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Vampire trinken ex

Vampire trinken ex

Titel: Vampire trinken ex
Autoren: Carter Brown
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lassen. Ich hatte das Verlangen
verloren, die Tage früheren Glanzes wieder auferstehen zu lassen. Er war
höflich, aber beharrlich. Er bat mich, die Filme dieser kleinen, aber
ausgewählten Gruppe von Horace-Chase-Anhängern noch einmal zu zeigen. Er war so
liebenswürdig, daß ich nicht ablehnen konnte.
    Von da an trafen wir regelmäßig
jeden Donnerstagabend zusammen. Erst wurde ein Film gezeigt, dann folgte eine
Diskussion. Es waren lauter reizende, hochintelligente Menschen. Sie wurden
meine Freunde — meine liebsten Freunde. Allmählich jedoch gerieten die
Diskussionen in ein gefährliches Fahrwasser. Phantasie und Wirklichkeit
begannen sich zu mischen. Zu Beginn beschränkten sich die Diskussionen auf die
Stärken und Schwächen des Films und insbesondere auf meine Darstellungskunst.
Allmählich aber weiteten sich sich zu allgemeinen
Diskussionen über den Okkultismus aus. Basierten die Legenden von Vampiren auf
Tatsachen? Könnte so etwas unter gewissen Bedingungen möglich sein? Und so
weiter.«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, Mr.
Chase«, sagte ich mühsam beherrscht, »wenn Sie endlich zur Sache kämen .«
    »Ich kann Ihnen die
Zusammenhänge anders nicht erklären«, entgegnete er kurz. »Ich nehme an, ich
werde Sie für Ihre Zeit bezahlen müssen. Denken Sie also bitte daran .« Die schweren Lider senkten sich einen Moment über, die
fahlen blauen Augen. »Wo war ich stehengeblieben? Ach ja! Die Zusammenkünfte am
Donnerstagabend wurden Höhepunkte in meinem Leben, das gestehe ich unumwunden
ein. Die ganze Woche lang sah ich ihnen mit freudiger Erregung entgegen. Natürlich
gingen uns schließlich die Filme aus. Doch sie erklärten alle, sie wollten die
wöchentlichen Zusammenkünfte fortsetzen. Sie fänden die Diskussionen so
packend, behaupteten sie, daß sie um keinen Preis auf sie verzichten wollten.
Ich war hoch erfreut, und die regelmäßigen Zusammenkünfte fanden weiterhin
statt .« Er strich sich mit den langen flachen Fingern
der rechten Hand über die Wange. »Sie fanden bis vor einem Monat statt. Da
hörten sie ganz unvermittelt auf. Ich habe bis heute nicht erfahren, warum. Keiner
von ihnen hat sich bei mir gemeldet. Es ist, als wären sie alle plötzlich ins
Jenseits verbannt worden .«
    »Vielleicht fanden sie es auf
die Dauer nur langweilig«, bemerkte ich sachlich.
    »Sparen Sie sich Ihre
Sticheleien, Holman «, herrschte er mich an. »Ich bin
überzeugt, daß sie alle den Zusammenkünften mit ebensoviel erwartungsvoller Erregung entgegensahen wie ich. Es muß einen anderen Grund
dafür geben, daß sie plötzlich weggeblieben sind, und ich will ihn wissen .«
    »Ich bin teuer«, bemerkte ich.
»Ein paar Telefongespräche kämen Sie billiger .«
    » Chastity hat versucht, sie anzurufen«, erwiderte er scharf. »Entweder melden sie sich
gar nicht, oder sie geben ausweichende Antworten. Es ist etwas geschehen, und
ich möchte wissen, was .«
    »Ich habe den Eindruck, Sie
ahnen schon, was da geschehen sein könnte .«
    »Ich mache mir Sorgen«, sagte
er leise. »Das gebe ich offen zu. Ich mache mir Sorgen. Eine Gruppe von
hochintelligenten Menschen, die sich in Phantastereien verlieren; die sich
tiefer und tiefer in ihre Phantasiegespinste verstricken, bis ihre wirkliche
Welt sich mit ihrer selbstgeschaffenen zu vermischen scheint. Das kann
gefährlich werden, Holman . Ich war der einzige, der
einen zügelnden Einfluß ausübte. Solange ich da war, um sie vom Abgrund zurückzureißen , konnte nichts Böses geschehen. Wollen sie
deshalb nichts mehr von mir wissen? Weil sie von mir nicht mehr gebremst werden
wollen? Weil sie — oder schlimmer noch, einer von ihnen — beschlossen haben,
ein echtes Experiment in Okkultismus zu wagen ?«
    »Sie haben mir doch noch nicht
alles erzählt ?«
    Er nickte, und der Widerschein
des Kerzenlichts schimmerte auf seinem kahlen Schädel.
    »Von Anfang an nannten sie mich
>Meister<. Halb im Scherz wohl, halb aus Respekt. Es wurde schnell zur
Gewohnheit. Nach der dritten oder vierten Zusammenkunft redeten sie mich alle
so an. Als sich dann die Diskussionen immer mehr auf das weite Gebiet des
Okkultismus verlagerten, meinte jemand, es müßte immer ein Meister dasein . Der Meister besäße das größere Wissen und daher die
größere Macht. Deshalb würde er von selbst zum Führer werden, zum Machthaber,
der die Befehle erteilt. Angenommen nun — sie spielten, wiederum halb im Scherz
und halb im Ernst, mit dieser Vorstellung — , ihr
Meister gäbe ihnen
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