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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily
Autoren: Jürgen Saarmann
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in den letzten beiden gab es ja noch Jungs, die sich freiwillig meldeten ... mal kurz raus in das beflügelnde Bad der Schlacht ... der Stahlgewitter ...das echte Leben sehen ... und, wenn es denn sein sollte, genießen ... der Gott in Frankreich ... raus aus Metz, Paris ist größer, sagte meine Mutter manchmal ... wenn sie uns morgens aus dem Bett scheuchen wollte ... heute wäre so ein europäischer Krieg eher langweilig ... nur noch Generäle, die au f ihren digitalen Lagekarten nach ihren virtuellen Divisionen suchen ... keiner hat mehr Lust auf ein wenig Sterben ... trotz Jünger, der ja einen Heidenspaß dabei hatte ... ist aber wohl eher eine Abneigung, sich für so wenig Geld anzustrengen ... und womöglich etwas abzukriegen ... als wirklich tief verwurzelter Pazifismus ... jedenfalls sollte man diesen Hundehaltern die gesammelten Exkremente ihrer Tiere in die Wohnung karren ... auf den im Kaufhaus erworbenen, fast echten Perser kippen ... eine Fuhre widerlichen Gestanks ... und aussehen tut das ja auch wie zu Tode gemartertes Biobrot ... die Haufen eines einzigen Jahres ... das arme Vieh würde mit Hilfe einer netten Injektion schnell erlöst, da bin ich sicher ... jetzt erst mal unterstellen ... die Markise tropft ganz schön ... nein, sie rinnt ... Quatsch, der Regen ist es, der rinnt ... wollen doch versuchen, klar zu denken ... die Markise gibt nur weiter, was sie von oben erhält ... kein Schirm weit und breit, und zu Hause steht eine ganze Sammlung ... von irgendwelchen Frauen mitgebracht ... zum Schutz von Frisur und Make-up und Klamotten ... und dann nicht wieder mitgenommen ... regnete einfach nicht ... oder mussten zu schnell weg ... zu Ehemann, Job, Kindern oder Haustieren ... ja, diese wunderschönen Augenblicke ... wenn sie gehen mussten ... aber eigentlich gar nicht wollten ... schon geduscht, frisiert ... nach den neuesten Kreationen aus dem Duftstofflabor riechend ... und ich noch in ganzer Länge im Bett ... völlig entspannt und zerwühlt ... manchmal gab es dann trotz der Eile noch ein  kurzes Nachspiel ... nur Hose und Slip aus ... das Leben bietet manchmal doch wunderbare Augenblicke ...und Anblicke ... ach Martha! ... so schöne Brüste ... zum Kindersäugen viel zu schade ... lassen wir das, hatten wir schon ... und ändert ja doch nichts ... das Ding beginnt durchzuweichen, es tropft durch ... klar, hängt bei jedem Wetter draußen, und die Sonne hat die Imprägnierung einfach aufgefressen ... im Laufe der Jahrzehnte ... aber hübsch: orangerot mit einer unregelmäßig verlaufenden Patina in rostbraun ... das ist ein Buchladen! ... ich gehe rein ... die jetzt doch merkliche Kühle hier draußen und drinnen Bücher ... vielleicht haben sie inzwischen einen weiteren Sirin aus der neuen Gesamtausgabe reinbekommen ... endlich Fahles Feuer wieder lesen zu können ... die alte Edition werde ich natürlich nicht mehr anfassen ... allenfalls, um sie zu verschenken ... kommt aber kaum in Frage ... ist zu vergilbt, zu stark geräuchert ... vielen Dank, nein, ich schaue nur so rum ... Mann, die hat bestimmt noch nie ein Buch zu Ende gelesen ... kann sie gar nicht, bei so einer Dioptrienstärke ... die Augen wie Medusen hinter ihrer Brille ... aber ganz nette Figur ... ohne Sehhilfe nimmt sie bestimmt nur noch vage ineinanderwehende Farben wahr ... auch nicht schlecht ... wie ein harmloser Trip ... keine Details mehr, nur noch Schemen, Gerüche, Geräusche ... Taumelsinn kommt mir da ... Kleist, Schiller gar, Brentano? ... kein goldenes Ringlein am Ringfinger ... mal ein Buch nehmen und ein wenig zuschauen ... doch, wirklich hübsch gewachsen ... bewegt sich schön ... mal nach Sirin fragen, den Wissenden markieren ... aber hinter den Gläsern sind ihre Augen doch irgendwie irritierend, so enorm groß ... oh, Alison Louise ... da steht etwas Neues von ihr ... nehme ich unbesehen ... wunderbare Autorin ... unglaubliche Fähigkeit, eine Geschichte zu erzählen ... leider entdecke ich sie viel zu häufig beim Fremdgehen ... erregt sich in der Presse über die Politik unserer Regierungen ... schon irgendwie niedlich, aber so naiv ... ihre Romane sind alles andere als das ... ja, das nehme ich ... und zahlen und gehen ... auf Wiedersehen ... jetzt lächelt sie süß ... ich komme bestimmt irgendwann wieder ... habe so ein Talent für die Eroberung seltsamer Frauen ... deren Reize niemand sonst wahrnimmt ... nur noch ein ganz leichter Nieselregen ... wie Nebel im Tiefflug ... gischtende Fahrzeuge
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