war für Herzensergüsse.
     
    Jack befreite sich aus meiner Umarmung, richtete sich im Bett auf, wir knieten voreinander, in meinem Rücken rauschten die Wellen des Pazifiks. Jack holte tief Luft.
     
    »Ich habe Billy Greenfield getötet.«

 
    Meine Knie sanken kraftlos in die Laken ein, ich klappte langsam zusammen und landete hinten auf meinen Füßen, Jack hat dieselbe Bewegung gemacht, ich betrachtete ihn, als sähe ich ihn zum ersten Mal. Die Sonne warf eine Lichtlache auf den Parkettboden, die mich blendete.
     
    Als Erstes die Ungläubigkeit.
    Ja, in der Leere der ersten Sekunden dachte ich, er lügt, oder vielmehr, es gelang mir nicht, an seine Schuld zu glauben, es lag außerhalb meines Vorstellungsvermögens, es lag mir zu fern. Ein Mangel an Einbildungskraft, zweifellos: Ich habe ihn nie, nie als Mörder gesehen. Auch eine Erfahrungstatsache: Selbst wenn man sich noch so große Mühe gab, dieser zerbrechliche, rührende Junge entsprach in nichts dem Profil des Mörders. Schließlich ein Reflex: Ich konnte nicht mit einem Mörder schlafen, das war unmöglich, so einfach ist das.
    Dennoch, man gesteht kein Verbrechen, wenn man unschuldig ist. Man klagt sich nicht ohne Grund an. Man beschuldigt sich des Schlimmsten nur, wenn man es begangen hat. Obwohl ich mich mit allen Fasern dagegen wehrte, musste ich zugeben, dass Jack zweifellos dabei war, mir die Wahrheit zu sagen.
     
    Dann die Wut.
    Die Wut auf ihn. Er hatte einen Menschen getötet, das Nichtwiedergutzumachende getan. Auf welche Weise ich die neue Situation auch betrachten würde, das blieb, diese harte und unumstößliche Tatsache: Er hatte Leben ausgelöscht. Er hatte sich, wenn auch nur für wenige Augenblicke, in ein Monster verwandelt. In das Unannehmbare.
    Die Wut auf mich. Ich hatte nichts gesehen. Alle meine Sinne hatten versagt, meine ganze Intuition. Nichts hatte mich gewarnt. Diese Blindheit war wie ein Kunstfehler, wie das Leugnen dessen, was ich zu sein vorgab. Ich vergaß, dass auch die Blindheit Liebe ist.
     
    Danach der Zweifel.
    Der entsetzliche Zweifel. Und wenn er mich verführt hatte, weil er hoffte, auf diese Weise den Kopf aus der Schlinge zu ziehen? Und wenn alles von Anfang
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