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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt
Autoren: Freda Warrington
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abgewandt und war weggegangen. Sie suchte Zuflucht in einem Buchenwäldchen, wo nur ein schmaler Wildpfad sie leitete und das Licht der Sterne sanft zwischen den Stämmen schimmerte. Sie atmete den Duft von Harz, Kräutern und Wildblumen ein und war sich dabei bewusst, wie leicht und verführerisch es wäre, sich hier zu verlieren. Hier war es, wo sich alles löste. Sie konnte nicht mehr, es war verrückt gewesen, zu glauben, sie hätte die Kraft …
    Jemand folgte ihr. Sie drehte sich abrupt um im Glauben, es sei Auberon – aber es war Comyn, der heftig schnaufend und mit funkelnden Augen daherkam. Auf seiner geplatzten Lippe klebte Blut und er betastete sein Kinn. »Hoffentlich fühlst du dich jetzt besser, Rosie.«
    »Das war wegen Sam, nicht meinetwegen!«, sagte sie. »Wenn du das nicht verstehst, Onkel, dann solltest du dich schämen.«
    »Aber ich verstehe es doch.« Vor Zerknirschung bekam seine Stimme einen barschen Klang. »Ich bitte dich nicht um Verzeihung, aber du musst zugeben, dass Lawrence für den Fluss des Lebens zu einem Hindernis geworden ist. Nichts hätte sich geändert, wenn wir es nicht erzwungen hätten. Du musst wissen, dass ich niemandes Tod gewünscht habe. Den Schmerz, den ich verursacht habe, bereue ich bitterlich, aber ich kann nichts ungeschehen machen. Kannst du meine Entschuldigung annehmen?«
    »Das müsste Sam entscheiden.«
    Sie war viel zu wütend, um zu weinen, aber Comyn sah sie mit einem so tiefernsten und eindringlichen Ausdruck an, wie sie ihn auch an Jessica gesehen hatte, als diese Rosie überredete, mit nach Elysium zu kommen. »Ich verstehe«, sagte er, »aber komm bitte zurück in den Kreis, Rosie. Nicht unsretwegen, sondern um deiner selbst willen.«
    »Warum?«
    »Der Große Tanz fängt gerade an. Und um ihn geht es in der Nacht der Sommersterne. Die Jungen wissen nichts, und du bist es deinem Erbe wenigstens schuldig, neugierig zu sein. Nicht alle sind dazu bereit, aber du bist es. Ich möchte, dass du verstehst, wozu der ganze Kampf gut war!«
    Ihr Onkel entfernte sich, und nach einer Weile folgte sie ihm. Durch die Bäume konnte sie sehen, wie die versammelten Elfenwesen sich in einem Wirbel aus Farbe in Bewegung setzten. Die Musiker schlugen einen neuen, intensiven Rhythmus an. Rosies Wut war verraucht, und bar jeglichen Gefühls trug sie in sich nur einen Abgrund, in den sie nicht schauen konnte, und eine schicksalshafte Ahnung, die sie in den Fluss des Tanzes zog, ohne an die möglichen Folgen zu denken.
    Auf der Waldlichtung fassten die Elfenwesen sich an den Händen und bewegten sich gegen den Uhrzeigersinn in einem großen Kreis innerhalb der Steine. Zwei Aelyr lösten ihre Hände, um sie mit hineinzuziehen. Jetzt war sie Teil einer Kette, deren Schritte schneller und schneller wurden und die sie mit sich riss. Sie hörte den Trommelschlag, hörte die Stimme ihrer Mutter:
Auf die Spirale lasst euch ein
Schritt für Schritt in sie hinein
Tanzend folgt dem Lauf des Stroms
Drehend zurück zum Ursprung kommt
Findet den Spiegel in dessen Mitte
Fröhlich vereint, fröhlich getrennt …
    Nicht alle schlossen sich an: Sie erhaschte einen Blick auf Auberon, Matt und Faith, die sich bei den Musikern im Zentrum aufhielten, und überall auf der Lichtung standen elfische Zuschauer, die zum Rhythmus klatschten und sangen. Sie verschwammen, als der Tanz Rosie mitriss. Die aufrecht stehenden Steine fingen zu glühen an und Lichtsäulen strebten nach oben und verbanden jeden Stein mit den Sternen. In Rosies Brust entbrannte ein betörendes Feuer.
Nur in dieser Nacht der Nächte
Trinkt die Sterne, trinkt das Licht
Schmeckt das Feuer, das uns befreit
Euer Wille geschehe, seid bereit
Wir küssen das Wasser und fliegen
Küssen das Wasser und fliegen …
    Schneller und schneller wirbelte der Tanz um den Mittelstein. Der Rhythmus wurde drängender und jetzt ging Jessicas Stimme in einen Singsang über: » Elysiona, O Melusina, O-ah Sibeyla, Naamon-a Asru …«
    Rosie spürte den Boden unter den Füßen nicht länger. Sie sah die Gesichter, die sie umgaben, in ein tintiges Licht getaucht, mit goldenen Augen. Sie schaute auf ihre mit den anderen verbundenen Hände und sah, dass auch diese sich dunkelblau färbten mit Sternen, die tief im Fleisch glitzerten. Kurz kam ihr der Gedanke, dass es Sams Hand hätte sein sollen, die sie hielt – doch dann zählte auch das nicht mehr. Die Tänzer waren zu einem wirbelnden Kreis aus Feuer, Blau, Gold und Silber geworden. Feuer und
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