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Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Titel: Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)
Autoren: Steffen Duck
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Holländer hielt Wilfried die Tür offen, verbeugte sich sogar vor ihm, als er durch den Zaun schlüpfte. Hinter ihnen schnappte das Zaunfeld wieder an den Maschendraht zurück, der eiserne Vorhang war wieder geschlossen, doch er, Wilfried und der Holländer, sie waren frei!
    „Anders Tor bei Mühle nix mehr!“ keuchte er. Wieder vorneweg bedeutete er Wilfried, unbedingt hinter ihm zu bleiben. Anscheinend kannte der Holländer auch den Verlauf der minenfreien Gasse, die zunächst gerade verlief, dann aber kurz vor dem Ende des 50 m - Streifens noch einmal einen scharfen Knick machte. „Etwa wie der Weg zu Onkel Dagoberts Geldspeicher,“ kam es Wilfried in den Sinn. Allein hätte er den sicheren Weg nie gefunden! Dann rannten sie, so schnell sie ihre Beine trugen, über die vernachlässigten Tulpenfelder hinweg Richtung Lisse.

    Wenige Tage später erfuhr Wilfried, daß die Gegenoffensive der NATO - Truppen unter Führung der USA begonnen hatte. Es war der 5. Juni 1982, D - Day . Doch da war er schon Zivilist.
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    18. Die Bowlingkugel
    Mit der Rückeroberung von Amsterdam durch amerikanische NATO - Truppen hatte ein chaotischer Rückzug von Resten der NVA - Verbände aus Holland begonnen. Zwei Tage später überquerten die Amerikaner den Rhein, um sich mit den eingekesselten Verbänden um Köln und Essen zu vereinigen.
    Unaufhaltsam drangen die NATO-Truppen nun weiter nach Osten vor. Vier Tage später hatten sie die inzwischen auch nach Westen hin schwer gesicherte innerdeutsche Grenze erreicht. Man bereitete sich auf langwierige Kampfhandlungen gegen die sowjetischen Truppen vor, die in der DDR in Millionenstärke stationiert waren, in schwer befestigten Verteidigungsanlagen, da geschah das, womit niemand gerechnet hatte:
    Eine Gruppe jüngerer KPdSU - Funktionäre um ein bis dahin völlig unbekanntes Politbüromitglied namens Mirangelow hatte Brashow gestürzt, der dies nicht überlebt hatte, wie es aussah. Offiziell hieß es, er wäre an einem Herzinfarkt verstorben.
    Tags darauf bot Mirangelow einen Waffenstillstand an, verbunden mit der Bereitschaft, alle sowjetischen Truppen bis zum Eisernen Vorhang ante bellum zurückzuziehen, wenn ihre territoriale Integrität unangetastet bliebe. Auch versprach er, Nuklearwaffen nicht einzusetzen, wenn die NATO dies auch nicht täte.
    Präsident Westwood hielt dies zunächst für eine Finte; Mirangelow mußte einseitig in Vorleistung gehen und etwas tun, was der Westen niemals erwartet haben würde:
    Er zog seine Truppen aus der DDR und den anderen Ostblockstaaten ab, wohlwissend, damit ähnlich riskant zu handeln, wie dereinst Trotzki Anfang 1918, der Sowjetrußland aus dem Weltkrieg heraushalten wollte.
    Als tatsächlich die Truppen des Warschauer Vertrages sich aus der DDR ohne Vorbedingungen zurückzuziehen begannen, faßte Westwood allmählich doch Vertrauen zu Mirangelow.
    Der Krieg schien zu Ende.

    Parallel zum Gipfeltreffen der beiden Staatschefs der Supermächte trafen sich der erst kürzlich ins Amt gekommene Bundeskanzler Ernst Kahl und der Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Ewald Hocker, um die deutsche Frage zu erörtern. Man hatte ihnen seitens der Supermächte aufgegeben, eine Föderation zu bilden nach der Formel: „Ein Land - zwei Systeme“.
    Im Zuge der der Verhandlungen hoffte natürlich jede Seite, so viel wie möglich von den eigenen gesellschaftlichen Zuständen zu bewahren und möglichst sogar exportieren zu können. Immerhin versprach westdeutsches Wirtschaftswachstum auch im Osten den ersehnten Wohlstand, während so mancher Salonkommunist im Westen auf mehr soziale Gerechtigkeit und Solidarität unter den Menschen hoffte.
    Mauer und Grenzbefestigungen sollten schrittweise abgebaut werden, doch noch standen sie. Der Schießbefehl auf Republikflüchtlinge aber hatte sich durch den Verlauf der Ereignisse erübrigt. Obwohl er offiziell nie existiert hatte, hob Hocker ihn als Zeichen des guten Willens formal noch vor Beginn der Verhandlungen auf, die trotz allem versprachen, langwierig und schwierig zu werden.

    „Hätte man dahin nicht auch gelangen können, ohne zuvor Krieg geführt zu haben?“ fragte sich Wilfried des öfteren, tröstete sich dann damit, daß es hätte viel schlimmer kommen können, für ihn selbst wie für Deutschland.
    Nach seiner Flucht hatte er in Holland bleiben und sein Auskommen finden können.
    Ja, es bestand sogar die Aussicht, doch noch sein ersehntes Medizinstudium aufzunehmen.
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