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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci
Autoren: Maria Beaumont
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mordlüstern, auch wenn nicht klar ist, ob sie mir oder dem armen Thomas nach dem Leben trachtet. »Ich melde mich bei Ihnen«, sage ich und eile auf den Sportplatz, um meinen zehnjährigen Sohn einzusammeln und in Sicherheit zu bringen.

20
 
    I ch schlage die Decke auf, und Molly klettert dankbar in ihr Bett. Sie liebt es, schlafen zu gehen. Ich decke sie bis zum Kinn zu, während sie die beiden Teddys, die sie heute Abend ausgesucht hat, links und rechts neben sich drapiert. Ihre Haare, genauso schwarz wie die ihres Vaters, sind wie ein Fächer auf dem Kopfkissen ausgebreitet. Ihr Gesicht ist eine Oase unberührter Schönheit. Bei einem solchen Anblick weiß man plötzlich, dass alles gut wird.
    »Gute Nacht, mein Engel«, sage ich und beuge mich hinunter, um ihr einen Kuss zu geben.
    »Mummy, kannst du nicht noch mal Bart machen –«
    »Genug für heute. Es ist schon spät, Engelchen, schlaf jetzt.«
    Ich stehe auf und gehe rückwärts aus dem Zimmer. Die Tür lasse ich wie immer weit auf, wie Molly es gern hat. Danach gehe ich in Thomas’ Zimmer. Da er fünf Jahre älter ist, darf er im Bett noch lesen, bis er müde ist. Meistens etwas pädagogisch Wertvolles, beispielsweise die Anleitung für sein neues Playstation-Spiel.
    »Mrs Gottfried will sich mit mir unterhalten, Tom«, sage ich. »Kannst du mir sagen, warum?«
    Ich muss den Hals verrenken, um meinen Sohn zu sehen, und das liegt nicht daran, dass er sich unter seiner Bettdecke in Tarnfarben verkrochen hat. Das Bett ist nämlich einen Meter achtzig hoch und sieht nicht aus wie ein gewöhnliches Bett, sondern ähnelt einer Raumkapsel auf Stelzen im Ikea-Design. Unter der Plattform, auf der die Matratze liegt, befindet sich die integrierte Arbeitsstation samt Frachtraum mit allen möglichen Ablagefächern und Schubladen. Ein Wunderwerk schwedischer Innenarchitektur zum Schleuderkurs. Von den Schweden kann sich die NASA noch etwas abschauen.
    »Thomas?«, frage ich.
    Widerwillig taucht er unter der Decke hervor, eine Infrarot-Lesebrille um den Kopf, die Spieleanleitung für Duke Nukem: Time to Kill in der Hand. Er sieht richtig zum Fürchten aus, und ich mache unwillkürlich einen Schritt rückwärts.
    Meine Fantasie gaukelt mir kurz vor, dass Thomas skandiert »Redrum, redrum, redrum.«
    Aber in Wahrheit sagt er bloß: »Was?«
    »Mrs Gottfried will mit mir sprechen. Ist heute etwas in der Schule vorgefallen?«
    »Nö, nichts.« Er dreht das Gesicht zur Wand und starrt auf den Arsenal-Wimpel auf dem Poster von Cesc Fábregas. Unterhaltung beendet.
    »Okay. Gibt es etwas, das du mir erzählen möchtest?«, hake ich nach.
    »Nein. Bitte geh. Ich bin beschäftigt.«
    Und schon taucht er wieder ab. Unter seine Bettdecke, um seine Lektüre fortzusetzen. Woran im Grunde nichts verkehrt ist. Seit wir Thomas die Playstation 2 geschenkt haben, hat er zwei Lesekurse übersprungen. Es kann also nicht verkehrt sein.
    »Nacht, mein Liebling«, sage ich laut und schließe die Tür, sodass es im Zimmer wieder stockdunkel ist, wie er es gern hat.
    Ich frage mich, wie ich zwei so unterschiedliche Kinder in die Welt setzen konnte. Ich muss mal mit Richard ein ernstes Wort reden. Ich erwarte von ihm einige Erklärungen, da ich langsam Zweifel habe, ob wirklich ich die leibliche Mutter von den beiden bin.
    Ich gehe nach unten ins Wohnzimmer. Richard ist noch nicht da, aber das ist nichts Ungewöhnliches. Mit etwas Glück wird es heute Abend besonders spät, und wenn er dann total erledigt von einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause kommt, liege ich bereits im Bett und schlafe. Sehen Sie, ich war heute nicht dort, wo ich hätte sein sollen – ich glaube, das habe ich bereits erwähnt. Richard wird darüber gar nicht glücklich sein. Besser, ich schlafe schon, bevor er mir das mitteilt.
    Ich mache es mir auf der Couch bequem, schnappe mir die Fernbedienung und zappe mit der einen Hand durch die Programme, während ich mit der anderen eine Zigarette aus der Schachtel fische. Gerade als ich mir die Zigarette zwischen die Lippen stecke, dreht sich der Schlüssel im Haustürschloss. Gleich darauf steht Richard im Türrahmen und starrt mich an. Seine Krawatte ist gelockert, sein Hemdkragen steht offen, und sein Gesicht strahlt pure Enttäuschung aus.
    »Was zum Teufel war los?«, kommt er direkt auf den Punkt.
    »Es tut mir wirklich leid«, flüstere ich beinahe lautlos.
    »Ist dir klar, wie viele Leute du heute versetzt hast? Das kostet Geld, Fran. Sie mussten das Studio für
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