Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Van Helsing

Van Helsing

Titel: Van Helsing
Autoren: Kevin Ryan
Vom Netzwerk:
gewesen waren, als sie ihn verhöhnt hatten. Sie hätten das Genie von Frankenstein erkannt. Ja, das Genie. Er würde die simple Wahrheit jetzt nicht leugnen und sich auch nicht des Triumphes berauben, dass der Erfolg greifbar nahe war.
    »Die Konduktoren sind gesichert, Doktor«, rief Igor von der Treppe.
    Frankenstein rannte durch den Raum und überprüfte seine Generatoren. Messgeräte zeigten, dass sie mit voller Leistung liefen. Er legte den ersten Schalter um, und das Summen der Geräte wurde heller. Dann betätigte er weitere Schalter, wobei er sorgfältig darauf achtete, die richtige Reihenfolge einzuhalten, während er die Elektromagneten und Dynamos aktivierte und schließlich die chemischen Reaktionstanks hochfuhr.
    Elektrizität knisterte zwischen den Kontaktstellen, und das Summen wurde lauter. Der Lärm war berauschend. Es war der Ruf eines neuen Lebens, das darauf wartete, geboren zu werden. Frankenstein verbrachte mehrere Minuten mit Justierungen und Kalibrierungen. Die einzelnen Kräfte mussten exakt zusammenwirken. Elektrizität und Magnetismus und die chemischen Katalysatoren mussten perfekt harmonisieren, um die Urenergien zu entfesseln, die er heraufbeschwören wollte.
    Als er zufrieden feststellte, dass alles in Ordnung war, trat er zu der Vorrichtung, die die Mitte des Raumes beherrschte – eine Spezialvorrichtung, die wie ein übergroßer Operationstisch aussah, der mit Elektroden und anderen Geräten verbunden war. Darauf lag seine größte Schöpfung: das inkarnierte Werk.
    Eine große, von Bandagen umhüllte Gestalt, die Frankenstein mit seinen eigenen Händen zusammengenäht hatte. Leichenteile, die sorgfältig ausgewählt und mit chirurgischen Techniken zusammengesetzt worden waren, von denen seine Kollegen nicht einmal träumen konnten. Von denen nur er allein wusste, dass sie brillant waren. Doch das war erst der Anfang.
    In diesem Moment strömte das Leben in seine Schöpfung. Nerven, Knochen und Sehnen heilten auf zellularer Ebene. Sie war noch nicht lebendig, aber auch nicht länger völlig tot.
    Frankenstein wusste, dass ihm jetzt nur noch das Warten blieb. Er betrachtete die geschlossenen Augen seiner Schöpfung und flüsterte: »Du bist wahrhaft mein Sohn.«
    Der einzige, den ich je haben werde, fügte eine Stimme in seinem Kopf hinzu.
    Diese neue Erkenntnis erweckte in ihm Gefühle, von denen er nie etwas geahnt hatte. Da Elizabeth ihn verlassen hatte, würde er keine Kinder haben ... keine Familie ... nicht mit ihr – und folglich mit niemandem.
    »Du bist mein Vermächtnis an die Welt, und ich werde dich wie meinen eigenen Sohn lieben«, sagte Frankenstein. Tränen strömten ihm über das Gesicht. Er konnte nicht sagen, ob sie seinem alten Leben galten oder dem neuen, das vor ihm lag. Am Ende spielte es keine Rolle; er ließ ihnen einfach freien Lauf.
    »Und ich werde dich anständig behandeln«, versprach er. In seiner sichtbaren Gestalt war sein Sohn keine angenehme Erscheinung. Er wünschte, er hätte besser und sorgfältiger gearbeitet, als er ihn zusammengesetzt hatte. Aber der Graf hatte keine Zeit verlieren wollen.
    Und der Graf ist mein ...
    Frankenstein stellte fest, dass er jetzt nicht an Dracula denken wollte. Dieser Moment galt allein Vater und Sohn. Sobald er am Leben war, würde Victor die Gestalt seines Sohnes überarbeiten; er würde der Erste sein, der von Frankensteins Arbeit profitierte.
    Blitze zuckten in der Ferne. Frankenstein zählte zwei Sekunden, bevor ihn das Donnergrollen erreichte. Drei Kilometer entfernt. Näher als beim letzten Mal.
    »Ich schenke dir das Leben. Und ich werde dafür sorgen, dass dieses Leben gedeiht. Mit deinem Leben gebe ich dir den Willen zum Leben. Den freien Willen, der das Recht aller Menschen ist«, erklärte Frankenstein.
    Ein weiterer Blitz, ein weiterer Donnerschlag. Diesmal weniger als anderthalb Kilometer entfernt. Bald war es so weit. Von draußen drangen andere Laute, Stimmen, Gebrüll. Frankenstein wusste, dass ihn das beunruhigen sollte, aber er konnte seine Aufmerksamkeit nicht einen Moment von seinem Werk wenden. Mit seiner Willenskraft rief er die Blitze herbei.
    Die ganze Zeit über liefen die Maschinen und pumpten Energie in seinen Sohn. Er spürte, wie die Verbindung zwischen ihnen stärker wurde. Damit hatte er nicht gerechnet, dieses Phänomen nicht erwartet. Dennoch hieß er es willkommen.
    Weitere blendende Lichtblitze; der Donner war ganz nah. Seine Geräte waren wichtig, aber der entscheidende
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher