Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt
Autoren: Freda Warrington
Vom Netzwerk:
Seite. Das Wunder des sich nachtblau färbenden Fleisches, durchsichtig und erfüllt von Sternen. Die Verlockungen der alten Städte, der Estalyr-Geheimnisse. Die Verlockung Rosies in dieser ursprünglichen Gestalt, die sich eng und heiß an ihn klammerte, deren Lippen und Zunge gierig nach ihm verlangten, deren Augen brannten und deren Haar wie dunkles Blut wogte … Als sich bei der Erinnerung daran eine körperliche Reaktion bemerkbar machte, löste er sich von diesem Bild. Verglichen mit alledem, was hatte da die Oberflächenwelt zu bieten? Städte voller hoffnungsloser Rüpel, Korruption und Krieg und Klimawandel … das alles war so unbedeutend und weit weg. Er spürte, wie die Gischt des Wasserfalls seine Haut und sein Haar benetzte und das war wunderbar und wohltuend. Vielleicht ist es das Wasser, überlegte er , das die Elfenwesen einfängt und uns verführt wie Opium . Er erinnerte sich an spätes Sonnenlicht, das sich golden auf eine Spiegeloberfläche herabsenkte.
    »Sam?«, sprach seine Mutter ihn an. »Woran denkst du?«
    »An Birmingham«, antwortete er.
    Sie blinzelte. »Wie bitte?«
    Rosie lachte. Sam grinste und strich über ihr feuchtes Haar. »Weißt du, da draußen gibt es eine schmutzige, hässliche Welt voll junger Missetäter und Exhäftlinge und menschlichen Abschaum, und sie alle warten nur darauf, dass ich komme und ihnen helfe, ihr vermurkstes Leben in den Griff zu kriegen. Elysium mag ja hübsch sein, aber gibt es hier eine ordentliche Kneipe? Nichts für ungut, Mum, aber wenn ich hierbliebe, wäre mir nach einer Woche todlangweilig. Was meinst du, Rosie?«
    »Mir gefällt es auf der Erde«, sagte sie. »Ich bin noch nicht bereit, das alles aufzugeben. Ich weiß, dass Sam sich gern den Herausforderungen der echten Welt stellt, und mir geht es genauso. Das liebe ich auch so an ihm.«
    »Bliebe nur das kleine Problem, dass du allen erzählt hast, ich sei tot«, meinte Sam trocken.
    »Nein.« Eine verirrte Träne löste sich, als sie den Kopf schüttelte. »Ich brachte es nicht über mich, das zu sagen. Ich sagte den Leuten, du hättest mit deinem Vater fortgemusst. Das war schließlich die Wahrheit. Wir können durchs Portal schlüpfen, Sam, und einen Neuanfang wagen und keiner wird schlauer sein – nur wir.«
    »Dann haben wir jetzt endlich die Antwort auf deine Frage«, sagte er leise nur zu Rosie und sah ihr dabei in die regensilbernen Augen.
    »Und es war die Antwort wert«, erwiderte sie. »Es ist der Anfang. Nicht das Ende.«
    Er hasste Abschiede – sie erinnerten ihn an die schreckliche Zeit im Gefängnis, immer wenn Rosie nach der Besuchszeit gehen musste – und es war genauso schlimm, seine Mutter und seinen Vater, sowie Jon ein letztes Mal zu umarmen, und auch Lucas, der aber versprach, später nachzukommen. Natürlich würde es mit allen ein Wiedersehen geben. Doch bei der Anderswelt konnte man schließlich nie wissen.
    Ein kühlendes Lüftchen strich über ihre Haut, als er mit Rosie Hand in Hand auf dem Zickzackpfad Ginnys Tal verließ. Birken umstanden sie zitternd, ihre Stämme ragten geisterhaft aus dem rauen Samtteppich des Grases empor. »Dann habe ich also die Nacht der Sommersterne verpasst«, meinte Sam. »Wie war sie denn?«
    »Fantastisch«, sagte Rosie. »Jon hat mich geküsst.«
    »Okay, das war’s. Ich werde Matthew küssen. Mit Zunge.«
    »Es war ein Abschiedskuss – nachdem er mir seine Liebe zu Lucas gestanden hat.«
    Sam verdrehte die Augen. »Ich habe dir doch immer schon gesagt, dass Jon so schwul ist wie ein Haufen Friseure, aber du wolltest mir das ja nicht glauben.«
    »Es hätte auch anders laufen können«, meinte sie grinsend. »Außerdem habe ich Comyn eine runtergehauen und ihn dabei fast k. o. geschlagen.«
    »Wie?«, hakte Sam begeistert nach. »Warum?«
    »Weil du es so gewollt hättest. Genau genommen war ich, als ich es tat, sogar du .«
    »Du hast immerzu mit mir geredet«, sagte er leise, als sich wieder eine Erinnerung meldete. »Du hast mich nie verlassen. Ich dich übrigens auch nicht. Unsere Fulgias waren immer zusammen. Du weißt schon, dass ich, hättest du mich nicht herausgezogen, dich hineingezogen hätte?«
    Seine Worte entzündeten eine wilde Flamme in ihren Augen. »Den besten Teil der Nacht hast du aber nicht versäumt, Sam«, murmelte sie. »Wir waren gemeinsam Estalyr. Wenn Elfenwesen träumen, was erschaffen wir dann?«
    »Im Moment entwerfen meine Träume ein heißes Bad mit einer nackten Frau, jede Menge Kaffee und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher