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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily
Autoren: Jürgen Saarmann
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dann von einem vorbeigleitenden Greifer abgerissen wird ... siehst du, das wäre mir nicht passiert ... diese Roboter sind einfach schlampig ... geschieht aber wohl sehr selten ... also verdummen die Jungs, nichts zu tun ... tagtäglich Langeweile angesichts dieser kompromisslosen, kopflosen, genormten Qualität ... aber in ihrem nutzlos gewordenen Job gehalten ... von einer streiklustigen Bande von Gewerkschaftern und aufsässigen Betriebsräten ... die bei vollem Gehalt in ihren Büros sitzen und ihren stinkenden Thermoskannenkaffee saufen ... und ansonsten vor allem das große Nichts bearbeiten ... und darüber soll ich eine Reportage schreiben ... eine Reportage, keine ironische Glosse ... was erwarten die denn bei so einem Scheiß ... dann erhebt der Kleine ... ja, Doktor Kultur ist das ... der mit dem schütteren Haar ... der kann doch erst dreißig sein ... was das wohl für ein Doktor ist ... dann erhebt dieses Männlein seine dünne Stimme ... und erinnert daran, dass wir nicht nur die gesellschaftliche Relevanz dieser Produktionsmethoden, sondern auch ... au Backe! das wäre fast schief gegangen ... diese heutigen Busfahrer haben die Fortbewegung auf dem Truppenübungsplatz gelernt ... sondern auch den Prozess als Gesamtkunstwerk ... als Ausfluss des Fortschrittsstrebens im Sinne einer allgegenwärtigen Vermüßigung ... bla bla bla ... Adorno? Beuys? Müller? ... und ich auf dem Stuhl des Angeklagten ... das Gesicht vom Chef ... wie sich das gütig-verzeihend verzog ... als ich ihm mitzuteilen versuchte, dass zu einer wirklichen Reportage Menschen gehören ... tätige Menschen ... dass das Gefühlsleben und zielgerichtete Wirken von Robotern vielleicht einen leider täglich immer größer werdenden Kreis von Technik-Freaks interessiert ... aber doch nicht die Leserschaft eines gutbürgerlichen, regional verbreiteten Wochenblattes ... wir müssten mit der Zeit gehen, meint er doch da ... unserem Publikum einen Eindruck davon vermitteln, wie wohltuend der Fortschritt in unser Leben eingreife ... da alle schweren und eintönigen Arbeiten zunehmend von hocheffektiv arbeitenden Maschinen übernommen würden ... Arschloch ... halt, hier geht es rechts ab ... die nächste Straße, die ich sonst immer nehme, ist ja gesperrt ... wieder der Fortschritt ... da wird das alte, wunderschöne Rathaus von neunzehnhundertundeins mit all seinen Erkern und Säulen und Pilastern abgerissen ... wie heimelig verwinkelt es darin wohl einmal gewesen ist ... und ein hässlicher, verglaster Kasten dafür hingestellt ... für dessen Pläne ein Architekt ... der gerade einmal eine Senk- von einer Waagerechten unterscheiden kann ... und ungefähr zwei Baustoffe kennt ... einen Preis erhalten hat ... um wieder auf dem nutzlosen Rasenstück davor ein Schild aufzustellen ... dreißigtausend Quadratmeter Bürofläche, ohne Courtage ... natürlich mit dem Hinweis für die Dummen ... schon zwanzigtausend vermietet ... aber diese Straße ist wirklich noch pittoresk ... lange nicht hiergewesen ... hübsche Jahrhundertwendevillen mit kleinen Vorgärten ... ich wette, die haben in manchen Räumen noch Stuck ... tausendmal überstrichen zwar ... aber man kann vielleicht noch ahnen, wie angenehm das Wohnen einmal gewesen ist ... hm, mit Einschränkungen ... die sanitären Anlagen ... einmal die Woche baden ... ah, ich wusste doch, dass es jetzt krachen würde ... Männer unter dreißig und über sechzig sollte man gar nicht mehr in ein Auto lassen ... und es werden ja immer mehr Alte, wie man so hört ... ja, merken kann mans auch ... jeder zweite ist heute schon über hundert, so wie die fahren ... wahrscheinlich in ihrer Jugend auch mit Lebertran gepäppelt ... und mit Pferdefuhrwerken groß geworden ... ach, das alte Spielwarengeschäft ... wo meine Eltern mir früher immer Nachschub an Legosteinen ... und manchmal eine Lok oder einen Waggon für meine Märklin-Eisenbahn gekauft haben ... das gibt es noch: erstaunlich ... aber verändert, meine Herren ... im Schaufenster fast nur noch asiatischer Kunststoff in greulichen Farben ... Gegenstände, die aussehen, als wären sie einem Alien mit dem Skalpell entnommen ... was machen die Kinder nur damit ... außer langziehen und zusammenquetschen kann man damit doch nichts anfangen ... vielleicht noch der alten Tante auf den Stuhl legen ... iiih! und wie gelacht ... oh, guten Tag! ... das war doch, oder? ... hey, das war doch, glaube ich ... die Mutter von Martha ... die aus der Tür kam ... was die
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