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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci
Autoren: Maria Beaumont
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zu machen, was?«
    »Sorry, aber so ist nun mal das Leben, fürchte ich.«
    »Nein, so ist es nicht. Es kümmert dich nur nicht.«
    »Na schön, na schön, aber wie gesagt, ich bin dabei, ein paar Dinge zu ändern. Samstag in einer Woche werde ich völlig verwandelt sein ... Du kommst doch, oder?«
    »Davon können mich keine zehn Pferde abbringen, mein kleiner Frosch«, erwidert Summer. Sie legt ihre Hand auf meine, und ich weiß, dass sie trotz aller Sticheleien und trotz allem Nichtverstehenwollen immer noch einen Draht zu mir hat, wie das nur unter richtigen Freundinnen möglich ist.
 
    Ich eile nach Hause und beginne mit dem Kochen. Das heißt, ich taue das Hackfleisch auf und rühre die Fertigsauce an. Die Pilze und die Petersilie, die ich hinzufüge, sollen davon ablenken, dass die Sauce nicht selbst gemacht ist. Geniestreich, oder eher eine Verzweiflungstat? Ich weiß, was Summer sagen würde. Sie hat zahlreiche Theorien über mich.
    Summer war das einzige Kind der liebevollsten Eltern, die man sich vorstellen kann. Sie selbst beschreibt ihren Vater allerdings als manisch depressiven Soziopathen (der nach außen hin einen total sanften und ruhigen Eindruck machte) und ihre Mutter als eigensinnige Exhibitionistin (sie sang immer während der Hausarbeit). Summer hält ihre Mutter zudem für eine Indoor-FKK-Anhängerin, weil sie früher immer nackt und ohne Handtuch durch die Diele ging, um vom Bad ins Schlafzimmer zu gelangen. Sehr offensichtlich.
    In Wahrheit war überhaupt nichts verkehrt mit Summers Eltern. Aber sie muss ja ihre ganzen Therapiestunden rechtfertigen, die bei Künstlern einen ähnlichen Stellenwert haben wie Sauerstoff – ich brauche nur Luft zum Atmen und eine Therapie . Ihre Eltern verstehen sie nicht, argumentiert Summer – und ihr Therapeut gibt ihr Recht. Die Tatsache, dass ihre Eltern nicht ausflippten, als sie sich als lesbisch outete, interpretiert sie heute als eine eindeutige Ablehnung. Außerdem hatten sie kein Verständnis dafür, dass Summer ihren Namen ändern musste. (Ihr Taufname ist »April«, der zwei lange Monate von ihrem eigentlichen Naturell entfernt ist. Ich fragte sie einmal, warum sie sich nicht in June umbenannt habe. Sie antwortete, ich solle nicht albern sein, wer würde sich schon nach einem einzelnen Monat benennen, wenn er auch eine ganze Jahreszeit haben kann. Wie viel Geld sie auch immer dem Therapeuten bezahlt, es ist eindeutig zu viel.) Das größte Verbrechen ihrer Eltern war, innerhalb von drei Monaten nacheinander zu sterben, wie das bei alten Eheleuten, die ihr ganzes Leben miteinander verbracht haben, oft geschieht. Aber nicht die Natur hat ihren Lauf genommen, sondern die Eltern haben kapituliert – und sich bis zum bitteren Ende geweigert, Summer zu verstehen. So stellt sie es zumindest dar, aber schließlich ist sie Schauspielerin: Das ganze Leben ist ein Drama.
 
    »Sensationell« The Times
    »Eine atemberaubende Aufführung« Time Out »Das Londoner Theater hat noch nie eine so herzzerreißende Darbietung erlebt wie von Summer Stevens in Wie koche ich ein Ei? «
 
    Nachdem Summer nun nicht mehr das Verhalten ihrer Eltern analysieren kann, nimmt sie mit mir vorlieb. Zum Beispiel mein Talent, Stimmen zu imitieren. Ich habe versucht, ihr klarzumachen, dass es nur etwas ist, was ich kann – wie andere Leute zeichnen oder ihre Daumen bis zum Handgelenk zurückbiegen können –, aber sie gibt keine Ruhe. »Ich habe mich in Summer umbenannt, um meine Persönlichkeit zu unterstreichen«, sagte sie einmal. »Deine Stimmenimitationen sind unbewusst ein Akt der Verleugnung. Du verdrängst dein wahres Ich – und versteckst dich hinter fremden Identitäten.«
    Ich widersprach nicht. Das macht keinen Sinn bei Leuten, die in therapeutischer Behandlung sind. Die haben alle einen Knall. Summer würde zum Beispiel sagen, dass ich die Pilze und die Petersilie in die Fertigsauce gebe, weil ich keine Selbstachtung habe, was daher rührt, dass meine Eltern mich misshandelt haben, indem sie die Frechheit besaßen, sich zu trennen, als ich noch klein war, und mich so absichtlich zu einem Opfer des Alleinerziehendensyndroms machten. Und ich dachte, ich tue das nur, um meinen Kindern die Fertigsauce schmackhafter zu machen ... Aber hey, was zum Teufel weiß ich schon?

18
 
    V or vierzehn Jahren, als Richard und ich uns kennen lernten, lief meine Karriere wie am Schnürchen. Ich hatte zwar nicht Summers Aussehen, aber das spielte keine Rolle. Meine Stimme war sehr
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