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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci
Autoren: Maria Beaumont
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zwei weitere Stunden mieten, weil sie erst einen Ersatz für dich auftreiben mussten.« Richards Zähne sind zusammengebissen, wie kleine, elfenbeinfarbene Dämme, die seine Wut zurückhalten. Ich wünschte, er würde sie stattdessen herauslassen, damit ich es hinter mir habe.
    Richard redet von einer Sprechrolle. Seine Firma will auf eigene Kosten eine Werbung für irgendein angesagtes neues Bier testen. Dafür brauchten sie eine Stimme, die die sieben Wörter am Schluss spricht. Mein Auftritt.
    »Dann haben sie einen Ersatz gefunden?«, frage ich, immer noch flüsternd.
    »Ja, Lisa I’Anson.«
    »Sie ist gut.«
    »Für diesen Auftrag war sie die Falsche. Aber immerhin arbeitet sie professionell und erscheint wenigstens zu ihren Terminen.«
    Aber was erwartet er? Schließlich bin ich seit Jahren raus aus dem Job, und es mangelt mir an Übung. Aber ich sage nichts. Ich hätte von vornherein wissen müssen, dass ich das nicht packe. Ich hätte niemals zusagen sollen.
    Dabei hätte ich es fast geschafft. Ich stand bereits vor dem Tonstudio Saunders & Gordon, wo ich schon hundertmal war, allerdings ist das schon über zehn Jahre her, blieb aber auf der Eingangstreppe wie angewurzelt stehen. Es sind nur sieben kleine Worte, sagte ich mir. Das brachte mich immerhin bis zum Eingang, und ich legte die Hand auf den Türgriff.
    Aber. Ich. Konnte. Mich. Einfach. Nicht. Überwinden.
    Ich bin jetzt Fran, die Mutter. Fran, die Hausfrau. Gelegentlich – eher selten in Anbetracht von Richards Terminkalender – bin ich Fran, die Ehefrau. Mir ist viel zu spät bewusst geworden, dass ich nicht mehr Fran, die Stimmenimitatorin, bin.
    Darum bin ich weggelaufen. Die ganze Strecke bis zum Einkaufsviertel.
    Obwohl ich genau wusste, dass ich hinterher dafür bezahlen muss.
    Hinterher heißt jetzt im Moment.
    »Weißt du, im Grunde hast du nur dir selbst geschadet ... Vergiss es, das ist Blödsinn«, explodiert Richard schließlich. »Du hast vor allem mir geschadet. Ich habe mich für dich ins Zeug gelegt. Ich habe all die blöden Sprüche in der Firma überhört, von wegen Vetternwirtschaft und so. Ist doch egal, habe ich mir gesagt, Hauptsache, der Auftrag wird ordentlich erledigt. Was allerdings voraussetzt, dass man zum Termin erscheint und seinen Job macht. Also, sag mir, Fran, was zum Teufel war los? «
    Ich zucke zusammen, weil Richard mich so scharf anfährt.
    »Ich bin nur ... Hör zu, ich wollte es wirklich machen, ich schwöre ... aber ich konnte einfach nicht.«
    »Du konntest einfach nicht.«
    »Ja. Du hast ja keine Vorstellung, wie ... wie viel Angst ich hatte.«
    »Entschuldige bitte, aber seit wann hast du Angst vor einer kleinen Sprechrolle? Das waren doch gerade mal sieben Wörtchen. Es war nicht mal eine Kamera dabei. Kein Mensch wird sehen, wer diese verdammten sieben Worte spricht. Du hättest die Sache ganz locker geschaukelt, Fran. Du bist schließlich erstklassig. Das ist doch genau dein Ding. Das ist das, was du machst.«
    Nein, Richard, was ich mache, ist Kochen, Putzen und Pausenbrote vorbereiten. Genau das ist jetzt mein Ding. Ich weiß, wir haben end lose Diskussionen darüber geführt, mich wieder in die richtige Welt zurückzuführen. Aber woher hätte Richard wissen sollen, dass die richtige Welt derart Furcht einflößend ist? Mir war ja selbst nicht klar, wie viel Angst ich haben würde.
    »Fran, rede mit mir«, lässt Richard nicht locker. »Was zum Teufel war heute Morgen mit dir los?«
    »Ich weiß es nicht, Richard. Wahrscheinlich ging mir einfach die Düse.«
    »Aber warum denn? Schließlich ist das dein verdammter Beruf«, sagt er, und Verzweiflung scheint ihn zu übermannen.
    »Das war mal mein Beruf.«
    »Nun, vielleicht hättest du mal erwähnen können, dass du dich zur Ruhe gesetzt hast, als ich dich gefragt habe, ob du den Auftrag machst. Was sagen denn deine Freundinnen dazu? Ich meine, Sureya zum Beispiel muss dich doch für total bescheuert halten.«
    »Sie hat nichts gesagt ... aber ich habe ihr auch nichts davon erzählt.«
    »Natürlich nicht. Warum auch, wenn du schon von vornherein gewusst hast, dass du nicht die Nerven dazu hast!« Er unterbricht sich und fährt sich durch die Haare. Er versucht sich zu beruhigen. Dann sieht er mich an und merkt, dass ich gerade zu einer Erklärung ansetzen will. »Hör zu, komm mir jetzt nicht wieder mit diesem ›Ich bin nur Hausfrau‹-Quatsch«, sagt er. »Das zieht bei mir nicht mehr.«
    Das ist kein Quatsch, das entspricht den Tatsachen! ,
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