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Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Titel: Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)
Autoren: Steffen Duck
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Sein mutiges Verhalten im entscheidenden Augenblick hatte ihm in Holland den Status eines Widerstandskämpfers eingebracht. Nach allem, was man diesbezüglich hörte, hätte er im westlichen Teil Deutschlands mit einer Haftstrafe rechnen müssen, was ihm in der DDR geblüht hätte, darüber mochte er gar nicht nachdenken.
    Von Deutschland, mitverantwortlich für drei Kriege im 20. Jahrhundert, hatte er für alle Zeiten genug. Wie wohl war ihm hingegen im kleinen und übersichtlichen Holland in der kurzen Zeit schon geworden, in der er hier lebte!
    „Schlimmer geht immer,“ überlegte er, aber ginge auch besser? „Vielleicht, doch lebte man schließlich in der wirklichen und nicht in der besten der Welten.
    Und die Geschichte hat bekanntlich immer nur eine Variante zur Auswahl.“
    Das IBR-12 in Lisse hingegen schien von alldem nichts mitzubekommen.
    Abgeschnitten von jeglicher Nachrichtenverbindung tat man Kasernendienst.
    Offenbar war der Kommandeur, Oberstleutnant Schröder, tatsächlich der Überzeugung, das Abhören feindlicher Sender störe nur die Erfüllung des Befehls für das IBR-12, der da lautete, den Keukenhof zu einer Kaserne mit befestigten Stellungen für Mittelstreckenraketen auszubauen, die die britischen Inseln erreichen würden.
    So wartete er tagein, tagaus auf den nächsten Befehl, der jedoch nicht kam. Auf der entsprechenden Funkfrequenz hörte er nur Rauschen - verursacht durch Störsender des Feindes, wie er vermutete.
    Eine als „Geheime Verschlußsache“ geltende Richtlinie für eine Kapitulation seines Regimentes und Übergabe des Objektes an den Feind hätte zumindest dessen Erscheinen „ante portas“ zur Voraussetzung gehabt. Eigenständiges Nachdenken war ohnehin seine Sache nicht, war es nie gewesen. Das System, welches Anpassung und Gehorsam als die höchsten Tugenden ansah, hatte ihn nach oben getragen. In keiner anderen Gesellschaftsordnung wäre er soweit gelangt, dies war ihm durchaus klar und begründete seine Kadaver - Loyalität.

    Natürlich hatte man unter den Soldaten längst die Frequenzen der wichtigen Sender AFN und BNR Nieuwsradio ermittelt und hörte sie, wann immer die Überwachung es zuließ; trotzdem traute sich niemand, Schröder und seinen Kompaniechefs mitzuteilen, daß es vorbei war. Man wollte nicht riskieren, als der Überbringer schlechter Nachrichten von einem die Realität verweigernden Kommandeur vor das Standgericht gebracht zu werden.
    Die Aufklärung der NATO hatte hingegen das IBR-12 bei Lisse schlichtweg übersehen, oder man hielt es für zu unbedeutend, um sich zeitnah darum zu kümmern.
    Inzwischen schaute man womöglich klammheimlich dem immer absurder werdenden Treiben zu: Wir befinden uns im Frühsommer des Jahres 1982 n. Chr.. Ganz Holland ist frei. Ganz Holland? …

    Frühsport, Morgenappell mit Ansprache des Kommandeurs zum weiteren Kasernenausbau im ehemaligen Keukenhof, Bauarbeiten-die Szene wurde jetzt auch den informierten Mannschaften mit jedem Tag gespenstischer. Wann würden die letzten Reste an Treibstoff, Baumaterial, vor allem aber Verpflegung wohl aufgebraucht sein? Was würde Schröder dann befehlen? Hoffentlich würden zuvor doch die Amerikaner beim OvD stehen und Kaugummi verteilen!
    Dann aber, Anfang Juli 1982, die noch nicht zertrampelten Frühlingsblumen des Keukenhofs waren alle längst verblüht, kam doch der Tag, an dem das Schauspiel abrupt endete: Kommandeur Schröder hatte verschlafen. Nie zuvor war ihm das passiert. Er warf einen Blick auf die Uhr, sich daraufhin hastig in seine Uniform und eilte zum Appellplatz zu seiner morgendlichen Ansprache an die Mannschaften.
    Niemand begegnete ihm im Stabsgebäude, niemand war auf dem Appellplatz zu sehen.
    Er rieb sich verdutzt die Augen, konnte nicht glauben, was er sah.
    Er rannte zu den Unterkünften der Soldaten. Alle Türen standen offen, auch die Schränke waren leer. „Ist hier jemand?“ rief er verzweifelt. „Irgend jemand?“ Panik stieg in ihm hoch. Sollten alle, wirklich alle, etwa über Nacht desertiert sein? Sollte er der Letzte sein, derjenige, der in der Klein - DDR das Licht löschen mußte? War er in einem Alptraum gefangen oder in einem Witz aufgewacht? Wie hatte man ihn nur so schmählich im Stich lassen können?

    Wie konnte der linientreue, medieninkompetente Schröder auch ahnen, daß ein Ereignis eingetreten war, welches die Regierungen in Ost und West solange wie möglich zu verheimlichen versucht hatten, ein Ereignis, für das es keinerlei
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