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(Gummi-) Baerenstarke Kerle

(Gummi-) Baerenstarke Kerle

Titel: (Gummi-) Baerenstarke Kerle
Autoren: Katja Krieglstein
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Der Neue
     
    Es war einmal... Ja, so hätte ich jetzt anfangen können, aber die Wirklichkeit ist meist nicht so märchenhaft, oder vielleicht doch? Es war also einmal ein stinknormaler Tag wie jeder andere. Die Sonne ging morgens auf, ich hatte keine Lust aufzustehen, mein Wecker klingelte Sturm und ich donnerte ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Fast wie immer, nur dass ich mir diese Mittagspause einen neuen Wecker kaufen durfte. Schon wieder zu spät. Ich hasse Aufstehen. Ich rappelte mich auf, hangelte mich ins Badezimmer, legte ein leichtes Make-up auf, schlüpfte in meine Klamotten vom Vortag und rannte in die Küche. Dann kämpfte ich wieder mal mit dem Dosenöffner, ein furchtbar widerspenstiges Ding, gewonnen!!! Bekam die Katzenfutterdose auf, worüber sich Alibaba riesig freute. Dann noch etwas Wasser in den Napf mit einem Schuss Milch – dieses Vorhaben vereitelte mir mein lieber weißer Kater mit beängstigender Regelmäßigkeit, so auch an diesem Morgen. Er rammte vor lauter Begeisterung mit seinem kleinen Köpfchen die Schale, und die Milch ergoss sich über den Küchenfußboden. Danke!! Ich fing also an zu wischen und feudelte die verschüttete Milch auf, wuschelte dem verdutzten Kater noch mal schnell über den Kopf und machte mich schleunigst auf den Weg ins Büro.
     
    Ich arbeitete bei einer Verpackungsfirma, von Schuhen bis zu Kühlschränken, alles bekam bei uns einen Karton, und ich saß im Büro. Allerdings arbeitete ich meist für den großen Chef persönlich. Das Netteste waren die Blumengrüße an seine Frau, da durfte ich immer richtig kreativ werden und mir kleine Sprüchlein einfallen lassen, z.B. wenn er mal wieder den Hochzeitstag vergessen hatte! Ja mein Chef! Ein netter älterer Herr, mit Bauch und grauen Schläfen, aber nicht zu unterschätzen. An diesem Tag kam ich in der Firma an, setzte mich an meinen Schreibtisch und begann, die Post durchzusehen. Das Telefon klingelte, Ursula war dran. Sie teilte mir mit, dass wir uns alle um 15 Uhr im Konferenzsaal 3 einzufinden hätten, warum wusste keiner so genau.
    Um 15. 30 Uhr wussten wir es dann alle. Konferenzraum 3 war der größte, und das ganze Büropersonal war hier versammelt. Der Chef stand am Ende des langen Tisches, und neben ihm stand so ein junger Typ und tat unheimlich wichtig. „Das ist mein Sohn!“, erzählte uns der Chef stolz. Gehört hatte ich schon einiges von seinem Junior, aber dass er sich hier mal herbemühen würde, wäre mir nicht im Traum eingefallen. Der Sohn hieß Stefan und sollte demnächst die Firma leiten. Unser lieber Chef wollte sich zur wohlverdienten Ruhe setzen und mit seiner Frau in der Karibik segeln gehen! Toll, ich wollte auch lieber segeln als hier im Büro zu schwitzen! Ein halbes Jahr wollte er noch bleiben und seinem Stefan auf die Finger sehn, dann: „Auf Wiedersehen!“. Falls Stefan die Firma in den Bankrott treiben würde, wäre es ja sein Erbe! Ursula stand während der Ansprache neben mir, wir sahen uns nur an und verdrehten die Augen, wo das wohl hinführte?
    Tja, nun hatte ich also einen Dressman zum Boss!
    Stefan war kompetent, groß, brünett und nie wirklich solo! Das, was sein Vater in meiner ganzen Zeit hier an Blumen verschickt hatte, schaffte er in einer Woche! An „Mary, Louis, Tanja, Helga, Helen...“ Ich hatte kaum noch Zeit, meine Arbeit zu verrichten, weil ich ständig irgendwelche Schmeicheleien per Fleurop aufzugeben hatte. Aber das halbe Jahr hielt ich durch und auch noch etwas länger, als seine persönliche Sekretärin. Soweit man von persönlich sprechen konnte – er hinterließ mir alle Anweisungen auf Band, oder es lagen kurze Notizen auf meinem Schreibtisch. Er sah mich nicht! Doch, manchmal sah er mich, meist kurz vor meiner Mittagspause. Dann kam er mit Dackelblick an meinen Schreibtisch und bat mich, ihm eine Tüte Gummibären zu besorgen, natürlich nur wenn ich Zeit hätte und es mir nichts ausmachte, einen Abstecher zum Supermarkt zu machen!? Es machte mir nichts aus. Nach zwei Wochen hatte ich schon ein Lager von mindestens vier Tüten in meiner Schublade, damit ich nicht jeden zweiten Tag losrennen durfte! Wenn er nervös war, konnte er nicht ohne diese Fruchtgummis leben. Anstatt zu rauchen inhalierte er Gummibären! Fatal an der Sache war, er pickte sich nur die Roten raus, der klägliche Rest landete dann kurzerhand auf meinem Tisch mit den Worten: „Wenn Sie möchten, bedienen Sie sich, ansonsten landen sie eh im Müll!“ Und das Fatale daran
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