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Kassandras Fluch

Kassandras Fluch

Titel: Kassandras Fluch
Autoren: Jason Dark
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DIE SUCHE
    Ausgerechnet jetzt kam der Nebel!
    Irgendwo über dem Meer mußte er sich gebildet haben, war an den steilen Felsen hochgekrochen, um sich auf dem alten Friedhof auszubreiten wie ein riesiges, wogendes Leichentuch. Unser Pech…
    Ich unterdrückte einige Flüche. Suko, mein Freund und Kollege, der neben mir stand, schnitt Grimassen, die eigentlich auch alles sagten. Jedenfalls hatten wir damit nicht gerechnet und sahen die Grabsteine allmählich verschwimmen.
    »Den hat der Teufel geschickt«, flüsterte Suko. »Der will einfach nicht, daß wir gewinnen.«
    »Sonst wäre er nicht der Satan.«
    Suko verschluckte eine Bemerkung, schaute nach links, wo die halbzerfallenen Mauern eines alten Leichenhauses eine irgendwie schaurige Kulisse bildeten.
    Überhaupt glich dieser Friedhof einer idealen Kulisse für einen Gespenster-Film. Solche Wesen sollte es hier nicht geben, auch keine Geister, dafür einen anderen.
    Joaquim Spinosa!
    Ein Mann, von dem ich nicht viel wußte. Einige hielten ihn für tot, andere wiederum lachten kichernd und wissend, wenn sie das hörten. Sie behaupteten, Spinosa sei nicht tot gewesen.
    »Er lebt«, flüsterten sie. »Und wie er lebt. Mit der Kraft des Teufels existiert er. Er ist tot, und er ist nicht tot. Wißt ihr Bescheid?«
    Was immer Spinosa auch war, ob lebend, ob untot, wir hatten den Auftrag, ihn zu stellen und ihm vor allen Dingen etwas abzunehmen. Es war der dritte Teil eines Ringes.
    Aus drei Teilen bestand der Stein. Wir sollten die drei Teile finden und sie an einen bestimmten Platz bringen, aber soweit war es längst noch nicht. Bisherhatten wir nicht einmal das erste Drittel des Ringes gefunden.
    Angeblich sollte Spinosa ihn haben, und auf den warteten wir hier. War er tatsächlich ein Zombie, dann konnte er diesen Ort als idealen Unterschlupf bezeichnen. Jedenfalls wußten wir aus sicheren Quellen, daß er seine Finger in einigen Geschäften stecken hatte und hier im nordspanischen Baskenland einen Namen besaß, den viele Menschen fürchteten.
    Auf diesem Friedhof wurde niemand mehr begraben das hatte uns ein Kenner der Szene mitgeteilt, und wir sahen keinen Grund, ihm nicht zu glauben.
    Mit dem Nebel kam die Kühle. Tagsüber war es warm gewesen, aber jetzt, wo sich der Nachmittag allmählich dem Ende zuneigte, zogen von Westen her zusätzlich Wolken auf, und der graue, träge Dunst bekam vom Meer her Nachschub.
    »Sollen wir die Gräber absuchen?« erkundigte sich Suko.
    »Toll, kannst du die Namen auf den Steinen lesen?«
    »Wenn ich mich anstrenge.«
    »Und Spinosa?«
    »Tot ist er ja nicht…«
    »Eben.«
    Suko schüttelte den Kopf, als er grinste und dabei noch sprach.
    »Zombies, lange Zeit haben wir mit ihnen nichts zu tun gehabt. Ich hatte schon vergessen, daß es sie gibt.«
    »Ist nicht jeder Vampir ein Zombie?«
    »Im Prinzip schon.«
    »Dann bleiben sie uns auch erhalten, Alter.«
    Und der Nebel nahm zu. Die Umgebung war längst in der bleichen Suppe verschwunden. Aus dem Tal her hörten wir einen schrillen Pfiff. Es war eine Lok, die sich bemerkbar machte, denn hinter dem Friedhof befand sich ein Bahnhof.
    Natürlich hielten wir uns allein auf dem Friedhof auf. Dennoch hatten wir das Gefühl, als würden irgendwelche Gestalten zwischen den Gräbern einherschleichen. Das aber konnte durchaus an den Nebelwolken liegen, die sich immer mehr verteilten.
    »Hat es Sinn, daß wir hier stehenbleiben und auf unseren lieben Freund warten?«
    Ich grinste Suko an. »Wenn du so sprichst, Alter, hast du einen Plan.«
    »Richtig. Wir sollten uns trennen und den Friedhof von zwei Seiten her untersuchen. Bleiben wir hier, werden wir kaum etwas entdecken können, das ist doch klar.«
    »Stimmt.«
    »Dann mach dich auf die Socken.« Suko steckte voller Aktivitäten und bewegte sich nach links weg.
    Ich schaute ihm so lange nach, bis er im Dunst verschwunden war, dann ging ich ebenfalls los. Der Dunst gab mir das Gefühl, überhaupt nicht den Boden zu berühren, sondern darüber hinwegzuschweben. Vor Jahren einmal mochte der Friedhof gut ausgesehen haben. Davon war nichts mehr übriggeblieben. Vergebens hielt ich nach Wegen oder Pfaden Ausschau. Im Laufe der langen Jahre waren sie zugewuchert. Jetzt wuchs dort nur Unkraut.
    Alte Grabsteine, manche schief im Boden steckend, als hätten die Kräfte eines Erdbebens an ihnen gezerrt.
    Suko war zwischen den Mauern der alten Trauerhalle verschwunden, ich bewegte mich in die entgegengesetzte Richtung und blieb dort stehen, wo die
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