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Vampirgeflüster

Vampirgeflüster

Titel: Vampirgeflüster
Autoren: Charlaine Harris
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»Nein, ich habe ihm nur die Sucherei abgenommen. Er musste weg, wegen eines Notfalls in der Familie.«
    »Ich stand vermutlich ganz unten auf deiner Liste.«
    Mein kurzes Schweigen sprach für sich.
    »Ich glaube, die Zusammenarbeit wird schon klappen«, sagte ich, weil ich ja irgendwas sagen musste.
    »Ich habe mittlerweile einen Job tagsüber, aber ich kann an ein paar Abenden in der Woche aushelfen, bis du jemanden Längerfristiges gefunden hast«, erwiderte Tanya. Es war schwierig, ihrem Tonfall irgendetwas zu entnehmen.
    »Danke.« Damit hatte ich zwei Aushilfen, Amelia und Tanya, und ich selbst könnte die Stunden übernehmen, zu denen sie keine Zeit hatten. »Könntest du gleich morgen die Abendschicht übernehmen? Wenn du um fünf, halb sechs hier wärst, könnte dir einer von uns noch mal alles zeigen, und dann arbeitest du, bis die Bar schließt.«
    Einen Augenblick herrschte Stille. »Ich werde da sein«, sagte Tanya schließlich. »Eine schwarze Hose habe ich. Hast du ein T-Shirt, das ich anziehen kann?«
    »Klar. Größe M?«
    »Das passt mir.«
    Und damit legte sie auf.
    Okay, ich konnte schwerlich erwarten, dass sie sich über meinen Anruf freuen oder mir nur allzu gern einen Gefallen tun würde, wir waren schließlich nie die größten Fans voneinander gewesen. Ich hatte sie sogar - auch wenn sie sich daran sicher nicht erinnern konnte - von Amelia und Amelias Mentorin Octavia behexen lassen. Ich schauderte noch immer, wenn ich daran dachte, wie sehr ich Tanyas Leben verändert hatte. Aber was war mir denn anderes übrig geblieben? Manchmal musste man die Dinge einfach bedauern und dann hinter sich lassen.
    Sam rief an, als Terry und ich das Merlotte's gerade schlossen. Ich war unglaublich müde, mein Kopf dröhnte, und mir taten die Füße weh.
    »Wie läuft's bei euch?«, fragte Sam. Seine Stimme klang ganz rau vor Erschöpfung.
    »Wir kommen klar«, sagte ich und versuchte, munter und sorglos zu klingen. »Wie geht's deiner Mutter?«
    »Sie ist noch am Leben«, erwiderte er. »Sie kann sprechen und auch selbstständig atmen. Der Arzt sagt, sie wird wieder vollständig genesen. Mein Stiefvater sitzt im Gefängnis.«
    »Wie schrecklich«, sagte ich, aufrichtig erschüttert über Sams Erlebnisse.
    »Meine Mutter sagt, sie hätte es ihm vorher erzählen sollen«, fuhr er fort. »Aber sie hatte einfach Angst davor.«
    »Aus gutem Grund, hm? Wie sich jetzt gezeigt hat.«
    Er schnaubte. »Sie meint, sie hätte erst mal ein langes Gespräch mit ihm führen und sich nach der Fernsehsendung direkt vor seinen Augen verwandeln sollen, dann wäre er damit klargekommen.«
    Ich hatte im Merlotte's so viel zu tun gehabt, dass ich noch nicht mal die Fernsehberichte über die Reaktionen rund um den Globus auf diese zweite Große Enthüllung gesehen hatte. Was mochten die Leute in Montana, Indiana, Florida wohl denken? Hatten sich vielleicht sogar einige berühmte Hollywoodstars als Wergeschöpfe geoutet? Was, wenn Ryan Seacrest bei jedem Vollmond ein Fell wuchs? Oder Jennifer Love Hewitt oder Russell Crowe? (Was ich für mehr als wahrscheinlich hielt.) Das würde auf jeden Fall großen Einfluss auf die Akzeptanz in der breiten Bevölkerung haben.
    »Hast du deinen Stiefvater schon gesehen oder mit ihm gesprochen?«
    »Nein, noch nicht. Ich kann mich einfach nicht dazu durchringen. Mein Bruder ist hingegangen. Er sagte, Don habe angefangen zu weinen. Es war schlimm.«
    »Ist deine Schwester auch da?«
    »Nun, sie ist auf dem Weg hierher. Es war wohl schwierig, die Kinderbetreuung zu organisieren.« Das klang ein wenig zögerlich.
    »Sie wusste doch Bescheid über deine Mutter, oder?« Ich versuchte, meine Ungläubigkeit im Ton nicht durchscheinen zu lassen.
    »Nein«, sagte er. »Wergeschöpfe verheimlichen ihren nicht betroffenen Kindern oft ihre wahre Natur. Und weil meine Geschwister über unsere Mutter nicht Bescheid wussten, wussten sie auch das über mich nicht.«
    »Tut mir wirklich leid«, erwiderte ich, was vieles heißen konnte.
    »Ich wünschte, du wärst hier«, sagte Sam, was mich völlig überrumpelte.
    »Ich wünschte, ich könnte dir mehr helfen«, erwiderte ich. »Wenn dir irgendwas einfällt, das ich tun kann, ruf mich jederzeit an.«
    »Du hältst das Merlotte's am Laufen. Das ist schon sehr viel«, sagte er. »Ich leg mich jetzt besser erst mal schlafen.«
    »Okay, Sam. Wir sprechen uns morgen wieder, ja?«
    »Sicher«, erwiderte er so ausgelaugt und traurig, dass es mir schwerfiel, nicht in
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