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Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Titel: Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)
Autoren: Steffen Duck
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war dabei, das sozialistische Vaterland zu verteidigen, mit der Waffe in der Hand. Jeglicher Zweifel wäre schon Verrat, hätte aber, bevor er überhaupt den Vorgesetzten bekanntgeworden wäre, ihn selbst bereits zerstört, so, wie möglicherweise Kutscher.
    Lag denn die Verantwortung für das, was jetzt gleich geschehen würde, bei ihm, Wilfried? Gewiß nicht! Der Kommandeur, Oberstleutnant Schröder, hatte die Bestrafung an den Kompaniechef, Unterleutnant Egon Blauw übertragen, der damit ja auch nur auf Befehl handelte. Und Schröder? War der nicht auch nur Befehlsempfänger, der seinen Richtlinien und Anweisungen gemäß gar nicht anders handeln konnte? Insbesondere in der Situation, in der sich das IBR-12 befand, von Feinden umzingelt!
    „Achtung!“ hörte Wilfried das Kommando. „Waffe entsichern! Auf Dauerfeuer!“ Gleich würde er auf die Delinquenten anlegen.
    „Wenn ich den Befehl zum Schießen erhielte, ich würde das Gewehr umdrehen!“
    Was war das?
    Wer hatte soeben zu Wilfried gesprochen?
    War nicht das eben der einzige Anker der Wirklichkeit, der Wilfried noch geblieben war?
    Er hatte verzweifelt nach einem letzten klaren Gedanken gesucht - hier war er!
    Doch es blieb nicht mehr viel Zeit!
    „Achtung! Alles hört auf mein Kommando! Auf Egon Blauw! Feuer!“
    Mechanisch gehorchte Wilfried dem Befehl, den er soeben selbst gegeben hatte - war es wirklich er gewesen, der das gebrüllt hatte?
    Er brachte die entsicherte Kalaschnikow in den Anschlag, auf Egon Blauw zielend, der neben dem Exekutionskommando stand, mit weit aufgerissenen Augen und offensichtlich nicht glauben konnte, wie ihm nun geschah.
    Und Wilfried krümmte den Finger am Abzug …
    Das Dauerfeuer um ihn herum ließ ihn für den Augenblick ertauben. Unangenehmer noch als Ohropax in den Ohren war das.
    Wer hatte geschossen? Er, Wilfried, die anderen des Exekutionskommandos? Alle zusammen? Hatten sie Egon Blauw getroffen? War er tot?
    Wilfried riß die Waffe herunter, schleuderte sie Oberfeldwebel Langer entgegen, der sich ihm in den Weg gestellt hatte. Langer taumelte, gab dadurch den Weg für einen Moment frei. Irgend jemand versuchte noch, Wilfried festzuhalten, doch der Griff ging ins Leere. Wilfried war auf und davon. Im Rennen gewann er seinen klaren Kopf zurück. „Entfernung von der Truppe“, nun doch! Nach Heinrich Böll die letzte Chance!
    Er mußte Haken schlagen, damit er nicht zur Zielscheibe wurde, wenngleich das seine Flucht verlangsamte. Das Schießen auf bewegliche Ziele hatten sie ja Gott sei Dank nie trainiert, das Halten der Waffe im Anschlag und geduldige Warten, bis das Zielobjekt im Schußfeld auftauchte.
    Jetzt gewahrte er, wie rechts und links von ihm die Mumpeln einschlugen. Dreck spritzte hoch. Zum KdP durfte er nicht, der Diensthabende würde ihn zweifelsohne stoppen.
    Gab es im Zaun nicht ein Loch, hinter der ehemaligen Touristenattraktion, der Mühle?
    Wilfried mußte alles auf diese Karte setzen, über den Zaun zu klettern, wäre aussichtslos gewesen. Eine bessere Zielscheibe hätte er kaum abgeben können.
    Hinter dem Zaun war zwar als weiteres Hindernis, so wußte er, der etwa 50 m breite Streifen mit Antipersonenminen angelegt, doch die Gerüchte besagten, es existierten darin minenfreie Gassen, aus welchem Grund auch immer. Naheliegend war es daher, anzunehmen, daß eine solche Gasse hinter besagtem Loch im Zaun begann.
    „Hatten die Mienen den Zweck, den Feind draußen - oder die Mannschaften drinnen zu halten?“
    Seltsam, welche Klarheit in Wilfrieds Kopf auf einmal herrschte, während er flüchtete. Ein lange alles einhüllender Nebel hatte sich gelichtet. Seine Chancen, lebend zu entkommen, waren äußerst gering, dennoch war ihm allein schon die jetzige Klarheit Lohn genug: Wenigstens die geistige Befreiung hatte er erlangt!
    Plötzlich gewahrte er neben ihm einen Schemen. „Gleich erwischen sie mich!“ dachte er, und versuchte, schneller zu laufen.
    „Kamerad!“ hörte er in holländischem Akzent schnaufen - und das Wort besaß einen ganz anderen Klang, als damals im GST - Lager. „Du mit mir!“
    Es war, dem Himmel sei Dank, der baumlange Holländer. Anscheinend war ihm in dem Durcheinander die Flucht geglückt. Jetzt war er im Sprint Wilfried haushoch überlegen.
    Wilfried ergriff die Chance. Hinter einem Busch war der Drahtzaun durchgeschnitten, aber so meisterlich wieder zusammengefügt, daß man genau wissen mußte, gegen welches Zaunfeld zu drücken war, um durchzukommen.
    Und der
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