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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci
Autoren: Maria Beaumont
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würde ich am liebsten brüllen, lasse es aber. »Hör mal, es tut mir wirklich leid«, stammle ich stattdessen im Bemühen, Richard zu besänftigen. »Es wird nicht wieder vorkommen, versprochen.«
    Er hört mir gar nicht richtig zu und starrt ins Leere. »Weißt du was? Mir reicht’s. Ich bin es endgültig leid, mich für dich einzusetzen und dich zu motivieren. Es wird sich ohnehin nichts ändern, oder? Also finden wir uns damit ab, dass du keinen Wert darauf legst, aus deinem Trott mal auszubrechen.«
    »Nein, es wird sich was ändern. Es ist zwar nicht leicht, aber ich werde definitiv –«
    »Hör auf. Sei jetzt bitte still. Das habe ich schon zu oft von dir gehört. Bitte, lass es, du beleidigst nur meine Intelligenz.«
    Du beleidigst meine Intelligenz . Genau die Worte, die Michael Corleone zu seinem Schwager sagt ... kurz bevor er ihn umbringt.
    Richard streift seine Schuhe ab, und ich warte darauf, dass er fortfährt, aber offenbar ist die Unterhaltung beendet. Anscheinend hat er es endgültig mit mir aufgegeben, denn er legt jetzt eine DVD ein und lässt sich anschließend auf die Couch fallen. Die Sopranos . Richard hat ein Faible für Mafiafilme, und Die Sopranos ist seiner Meinung nach die beste Fernsehserie der Welt. Eine Serie, die das Leben von kriminellen Weiberhelden schildert, die wie Parasiten auf Kosten der ehrlichen und hart arbeitenden Gesellschaft leben. Was sagt das über Richard aus?, frage ich mich.
    Aber ich bin nicht in der Position, Kritik zu üben – jedenfalls nicht heute Abend. Ich sitze still da und starre auf die Mattscheibe, ohne zu murren. Ich habe das verzweifelte Bedürfnis, mich nochmals zu entschuldigen. Und nochmals. Aber da wir uns eine DVD anschauen, gibt es nicht einmal eine Werbeunterbrechung, in der ich Richard erneut um Verzeihung bitten könnte. Und bis die DVD zu Ende ist, werde ich nicht mehr den Willen haben, das Thema erneut anzuschneiden. Ich kann nicht behaupten, dass Entschlossenheit zu meinen Stärken zählt.
    Tu es einfach ... und mach dir nicht so viele Gedanken, wenn es nicht klappt.
    Während der Vorspann läuft, nehme ich die Zigarette wieder in die Hand, die ich anzünden wollte, als Richard nach Hause kam. Als sie brennt, wedelt Richard den Rauch von sich fort. Wieder ein Stein des Anstoßes.
    »Kaffee?«, frage ich mit ruhiger Stimme.
    Er grunzt ein Nein. Ich stehe auf, um in die Küche zu gehen und mir einen Kaffee zu machen, wobei ich die Zigarette mitnehme.
    Erst im letzten Moment entscheide ich mich für ein Glas Wein, da die Flasche bereits geöffnet ist.

19
 
    M ittwoch. Normalerweise lasse ich das Mittagessen immer ausfallen. Heute jedoch breche ich gerne mit dieser Tradition.
    »Und, wie läuft es bei dir?«, frage ich, den Mund voller Grünzeug, das mit Balsamico beträufelt ist. Nicht begossen oder willkürlich besprenkelt, sondern beträufelt. Selbstredend.
    »Die Castingassistentin treibt es mit dem Produzenten, der Beleuchter mit der Visagistin, und ich habe was mit Phoebe, der niedlichen Hairstylistin«, antwortet meine Freundin. »Das Übliche halt. Ich will mich ja nicht beschweren, aber ich habe mir wirklich Mühe mit der Kleinen gegeben, und trotzdem sieht meine Frisur beschissen aus.«
    Das finde ich ganz und gar nicht. Im Gegensatz zu meinen mausgrauen Fransen sieht Summer mit ihrer üppigen roten Lockenmähne immer perfekt gestylt aus, wie ein Filmstar eben, obwohl ich sie mittlerweile nicht mehr so häufig zu Gesicht bekomme. Was hauptsächlich daran liegt, dass das Zentrum ihres Universums nicht die Arlington-Grundschule ist. Summer hat nämlich ein Leben.
    Ihr Leben ist momentan ein Film – ein richtiger Kinofilm. Sie spielt darin zusammen mit Clive Owen und Minnie Driver. Nun ja, immerhin ist sie in einer Marktszene für dreißig Sekunden neben den beiden im Bild zu sehen. »Das ist nur eine Minirolle, ehrlich«, meinte sie dazu. Summer spielt die Sache herunter, was typisch ist für sie. Sie will nämlich keinen Neid bei mir wecken. Es würde mich nicht überraschen, wenn auf dem Kinoplakat ihr Name über dem von Minnie Driver steht.
    »Ich brauche deine Hilfe«, sagt sie. »Der Dialogregisseur kann Osteuropa nicht von Ostern unterscheiden. Dank ihm klinge ich wie eine polnische Analphabetin. Was ist das Geheimnis?«
    »Es gibt kein Geheimnis, moja zabcia .« Ich sage ihr das in meinem besten Danziger Akzent. »Der einzige Trick ist, dass man tief aus der Kehle sprechen muss. Wie wenn man würgt.«
    Ich habe schon ewig
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