Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampirgeflüster

Vampirgeflüster

Titel: Vampirgeflüster
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
waren.
    Und als dann auch noch die Hintertür hinter Arlene ins Schloss gefallen war, lief der Rest des Abends richtig gut. Sam und Tray zogen sich in Sams Büro zurück, um sich dort zurückzuverwandeln und wieder anzuziehen. Danach nahm Sam wieder seinen Platz hinter dem Tresen ein, als wenn nichts geschehen wäre, und Tray setzte sich zu Amelia an den Tisch, die ihm einen Kuss gab. Eine Weile hielten die Leute etwas Abstand von den beiden und sahen nur verstohlen zu ihnen hinüber.
    Aber schon eine Stunde später schien die Atmosphäre im Merlotte's wieder ganz die alte zu sein. Ich übernahm Arlenes Tische und achtete darauf, zu den Gästen, die noch nicht genau wussten, was sie von den jüngsten Ereignissen halten sollten, besonders freundlich zu sein.
    Die Leute tranken ordentlich an diesem Abend. Der Gedanke an Sams Zweigestaltigkeit mochte ihnen ja vielleicht nicht ganz geheuer sein, aber sie hatten kein Problem damit, seinen Umsatz zu steigern. Bill suchte meinen Blick, hob zum Abschied die Hand und verließ mit Clancy lautlos die Bar.
    Auch Jason versuchte ein-, zweimal meine Aufmerksamkeit zu gewinnen, und sein Freund Mel warf mir stets ein Lächeln zu. Mel war größer und schlanker als mein Bruder, aber sie hatten beide diesen gut gelaunten, erwartungsvollen Ausdruck von Männern im Gesicht, die nie lange nachdachten, sondern ganz ihren Instinkten folgten. Okay, zu Mels Gunsten will ich hinzufügen, dass er nicht mit allem, was mein Bruder sagte, einverstanden schien - nicht so wie Hoyt immer. Mel schien ein anständiger Kerl zu sein, zumindest wenn ich von dieser kurzen Begegnung ausging. Dass er einer der wenigen Werpanther war, die nicht in Hotshot wohnten, sprach auch für ihn. Aber vielleicht war gerade das der Grund, warum er und Jason so dicke Freunde waren. Sie waren zwar wie die anderen Werpanther, lebten aber beide abseits von der Gemeinschaft.
    Ich wusste jetzt schon, was ich Jason fragen würde, wenn ich je wieder mit ihm sprechen sollte. Wie kam's, dass er sich an diesem für alle Werwölfe und Gestaltwandler so wichtigen Abend nicht selbst ins Scheinwerferlicht gerückt hatte? Jason war total stolz auf seine Werpanther-Natur, auch wenn er erst seit einiger Zeit durch Biss und nicht von Geburt an einer war. Das heißt, er hatte sich das Virus (oder was immer es war) durch die Bisse eines anderen Werpanthers zugezogen und war nicht wie Mel mit der Fähigkeit zur Verwandlung geboren worden. Jasons Wergestalt war menschenähnlich, aber ihm wuchs am ganzen Körper ein Fell, und er bekam ein Panthergesicht und Tatzen: richtig gruselig, hatte er mir erzählt. Doch er war kein schönes Tier, und das nagte an meinem Bruder. Mel war vollblütig und sah prachtvoll und furchterregend aus in gewandelter Gestalt.
    Vielleicht waren die Werpanther gebeten worden, sich im Hintergrund zu halten, weil sie einfach zu angsteinflößend wirkten. Wenn ein so großes und lebensgefährliches Tier wie ein Panther in der Bar erschienen wäre, hätten die Gäste höchstwahrscheinlich sehr viel hysterischer reagiert. Die Gedanken von Wergeschöpfen waren zwar nur sehr schwer zu entziffern, aber ich konnte die Enttäuschung der beiden Panther spüren. Diese Entscheidung hatte bestimmt Calvin Norris, der Anführer der Werpanther, getroffen. Kluger Schachzug, Calvin, dachte ich.
    Schließlich schloss Sam das Merlotte's, und ich half noch beim Aufräumen, ehe ich mit ihm in sein Büro ging und meine Handtasche holte. Ich umarmte ihn zum Abschied, er wirkte erschöpft, aber glücklich.
    »Fühlst du dich so gut, wie du aussiehst?«, fragte ich.
    »Ja. Jetzt wissen alle über meine wahre Natur Bescheid. Das ist befreiend. Meine Mutter hat geschworen, sie sagt es heute Abend meinem Stiefvater. Ich warte schon auf ihren Anruf.«
    Und wie aufs Stichwort klingelte das Telefon. Sam nahm, immer noch lächelnd, den Hörer ab. »Mama?«, sagte er. Dann änderte sich sein Gesichtsausdruck plötzlich, als hätte jemand mit einem Lappen darübergewischt. »Don? Du hast was getan?«
    Ich sank auf den Stuhl vor dem Schreibtisch und wartete. Tray tauchte auf, um noch ein paar Worte mit Sam zu wechseln, und Amelia war bei ihm. Die beiden blieben wie angewurzelt in der Tür stehen und warteten besorgt ab, was geschehen war.
    »Oh, mein Gott«, sagte Sam. »Ich komme, so schnell ich kann. Ich fahre heute Nacht noch los.« Fast behutsam legte er den Telefonhörer wieder auf. »Don hat auf meine Mutter geschossen«, erzählte er. »Sie hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher